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»Die einen
klopfen Steine,
die anderen
bauen
eine Kathedrale«
Zusammenarbeit neu organisieren und zulassen, dass
disruptive Ideen entstehen. „Kreativität lässt sich nicht
berechnen“, betonte Welpe. „Sie entsteht aus der Ecke
des Chaos.“ Das zuzulassen, sei eine Herausforderung
für Führungskräfte, Druck von oben das falsche Mittel.
„Digitalisierung ist eine Machtverschiebung“, konsta-
tierte Welpe. Statt von oben nach unten müsse Füh-
rung immer mehr bereichsübergreifend denken – „3D:
digital, demokratisch, divers“. Solange Mitarbeiter noch
lieber von einem Roboter, als einem Mensch geführt
werden – wie eine weitere von Welpe zitierte Studie he-
rausgefunden hat – gibt es Handlungsbedarf für Chefs.
Bestimmt nicht alles, aber vieles scheint der Droge-
riemarkt „dm“ richtig zu machen, der sich seit seiner
Gründung 1973 zu einem Konzern mit 3.450 Märkten
und 59.000 Mitarbeitern in zwölf europäischen Län-
dern entwickelt hat. Geschäftsführer Roman Melcher
erklärte in einem der Workshops beim Freiburger Perso-
nalkongress, was die Führungskultur von dm ausmacht.
Die Grundidee ist: Jeder Mensch will leisten, niemand
kommt faul oder ohne Kreativität auf die Welt. Bei dm
geht man davon aus, dass man die Mitarbeiter nicht
antreiben, sondern die richtige Aufgabe für jeden fin-
den muss. Zutrauen in den Menschen, nannte Melcher
als wichtiges „Default“, also Grundeinstellung dafür.
„Lernen, anderen etwas zuzutrauen, befreit ungemein“,
sagte er. Wenn man zum Beispiel darauf vertraut, dass
Reisekostenabrechnungen ohnehin meist richtig sind
und sich die Prüfungen spart, hat man viel Zeit für an-
dere Dinge. Wichtig sei auch, wie das Unternehmen
mit Fehlern umgeht. „Niemand lernt, ohne Fehler zu
machen“, betonte Melcher, er sieht sie als „Quelle einer
Verbesserung“. Das gelte insbesondere für Innovati-
onen: „Wenn wir neue Ideen wollen, müssen wir den
Leuten zugestehen, dass sie rumprobieren.“
Die Unternehmensführung funktioniert bei dm nach
einem alten katholischen Prinzip – der Subsidiarität.
Das bedeutet: Jeder entscheidet und trägt dafür die
Verantwortung, so weit er kann. Das bedeutet aber
nicht, dass es keine Hierarchie gibt. „Im Notfall, wenn
das Schiff auf den Eisberg zusteuert, kann man keine
Teamsitzung machen“, verdeutlichte Melcher. „Dann
muss einer entscheiden.“
Mündige Mitarbeiter suchten nach Erklärungen, sie
wollten einen Sinn in ihrer Arbeit sehen. In der Führung
brauche es deshalb Menschen, die erklären können
und nicht sagen: Ich habe Recht. Bei dm gebe es keine
Anreizsysteme, berichtete Melcher. Wertschätzung
sei nicht die Wahl eines „Mitarbeiters des Monats“,
sondern funktioniere nur mit Authentizität und Ernst-
haftigkeit. „Gute Chefs müssen Visionen vermitteln
können“, sagte Melcher und präzisierte mit Blick durch
die großen Fenster auf das Freiburger Münster, wie
unterschiedlich die Motivation von Steinmetzen sein
kann: Die einen klopfen nur Steine, die anderen bauen
eine Kathedrale.
kat