Man könnte meinen, die Europäische Union, die Bundesregierung und ihre Ministerien lieferten sich einen Wettbewerb darin, wer die meisten Gesetze an den Start bringt. Einige davon sind für Unternehmen leicht zu stemmen, andere sind ein richtiges dickes Brett – und ein paar wenige bringen auch Vorteile. Nachfolgend stellen wir die wichtigsten Novitäten rund um Steuern, Recht, Internationales, Umwelt und Energie vor – und hören nach, was Unternehmer aus der Region dazu sagen.
Juristische Neuerungen: Alles, was Recht ist
Die Reform des Personengesellschaftsrechts
Die für Unternehmer grundlegendste Neuerung in 2024 betrifft das Recht der Personengesellschaften: Das MoPeG enthält viel Neues für Gesellschaften bürgerlichen Rechts, OHGs und Kommanditgesellschaften.
Details unter www.wirtschaft-im-suedwesten.de/themen-trends/fruehjahrsputz-beim-gesellschaftsrecht
Sämtliche GbRs, OHGs und KGs sollten prüfen, ob es Vereinbarungen zu den Beteiligungsverhältnissen oder den Werten der Beiträge der einzelnen Gesellschafter gibt, da sich danach künftig die Stimmrechte und der Anteil am Gewinn und Verlust berechnen. Im Zweifel sind entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.
Aufgrund der Novellierung des Beschlussmängelrechts für OHG und KG sollten wesentliche Regelungen zur Durchführung der Gesellschafterversammlung und zur Beschlussfassung in den Gesellschafts-vertrag aufgenommen werden, insbesondere Regelungen über Form und Frist der Einladung, Mehrheits- und Quorenerfordernisse sowie Vorgaben zum Versammlungsleiter und der Feststellung und Protokollierung von Beschlüssen. GbRs, die Grundstücksgeschäfte jedweder Art oder Beteiligungserwerbe planen, sollten sich um eine zeitnahe Eintragung im neu geschaffenen Gesellschaftsregister bemühen, um bei Durchführung der geplanten Geschäfte Verzögerungen zu vermeiden.
Barbara Mayer/Advant Beiten Freiburg
Verwirrende Zeiten
Einige Gesetzesvorhaben sind noch nicht final. So wurde das Wachstumschancengesetz vom Bundesrat in den Vermittlungsausschuss verwiesen. Details zum Bundeshaushalt 2024 stehen auch noch aus, so dass nicht klar ist, mit welchen Förderungen für Wirtschaft, Energie & Co. zu rechnen ist, für wen das Geld fehlt – und an welchen Stellen es reingeholt wird. Die hier vorgestellten Regelungen können sich deshalb also teilweise wieder ändern. Die DIHK führt auf ihrer Webseite eine Übersicht der gesetzlichen Neuerungen – und ergänzt sie laufend.
Aktuelle Updates finden sich bei der DIHK über den Bitly-Link https://bit.ly/471iZzN
Mehrstimmaktie, mehr Mitarbeiterbeteiligung
Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz hat der Gesetzgeber Ende letzten Jahres wichtige Impulse für neues Wachstum gesetzt. Das Gesetz enthält ein ganzes Bündel von Maßnahmen, wobei die Wiederzulassung von Mehrstimmrechten sowie die Förderung von Mitarbeiterbeteiligungen von besonderer Relevanz sind.
Neu ist die Zulassung von Mehrstimmrechten. Sie erlauben auch bei relativ geringem Kapitaleinsatz ein hohes Maß an Kontrolle. Dadurch sollen Unternehmensgründer zu Kapitalerhöhungen ermutigt werden, ohne Einfluss- und Kontrollverlust fürchten zu müssen.
