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7+8 | 2017

Wirtschaft im Südwesten

51

Neues Datenschutzrecht

Gravierende Änderungen nötig

B

undestag und Bundesrat haben im Mai dem neu-

en Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zugestimmt

(wie bereits in WiS 6/17 berichtet). Damit haben sie

den Weg für eine umwälzende Reform des deutschen

Datenschutzrechts freigemacht: Das BDSG und wei-

tere Gesetze wurden an die EU-Datenschutzgrund-

verordnung (EU-DSGVO) angepasst und in weiten

Bereichen geändert. Für Unternehmen bedeutet dies

erheblichen Handlungsbedarf.

Sie müssen nun zeitnah zahlreiche neue gesetzliche

Vorgaben umsetzen. Nur so können sie die drastisch

erhöhten Bußgelder und andere Konsequenzen wie

wettbewerbsrechtliche Abmahnungen oder Schwie-

rigkeiten bei Gerichtsverfahren wegen fehlender Do-

kumentation vermeiden.

Unternehmen müssen

Verträge und Formulare an-

passen

. Hier einige Beispiele:

Die Datenschutzerklärung auf der Website muss

abgeändert und ergänzt werden.

Schriftliche und elektronische Einwilligungserklärun-

gen zur Datenverarbeitung müssen einen Hinweis zur

Widerruflichkeit enthalten.

Bei der Einwilligung Minderjähriger sind die neuen

Vorgaben zur Einsichtsfähigkeit und den Altersgren-

zen umzusetzen.

Die bisherigen Regelungen zur Auftragsdatenverar-

beitung sind zu überarbeiten und an neue Vorgaben

anzupassen.

In dem neuen Gesetz sind verschiedene

neue Do-

kumentationspflichten

vorgesehen: So wurde zum

Beispiel im Rahmen des Beschäftigungsdatenschut-

zes die Beweislast umgekehrt. Demnach müssen Un-

ternehmen künftig durch geeignete Dokumentation

nachweisen, dass sie datenschutzrechtliche Vorgaben

hinsichtlich Beschäftigungsdaten einhalten. Im Rah-

men der Prüfung der Datensicherheit wurde der zu

dokumentierende Anforderungskatalog erweitert und

merklich ergänzt. Zukünftig muss insbesondere eine

Prüfung der Schutzmaßnahmen anhand des Stands

der Technik (inklusive einschlägigen Richtlinien und

Empfehlungen des Bundesamtes für Sicherheit in der

Informationstechnik), der Implementierungskosten,

des Zwecks der Verarbeitung sowie der Eintrittswahr-

scheinlichkeit und Schwere der mit der Verarbeitung

verbundenen Gefahren für die Rechtsgüter der be-

troffenen Personen gewährleistet und dokumentiert

werden.

Das neue BDSG verlangt von Unternehmen die

Im-

plementierung komplexer neuer Prozesse

. So ist

beispielsweise bei der Einführung neuer Verfahren

der Datenverarbeitung (wie neuer Hard- oder Soft-

ware) eine sogenannte

Datenschutzfolgeabschätzung

vorzunehmen und zu dokumentieren. Dabei müssen

detaillierte Aspekte rechtlicher und technischer Art

geprüft werden.

Zudem sind zum Beispiel bei Datenpannen

strengere

Meldepflichten

an Aufsichtsbehörden und Betroffene

vorgesehen, wobei insbesondere schnelle Reaktions-

zeiten (binnen 72 Stunden) zu organisieren sind.

Wichtige Änderungen bringt für die Praxis der

neue

Beschäftigtendatenschutz

, der deutlich umfangrei-

chere und ausführlichere Regelungen als bisher ent-

hält. So findet sich nun der von der Rechtsprechung

entwickelte Grundsatz wieder, wonach stets eine

Interessenabwägung zwischen den vom Arbeitgeber

verfolgten Zwecken und den Belangen des Beschäftig-

ten erforderlich und zu dokumentieren ist. Es gibt auch

neue Regelungen zu Einwilligungen von Beschäftigten

in die Verarbeitung ihrer Daten, zur Datenverarbeitung

durch Betriebsräte und zu den inhaltlichen Anforde-

rungen an Betriebsvereinbarungen. Arbeitgeber und

Betriebsräte müssen daher viele der bestehenden Be-

triebsvereinbarungen an das neue Recht anpassen

und/oder geeignete Rahmenbetriebsvereinbarungen

erstellen.

Es ist nicht Kerninhalt der Neuregelung, doch von

durchaus erheblicher praktischer Bedeutung: Statt

bislang maximal 300.000 Euro wurden

Bußgelder

nunmehr auf bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu vier

Prozent des gesamten weltweit erzielten Jahresumsat-

zes im vorangegangenen Geschäftsjahr (je nachdem,

welcher Wert der höhere ist) angehoben. Dabei gilt der

Jahresumsatz des gesamten Konzerns, nicht der von

einzelnen juristischen Personen.

Hier wurden nur einige wichtige Neuregelungen dar-

gestellt, der Handlungsbedarf in Unternehmen ist also

noch größer.

Clemens Pustejovsky,

Rechtsanwaltskanzlei Nolte Pustejovsky

Das neue Daten-

schutzgesetz hat für

Unternehmen zahlreiche

Änderungen zur Folge.

Bußgelder für

Unternehmen

wurden drastisch

erhöht

Bild: Tomasz Zajda - Fotolia