Rheinau. Als 1893 die Obstbäume im Hanauerland – so nennt sich die Gegend rund um Kehl – dermaßen vollhingen, dass die Bauern mit der Verarbeitung der Früchte nicht hinterherkamen, nutzte der findige Bauer Jakob Zimmer die Gunst der Stunde, gründete eine Mosterei und bot seinen landwirtschaftlichen Kollegen an, ihr Obst zu verflüssigen.
Das Geschäftsprinzip – Saftherstellung aus regionalen Früchten – ist in den vergangenen 130 Jahren gleichgeblieben, wobei jede Generation ihren der Zeit entsprechenden Beitrag zur Modernisierung des Betriebes beigetragen hat.
Bis heute können Privatpersonen ihre Äpfel, Birnen, Johannisbeeren mund Sauerkirschen in der Fruchtsaftkelterei erntefrisch pressen lassen und dürfen im Gegenzug als Mostkunden im Saftladen vergünstigt einkaufen. Vor 30 Jahren übernahm Horst Zimmer-Zimpfer, Urenkel des Firmengründers, den Betrieb mit heute 23 Mitarbeitern, seit 2022 wird er in der Geschäftsführung von Sohn Michael unterstützt, der dafür ein Studium der Betriebswirtschaftslehre und eine Weiterbildung zum Industriemeister Fruchtsaft und -getränke absolvierte.
„Die Saftherstellung erfolgt grundsätzlich in den immer gleichen Schritten: Anliefern, Waschen und Verlesen, Pressen, Filtern, Pasteurisieren, Abfüllen, Verpacken, wobei wir ausschließlich Mehrweg-Glasflaschen verwenden“, erklärt Horst Zimmer-Zimpfer. Die einzelnen Produktionsschritte müssen präzise auf die zu verarbeitende Fruchtart abgestimmt werden. Denn Äpfel stellen andere Anforderungen an die Verarbeitung als beispielsweise Trauben, auch Sorte und Reifegrad der Früchte spielen eine Rolle.
5.000 Liter Apfelsaft pro Stunde
In der Produktionshalle überwacht das Vater-Sohn-Gespann akribisch die Produktion mit strengem Blick von der Obstanlieferung bis zum fertigen Saft, Nektar und Apfelwein. Moderne computergesteuerte Anlagen pressen – je nach Obstart – zwischen 1,5 und 10 Tonnen Früchte in der Stunde. 5.000 Ein-Liter-Flaschen pro Stunde klaren Apfelsafts kann die Anlage abfüllen, bei dickflüssigeren Säften wie Orangensaft sind es bis zu 4.000 Ein-Liter-Flaschen. Allein der Getränketank der Fruchtsaftkelterei Zimmer fasst rund 2,3 Million Liter, so viel wie rund 12.000 Badewannen.
Während der reine Abfüllbetrieb das ganze Jahr über läuft, beginnt die heiße Phase der Produktion in den nächsten Wochen, wenn Ende Juni, Anfang Juli die reifen Johannisbeeren und wenig später die reifen Sauerkirschen aus der Region angeliefert und verarbeitet werden. Ende August beginnt dann die Verarbeitung von Äpfeln zu Apfelsaft.
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Bild: Horst Zimmer-Zimpfer (Foto) kontrolliert die Äpfel, die bald geerntet werden.