Auch Mitarbeiterbeteiligungen werden durch die Neuregelungen erleichtert. Sie bieten Unternehmen die Möglichkeit, Mitarbeiter zu gewinnen und an sich zu binden. Zur Steigerung der Attraktivität hat der Gesetzgeber den Kreis der geförderten Unternehmen erweitert, den Steuerfreibetrag von 1.440 Euro auf 2.000 Euro angehoben und die so genannte Dry-Income-Problematik adressiert, die gerade für Start-ups und Wachstumsunternehmen besonders hinderlich ist. Sie resultiert daraus, dass eine Mitarbeiterbeteiligung im Grundsatz als steuerpflichtiges Einkommen zu qualifizieren ist. Der Begünstigte muss also Einkommenssteuer zahlen, ohne dass ihm liquide Mittel zugeflossen sind. Zur Abmilderung wird die Besteuerung künftig längstens um 15 Jahre statt der bisherigen zwölf Jahre ab Übertragung der Vermögensbeteiligung hinausgeschoben. Auch nach Ablauf dieser Frist kann die Besteuerung noch bis zu einem späteren Verkauf hinausgeschoben werden, wenn der Arbeitgeber auf freiwilliger Basis unwiderruflich die Haftung für die zu zahlende Lohnsteuer übernimmt.
Mayer/Advant Beiten
Die Mitarbeiterkapitalbeteiligungen können entweder durch Entgeltumwandlung oder zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn finanziert werden. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist zudem, dass das Angebot an alle Mitarbeiter gehen muss, die seit mindestens einem Jahr dem Unternehmen angehören.
Claudio Schmitt/Bansbach GmbH
Lieferkettensorgfaltspflichten nicht mehr nur für die ganz Großen
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichtet in Deutschland ansässige Unternehmen, entlang ihrer globalen Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten zu beachten. Bisher gilt es für Firmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten. Zu Jahresbeginn 2024 wird diese Grenze auf 1.000 Mitarbeiter gesenkt.
Mayer/Advant Beiten
Im Dezember einigten sich die EU-Mitgliedstaaten mit dem EU-Parlament auf einen Kompromiss für ein europäisches Lieferkettengesetz. Dies geht über die Anforderungen des deutschen Gesetzes noch hinaus und erntete aus Wirtschaftskreisen deutliche Kritik. Wie es final aussehen wird, werden die kommenden Monate zeigen.
uh
Registrierungspflicht zur Geldwäscheprävention
Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz müssen ab Januar 2024 bei der Financial Intelligence Unit (FIU) der Generalzolldirektion registriert sein. Dies betrifft insbesondere Immobilienmakler, Güterhändler (jeder Einzel- und Großhändler) sowie Kunstvermittler. Die Verpflichtung zur Registrierung gilt unabhängig von der Abgabe einer konkreten Verdachtsmeldung. Eine fehlende Registrierung ist derzeit zwar noch folgenlos, die Einführung eines Bußgelds ist aber vorgesehen.
Mayer/Advant Beiten
Infos und Registrierung unter www.transparenzregister.de
Thomas Weisser
… Geschäftsführer der Weisser GmbH Haus der 1000 Uhren in Triberg und Vorsitzender des Handelsausschusses der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg
„Betriebe suchen Beschäftigte. Die gibt es. Nur halt nicht immer in Deutschland oder in der EU. Menschen aus sogenannten Drittländern wollen in Deutschland arbeiten – sind oft gut ausgebildet und sprechen auch zum Teil schon Deutsch. Leider sind nur wenige Länder so kompliziert wie Deutschland. Die Bestimmungen sind kompliziert, die Dauer der Verfahren endlos, der Papierkram aufwendig. Die Politik will mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Situation angehen? Dann hoffe ich, dass vor allem die Beschäftigung aus Drittstaaten an Fahrt gewinnt.
Für jeden, der Work-Life-Balance für sich in Anspruch nimmt oder früher aus dem Beruf ausscheidet, muss jemand anders dessen Stelle füllen oder mehr arbeiten – wenn alles so wie gewohnt aufrecht erhalten bleiben soll. Lasst die Menschen, die arbeiten wollen, auch arbeiten – egal, wo sie herkommen.
