Radscheibe statt Mattscheibe

Der Eine kam aus dem Norden, der Nächste aus dem Osten und der Dritte aus dem Westen nach Konstanz. Sie lernten Stadt und Umgebung kennen – meistens mit dem Rad – und sind heute ein viel beachtetes Gründertrio am westlichen Bodensee. Janosch Brase, 35, studierter Betriebswirt aus Lüneburg, Matthias Schneider, 38, Biologie- und Chemielehrer aus Rothaus im Schwarzwald, und Frank Bauer, 37, Jurist aus Aue im Erzgebirge, haben 2022 das Start-up Colorad gegründet. Unter diesem Label konzipieren und vertreiben sie Werbetafeln für Fahrräder – zum Mieten und zum Kaufen.

Werbung per Abo
Colorad ist ein doppeltes Wortspiel: In ihm steckt das lateinische color (Farbe), natürlich das Fahrrad und die Kurzform ad vom englischen advertisement (Anzeige). Zwei Angebote haben die Gründer in petto: So können zum einen Fahrradfahrer per Werbung an ihrem Velo Geld hinzuverdienen, zwischen 30 und 50 Euro monatlich. 90 Pro-
zent dieser Konstanzer Werbefahrer sind – nicht überraschend in einer Stadt mit zwei Hochschulen – Studenten. Per Abo-Modell können Firmen diese Werbeflächen mieten. Zum anderen gibt es einen Onlineshop, über den Colorad komplett mit Werbung ausgestattete Fahrräder verkauft: Diensträder, mit denen zum Beispiel Mitarbeiter von Pflegeheimen, Floristen oder der Bank vor Ort unterwegs sind.
„Wir fahren alle drei gerne Rad“, sagt Janosch Brase zur Entstehung der Idee, ein Start-up zu gründen. Kennengelernt hatten sich die drei Neu-Konstanzer in der Kletterhalle und beim Skifahren. „Das Unternehmerische hat uns alle drei verbunden“, erinnert sich Matthias Schneider. „Während der Corona-Pandemie hatten viele Studenten ihre Jobs in der Gastronomie verloren. Da haben wir überlegt, wie man das Radfahren profitabel und attraktiver machen könnte.“
Aus den vielen Überlegungen kristallisierte sich eine Kombination aus statischer Werbedisk für das Vorderrad, einer solchen, die sich mitdreht (Hinterrad) und einer Werbetafel für den Rahmen heraus. Für Drahtesel mit Gepäckträger gibt es zudem Körbe als Werbeträger. All dies wird hergestellt aus Verbundmaterial von Kooperationspartnern aus Deutschland und Österreich. Als Option bietet Colorad ein Tracking der Radfahrer an, um die Reichweite der Werbung transparent zu machen.
Ist der Konstanzer Stadtteil Wollmatingen die Keimzeile von Colorad, so ist die Kundschaft heute über das gesamte Bundesgebiet verteilt. Dazu zählt ein Hausarzt in Heidelberg, eine Einzelhandelskette in Berlin ebenso wie eine Partei, die im Vorfeld der Europawahl in München auf Stimmenfang fuhr. Die Kundschaft ist bunt gemixt. „Juweliere, Immobilienmakler, Anbieter von Yogakursen“, zählt Schneider weiter auf. Der Jahresumsatz von Colorad steige, werde aber erst 2025 erstmals eine fünfstellige Zahl erreichen. „Aktuell sind wir noch nicht bekannt genug bei den großen Werbeagenturen“, sagt Brase. Eine Kooperation mit einem Partnerunternehmen könnte helfen, ihr Angebot hochzuskalieren. Dass das machbar ist, zeigen Anbieter in der benachbarten Schweiz. „Dranbleiben“, sagt Brase. Das bleibt auch drei Jahre nach dem Start von Colorad die Devise für das Werbetrio mit Nebeneinkünften. Benedikt Brüne