Dieter Schmid übernahm 1997 die Leitung der Privatbrauerei Waldhaus. Sein Ur-Opa erwarb die Gaststätte mit Hausbrauerei einst. In diesem Jahr blickt das Unternehmen auf 190 Jahre Geschichte zurück – und weiter nach vorn.

Herr Schmid, Sie führen ein Unternehmen, das seit 1864 im Familienbesitz ist und dessen Geschichte bis 1833 zurückreicht: Ist das eher belastend oder beflügelt es einen?
Dieter Schmid: Für mich stellt das alles andere als eine Belastung dar. Es erfüllt mich eher mit Freude, dass ich so ein Traditionsunternehmen in vierter Generation führen darf. Was mich allerdings noch mehr mit Glück erfüllt, ist der Umstand, dass auch die fünfte Generation schon in den Startlöchern steht. Diese Emotionalität sorgt auch dafür, dass Familienunternehmen anders geführt werden als vorstandsgeführte Unternehmen.
Wer steckt hinter der fünften Generation?
Janina und Yannik. Meine Tochter studiert Kommunikationswissenschaften und -management in Friedrichshafen. Sie hat bei Waldhaus auch schon ein Praktikum absolviert und viele Dinge im Social-Media-Bereich bewegt. Yannik schließt in diesem Jahr seine Ausbildung zum Brauer bei einer großen Privatbrauerei in Salzburg ab, um dann seinen Meister zu machen.
Blicken wir zurück zur ersten Generation: Würde Johann Schmid „seine“ Brauerei noch erkennen?
Das Gasthaus, in welchem unsere gemeinsame Geschichte begann, gibt es noch. Auch die landwirtschaftlichen Anbauten sind noch da, dienen aber längst anderen Zwecken. Er könnte es also erkennen, obwohl das Areal durch die Erweiterungen und Modernisierungen sichtlich verändert wurde. Damals war es eher eine Gasthaus-Brauerei mit angeschlossener Landwirtschaft. Da war die Landwirtschaft bedeutsamer als das Bier.
Und das Bier? Würde es ihm heute schmecken?
Ich bin mir recht sicher, dass ihm unser Bier schmecken würde, zumal er die Möglichkeit hätte, sein Lieblingsbier aus 18 verschiedenen Sorten herauszufinden. Eines davon dürfte ihm schmecken.
Waldhaus hat eine lange Geschichte. Wie wichtig ist diese Historie?
Unsere Geschichte prägt unser Denken, unser Wirken. Aber wir – und damit schließe ich meinen Vater und meinen Opa mit ein – blicken weniger zurück, unser Blick ist nach vorn gerichtet. Unser Handwerk ist traditionell, wir halten uns an das Reinheitsgebot von 1516, aber das heißt nicht, dass wir noch Werkzeuge von 1894 einsetzen. Zum einen müssen wir Hygienevorschriften erfüllen, zum anderen die Qualität unserer Produkte sicherstellen sowie an den Arbeitsschutz und das Wohlergehen unserer Mitarbeiter denken. Es gibt eine Ausnahme, die aber mit der Produktion nichts zu tun hat.
Die wäre?
Unser Opel Blitz, ein Lastkraftwagen von 1958, mit dem schon mein Opa Bier ausgefahren hat. Der kommt heute allerdings nur noch bei besonderen Veranstaltungen zum Einsatz.
Zum Jubiläum hat Waldhaus NFT’s herausgebracht. Was versteckt sich dahinter?
Wir schauen immer nach neuen Möglichkeiten, um uns von anderen Brauereien abzuheben. Wir sind ein kleines Unternehmen und können nicht einfach bundesweit plakatieren oder TV-Werbung schalten. Als das Thema NFT erstmals aufkam, hatte ich keine Ahnung davon, fand es aber spannend. Letztendlich spielen wir da mit unserer Marke in einem bisher unbekannten Markt. Aber die Verkäufe zeigen, dass es eine gute Idee war, Animationen rund um unsere Produkte als NFT anzubieten.
Verstehen das alle Kunden?
Wahrscheinlich nicht. Ich habe es am Anfang selbst nicht verstanden. Aber das muss uns ja nicht hindern, neue Wege zu beschreiten und jüngere Generationen auf uns aufmerksam zu machen. Das gehört für uns einfach dazu.
Die Gespräch führte Patrick Merck.
NFTs
NFT ist die Abkürzung für Non-Fungible Token, eine nicht-austauschbare Wertmarke in digitaler Form, also ein Vermögenswert. Mit NFT’s können Besitzrechte von digitalen oder digitalisierten Werken gehandelt werden, aber auch echte Vermögenswerte wie Immobilien oder Musikrechte, indem die damit verbundenen Rechte und Pflichten auf den Token überschrieben werden. Ein NFT kann nur als Ganzes erworben werden und existiert nur ein einziges Mal.