Das Motto für 2024 heißt: „Raus aus dem Krisen-Modus“. Wer immer nur von Krisen spricht, bekommt irgendwann selber eine. Es wird Zeit, dass unsere Regierung ihre Vorbildfunktion übernimmt. Das heißt: Keine Tricksereien mit dem Geld, keine Diffamierungen in der Öffentlichkeit. Der Mittelstand erwartet handwerklich saubere Arbeit und eine verlässliche Grundlage, auf der zumindest überschaubar geplant werden kann. Daran kann das Jahr 2025 andocken. Ich erwarte die Rückkehr des gesunden Menschenverstandes. Bevor die Politik Geld ausgibt, muss es verdient sein. Wenn sie ein Versprechen gibt, hat sie es zu erfüllen. Ich erwarte mehr Freiraum, weniger Gängeleien und weniger Gezeter. In einer „Sozialen Marktwirtschaft“ ist das Soziale ganz klar eine Säule – aber eben auch die Marktwirtschaft. “
Wachstumschancengesetz noch im Schwange
Das geplante Wachstumschancengesetz soll Impulse für mehr Wachstum, Investitionen und Innovationen setzen sowie Erleichterungen im Steuerrecht bringen. Zentrales Element ist eine Investitionsprämie für Klimaschutzmaßnahmen: Auf Antrag sollen Investitionen von Unternehmen zur Senkung des Energieverbrauchs in Höhe von 15 Prozent der Aufwendungen bezuschusst werden können. Daneben sieht das Gesetz Impulse für mehr Forschung vor. Zum einen werden die förderfähigen Aufwendungen ausgeweitet, indem neben Personalkosten auch bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens einbezogen werden. Zum anderen steigen die Förderbeträge selbst.
Mayer/Advant Beiten
Das Wachstumschancengesetz ist im Dezember vom Bundesrat an den Vermittlungsausschuss überstellt worden. Was von den Inhalten umgesetzt wird und was nicht, ist damit noch unklar.
Ausgleichsabgabe steigt
Das Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes tritt am 1. Januar 2024 in Kraft und zielt darauf ab, Menschen mit Behinderungen besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dies soll unter anderem durch die Erhöhung der Ausgleichsabgabe für Arbeitgeber erreicht werden. Unternehmen, die trotz Beschäftigungspflicht keinen schwerbehinderten Menschen beschäftigen, müssen eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 720 Euro statt bisher 360 Euro zahlen. Verpflichtet, Arbeitsplätze für Menschen mit einer Schwerbehinderung zu schaffen, sind Betriebe mit mindestens 20 Beschäftigten.
Mayer/Advant Beiten
Mehr Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen
Deutschland braucht mehr Fachkräfte. Deshalb sieht das Fachkräfteeinwanderungsgesetz schrittweise Erleichterungen zugunsten außereuropäischer Fachkräfte für ihren Weg in den deutschen Arbeitsmarkt vor. Zentrales Element der Einwanderung bleibt die Fachkräftesäule: Bereits seit November 2023 ermöglicht diese es Menschen aus Drittstaaten mit einem deutschen oder einem in Deutschland anerkannten Abschluss, in allen qualifizierten Beschäftigungen zu arbeiten. Daneben tritt ab März 2024 die Erfahrungssäule. Abgerundet wird das System ab Juni 2024 durch die Potenzialsäule. Damit bekommen mehr Menschen aus Drittstaaten, die noch keinen deutschen Arbeitsvertrag haben, die Möglichkeit zur Arbeitssuche in Deutschland.
Mayer/Advant Beiten
Details unter www.wirtschaft-im-suedwesten.de/titelthemen/faqs-zum-praxisstart
Qualifizierungsgeld für Weiterbildung
Vom Strukturwandel betroffene Unternehmen sollen ab April 2024 durch Einführung eines sogenannten Qualifizierungsgeldes dabei unterstützt werden, ihre Fachkräfte im Unternehmen zu halten. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung soll den Beschäftigten eine zukunftssichere Beschäftigung im gleichen Unternehmen ermöglicht werden. Das Qualifizierungsgeld soll als eine an das Kurzarbeitergeld angelehnte Entgeltersatzleistung eingeführt werden und unabhängig von der Betriebsgröße, dem Alter oder der Qualifikation der Beschäftigten von der Agentur für Arbeit an Beschäftigte in Weiterbildung geleistet werden.
