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Praxiswissen
RECHT
Koalitionsvertrag I
Die neue Groko und das Arbeitsrecht
D
er Koalitionsvertrag der neuen Großen Koalition
bringt auch und insbesondere im Bereich des Ar-
beitsrechtes diverse Neuerungen, wobei freilich abzu-
warten bleibt, welche Gesetze mit welchem Inhalt am
Ende tatsächlich umgesetzt werden. Beabsichtigt ist
Folgendes:
Befristete Teilzeitarbeit:
Während der zeitlich begrenz-
ten Teilzeitarbeit soll kein Anspruch auf Verlängerung
oder Verkürzung der Arbeitszeit oder eine vorzeitige
Rückkehr zur früheren Arbeitszeit möglich sein. Der
befristete Teilzeitanspruch soll nur für Unternehmen
gelten, die in der Regel insgesamt mehr als 45 Mitar-
beiter beschäftigen. Für Unternehmen mit 46 bis 200
Mitarbeitern soll eine Zumutbarkeitsgrenze eingeführt
werden, die lediglich einem Arbeitnehmer pro angefan-
gener 15 Mitarbeiter einen entsprechenden Anspruch
gewähren soll. Bei der Berechnung sollen die ersten
45 Mitarbeiter mitgezählt werden. Bei Überschreitung
dieser Grenze soll der Arbeitgeber einen Teilzeitantrag
ablehnen können. Abgelehnt werden kann ein entspre-
chender Antrag auf eine befristete Teilzeit auch dann,
wenn dieser ein Jahr unter- oder fünf Jahre überschreitet.
Nach Ablauf der zeitlich begrenzten Teilzeitarbeit soll der
Arbeitnehmer frühestens nach einem Jahr eine erneute
Verringerung der Arbeitszeit verlangen können.
Befristete Arbeitsverhältnisse:
Hierzu soll gelten, dass
Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten nur noch
maximal 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos
mit einem befristeten Arbeitsvertrag ausstatten dür-
fen. Bei Überschreiten dieser Quote soll jedes weitere
sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis als unbefristet
gelten. Die Quote soll sich jeweils auf den Zeitpunkt der
letzten Einstellung ohne Sachgrund beziehen. Künftig
soll die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne sach-
lichen Grund nur noch für die Dauer von insgesamt 18
statt bislang 24 Monaten zulässig sein; während dieser
Gesamtdauer soll auch nur noch eine einmalige, statt wie
bisher eine dreimalige, Verlängerungsoption bestehen.
Die Koalitionspartner sind sich des Weiteren darüber ei-
nig, dass unendlich lange Ketten von befristeten Arbeits-
verhältnissen künftig nicht mehr hingenommen werden
sollen. Eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses soll
dann nicht zulässig sein, wenn mit demselben Arbeitge-
ber bereits zuvor ein unbefristetes oder ein oder mehrere
befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Gesamtdauer
von fünf oder mehr Jahren bestanden hatten. Davon
ausgenommen sein sollen befristete Arbeitsverhältnisse,
beispielsweise mit Künstlern oder Profisportlern. Auf die
Höchstdauer von fünf Jahren sollen künftig eine oder
mehrere vorherige Entleihungen des nunmehr befristet
eingestellten Arbeitnehmers durch ein oder mehrere
Verleihunternehmen angerechnet werden. Ein erneutes
befristetes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber
soll erst nach Ablauf einer Karenzzeit von drei Jahren
möglich sein.
Arbeitszeit:
Es soll mobile Arbeit gefördert und erleich-
tert werden. Dazu soll ein rechtlicher Rahmen geschaf-
fen werden. Zu diesem soll auch ein Auskunftsanspruch
der Arbeitnehmer gegenüber ihren Arbeitgebern über
die Entscheidungsgründe der Ablehnung sowie Rechts-
sicherheit für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber im Umgang
mit privat genutzter Firmentechnik gehören. Auch die
Tarifpartner sollen Vereinbarungen zu mobiler Arbeit
treffen. Da die Einführung digitaler Arbeitsprozesse, wie
beispielsweise der E-Akte, zu mehr Transparenz führt,
besteht bei den Koalitionspartnern die Sorge vor dem
gläsernen Mitarbeiter. Es soll daher Klarheit über Rechte
und Pflichten der Arbeitgeber sowie der Arbeitnehmer
geschaffen werden und die Persönlichkeitsrechte der
Beschäftigten sollen geschützt werden (Beschäftig-
tendatenschutz). Des Weiteren soll das sogenannte
Statusfeststellungsverfahren für Selbstständige verein-
facht und zwischen den unterschiedlichen Zweigen der
Sozialversicherung widerspruchsfrei ausgestaltet wer-
den. Schließlich wollen die Koalitionspartner eine Tarif
öffnungsklausel im Arbeitszeitgesetz implementieren,
mit der Experimentierräume für tarifgebundene Unter-
nehmen geschaffen werden sollen, um eine Öffnung für
mehr selbstbestimmte Arbeitszeit der Arbeitnehmer und
mehr betriebliche Flexibilität in der zunehmend digitalen
Arbeitswelt erprobt werden soll. Auf der Grundlage von
diesen Tarifverträgen soll dann mittels Betriebsverein-
barung insbesondere die Höchstarbeitszeit wöchentlich
flexibler geregelt werden.
Betriebsräte
: Zum einen soll die Gründung und die Wahl
von Betriebsräten erleichtert werden. Hierzu soll das
vereinfachte Wahlverfahren für alle Betriebe mit fünf
bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern verpflichtend
eingeführt werden. Für Betriebe mit 101 bis 200 wahl-
berechtigten Arbeitnehmern soll die Wahl zwischen dem
vereinfachten und dem allgemeinen Wahlverfahren er-
möglicht werden.
Olaf Müller, Endriß und Kollegen
Beschränkungen
bei befristeten
Arbeitsverhältnissen