Mayer/Advant Beiten
Marius Neininger
… Geschäftsführer der Bächle Hugger Logistikgruppe VS-Villingen und Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr und Infrastruktur der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg
„Die Verkehrsbranche steht seit vielen Jahren unter Dampf! – Das Spannungsfeld von steigenden Kosten, einer hohen Wettbewerbsintensität und den gleichzeitigen Herausforderungen der Dekarbonisierung und des Fachkräftemangels sind wesentliche Treiber, die sich auch 2024 weiter entwickeln werden.
Wir alle sind, um die weltweite Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, auf günstige Logistikkosten angewiesen. Ob die zum Dezember 2023 und die für 2024 bereits verabschiedeten Maut sowie CO2-Lenkungsmaßnahmen aktuell die gewünschte Wirkung erzielen, bleibt in diesem Kontext zu bezweifeln. Welche Effekte, abseits des Stopfens von Haushaltslöchern, damit erzeugt werden, bleibt abzuwarten, solange es an dem Fundamentalsten für einen Umstieg mangelt – der Infrastruktur (zum Beispiel Ladeinfrastruktur).
2024 wird ein Jahr großer Veränderung und die Weichenstellung für die zuvor genannten Themen. Somit gilt es, die Chancen zu evaluieren und individuell den Kurs für die Zukunft festzulegen, um hoffentlich ab 2025 wieder in ruhigere Fahrwasser zu kommen. Die konsequente CO2-Reduktion, die Entwicklung, Schaffung und Nutzung der damit verbundenen Innovation und Infrastruktur werden das Fundament für die Zukunft bilden.“
Mindestlohn und -ausbildungsvergütung steigen
Der Mindestlohn steigt am 1. Januar 2024 um 31 Cent. Er liegt dann bei 12,41 Euro brutto pro Stunde. Entsprechend erhöht sich die Minijob-Grenze von 520 Euro auf 538 Euro monatlich.
Analog steigt ab Januar auch die Mindestausbildungsvergütung, falls kein Tarifvertrag vorliegt. Das Monatsgehalt für Auszubildende liegt nach den neuen Regelungen monatlich bei mindestens 649 Euro im ersten, bei 766 Euro im zweiten, bei 876 Euro im dritten und bei 909 Euro im vierten Lehrjahr.
Mayer/Advant Beiten
Whistleblowerschutz auch bei kleinen Firmen
Seit dem 2. Juli 2023 gilt das Hinweisgeberschutzgesetz, das Unternehmen zum Schutz von Whistleblowern verpflichtet und die Einrichtung einer internen Meldestelle vorschreibt. Bislang galt diese Vorgabe für Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten. Seit dem 17. Dezember 2023 betrifft diese Verpflichtung auch Unternehmen mit einer Belegschaft ab 50 Beschäftigten. Kommt der Arbeitgeber seiner Pflicht zu einem solchen Hinweisgebersystem nicht nach, drohen Bußgelder von bis zu 20.000 Euro.
Mayer/Advant Beiten
Details unter www.wirtschaft-im-suedwesten.de/titelthemen/interne-meldesysteme-einrichten
Digitale Meldung von Arbeitsunfällen
Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten können seit dem 1. Januar 2024 nicht mehr nur per Post, sondern auch digital an Berufsgenossenschaften und Unfallkassen mitgeteilt werden. Ab 2028 wird die digitale Meldung zur Pflicht.
Mayer/Advant Beiten
Einkommensgrenze für Elterngeld sinkt
Wer gut verdient, bekommt kein Elterngeld. Bisher lag die Grenze für Paare bei 300.000 Euro und für Alleinerziehende bei 250.000 Euro. Diese Einkommensgrenze soll nun schrittweise gesenkt werden. Bis April 2024 soll für Paare ein Grenzwert von 200.000 Euro und für Alleinerziehende von 150.000 Euro gelten. Ab April 2025 soll die Einkommensgrenze für Paare dann bei 175.000 Euro liegen. Mancher Arbeitgeber dürfte die dadurch entstehende Versorgungslücke durch freiwillige Zuzahlungen kompensieren.
Mayer/Advant Beiten
Lkw-Maut wird ausgeweitet
Für Unternehmen, die im Fernverkehr unterwegs sind, ist die Ende 2023 in Kraft getretene CO2-Differenzierung der Lkw-Maut relevant. Denn zum 1. Dezember 2023 wurde auf Bundesebene eine neue Mautkomponente hinzugefügt, die einen CO2-Aufschlag von 200 Euro pro Tonne CO2 vorsieht. Ab dem 1. Juli werden zudem Lkw mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen mautpflichtig. Handwerkerfahrzeuge mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse von 7,5 Tonnen sind von der Mautpflicht befreit.
Mayer/Advant Beiten
Stephan Karl Schultze
… Partner in der Wirtschaftsprüfungs- und Steuernberatungsgesellschaft „LOEBA Treuhand GmbH“ in Lörrrach und Vorsitzender des Finanz- und Steuerausschusses der IHK Hochrhein-Bodensee
Welche Neuerungen stressen Ihren Wirtschaftsbereich am meisten? Die Steueränderungsgesetze kennzeichnen zwei Besonderheiten: Erstens unmittelbare Auswirkungen auf die Staatseinnahmen, so dass die Höhe der Mehr- oder Wenigereinnahmen den Gesetzesinhalt beeinflussen und einfachen sachgerechten Inhalten im Wege stehen. Zweitens werden Steuergesetze im Bundesfinanzministerium vom Fiskus selbst entworfen – zu selten korrigieren die Parlamente Regelungen, weil es an den dafür erforderlichen Spezialkenntnissen fehlt.
Besonders ärgert die Einführung von Anzeigepflichten für Steuergestaltungen im Inland. Die Anzeigepflicht für Auslandgestaltungen hat bereits den großen Aufwand für die Unternehmen gezeigt, die Behörden können die Anzeigen bisher nur bedingt auswerten und gewinnen gar keine neuen Erkenntnisse.
Nun soll dieser Fehler auf das Inland ausgeweitet werden, obwohl nicht einmal vorstellbar ist, welche „Gestaltungen“ es hier geben sollte, die die Finanzverwaltung nicht aus Betriebsprüfungen kennen könnte. Statt Bürokratieabbau wird weiterer Bürokratieaufbau betrieben.
Welcher neuen Vorschrift sehen Sie positiv entgegen? Endlich soll die Grenze für eine „Niedrigbesteuerung“ für die Hinzurechnungsbesteuerung abgesenkt werden. Dabei geht es darum zu verhindern, dass Unternehmen Einkünfte auf von ihnen kontrollierte Tochtergesellschaften in Niedrigsteuerländer verlagern. Doch die Definition eines Niedrigsteuerlandes setzt gegenwärtig mit 25 Prozent Steuersatz beim normalen Steuersatz der allermeisten Industriestaaten an. Damit werden nicht die Missbrauchsfälle erfasst, sondern allen Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung eine unnötige Mehrarbeit aufgebürdet. Nachdem die IHK-Organisation und andere Wirtschaftsverbände seit Langem eine Absenkung auf 15 Prozent fordern, soll dies nun Gesetz werden. Wir müssen sehr hoffen, dass diese Erleichterung umgesetzt wird.
Welche Novität würden Sie sich vom Gesetzgeber für unsere 2025er Vorschau wünschen? Eine Absenkung der mit 32 Prozent international höchsten Unternehmenssteuerbelastung auf ein internationales Normalniveau für Kapitalgesellschaften wäre für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland von existenzieller Bedeutung. Seriösen Schätzungen nach würde dies kaum zu geringeren Steuereinnahmen führen, im Gegenteil: Das Ertragspotenzial in Deutschland könnte so zu nehmen, dass Steuermehreinnahmen die Folge sein könnten.
AI Act regelt künstliche Intelligenz
Der Verordnungstext zum europäischen Gesetz über künstliche Intelligenz (AI Act) wurde im Dezember verabschiedet. Der AI Act teilt KI-Systeme in vier Kategorien ein und verfolgt damit einen risikobasierten Ansatz. Unternehmen müssen – je nachdem, in welche Risikoklasse sie fallen – mit unterschiedlichen Konformitätsanforderungen, also etwa Dokumentations- und Transparenzpflichten, rechnen. Die EU-Institutionen verhandeln derzeit darüber, inwieweit KI-Modelle unabhängig von ihrem Risiko reguliert werden sollten.
DIHK
Meldepflicht für digitale Plattformen
Mit dem Plattformen-Steuertransparenzgesetz wurden neue europäische Sorgfalts- und Meldepflichten (EU-Richtlinie DAC7) in deutsches Recht umgesetzt. Das Gesetz trat bereits zum 1. Januar 2023 in Kraft, zum 31. Januar 2024 müssen die ersten Meldungen für Plattformumsätze des Jahres 2023 abgegeben werden. Mit der Neuregelung müssen digitale Plattformen umfangreiche Informationen über Transaktionen ihrer registrierten Kunden an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) melden. Damit soll sichergestellt werden, dass Umsätze, die über eine Plattform erfolgen, auch tatsächlich steuerlich erfasst werden.
Betroffen sind Anbieter von Webseiten oder Apps, über die Warenlieferungen oder Dienstleistungen erbracht werden, wie die Vermietung von Immobilien, persönliche Dienstleistungen wie Lieferservice, Handwerker, Beratung, Transport und so weiter, der Verkauf von Waren oder die Vermietung von Verkehrsmitteln. Bei Verstößen gegen die Meldepflichten droht eine Geldbuße von bis zu 50.000 Euro.
DIHK
Digital Services Act auch für kleinere Anbieter
Auf Anbieter digitaler Vermittlungsdienste für Nutzer mit Niederlassungsort oder Sitz in der EU können neue Anforderungen zukommen: Der bereits Mitte November 2022 in Kraft getretene Digital Services Act (DSA) gilt ab dem 17. Februar 2024 in vollem Umfang – also auch für kleinere Unternehmen – und unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten. Der DSA regelt die Pflichten digitaler Dienste, die als Vermittler tätig sind und Verbrauchern den Zugang zu Dienstleistungen, Inhalten und Waren eröffnen. Zu diesen Vermittlungsdiensten zählen zum Beispiel Online-Suchmaschinen sowie Hosting-Dienste, darunter auch Online-Plattformen. Letztere schließen Online-Marktplätze mit ein, die Verkäufer und Verbraucher zusammenführen. Der DSA sieht für verschiedene Arten von Vermittlern unterschiedliche Sorgfaltspflichten vor – abhängig von der Art der Dienste, ihrer Größe und ihren Auswirkungen.
DIHK
Steuerliche Neuerungen: Vieles noch auf der Kippe
Im Jahr 2023 wurde das ein oder andere Steuergesetz beschlossen. Aber auch Verwaltungsanweisungen und Rechtsprechung wirken sich auf die Veranlagung 2024 aus. Eine Zusammenfassung:
Ermäßigter Gastro-Mehrwertsteuersatz läuft aus
Ab dem 1. Januar 2024 gilt für Restaurant- und Verpflegungsleistungen wieder der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Für die Umstellung in der Silvesternacht kann eine Vereinfachung angewendet werden, damit die Gastronomen den Restaurantgästen ihr Gericht nicht vor Mitternacht mit 7 Prozent und nach Mitternacht mit 19 Prozent Mehrwertsteuer berechnen müssen. Für die gesamte Nacht kann noch der ermäßigte Umsatzsteuer-Satz angewendet werden.
DIHK
Schwellenwerte für Firmengrößen steigen
Die Schwellenwerte „Bilanzsumme“ und „Umsatzerlöse“, die für die Bestimmung der Größenklassen eines Unternehmens und für die größenabhängige Befreiung von der Konzernrechnungslegungspflicht relevant sind, werden über eine Änderungsrichtlinie zur EU-Bilanzrichtlinie um rund 25 Prozent angehoben. Grundsätzlich soll die Erstanwendung für Abschlüsse erfolgen, die nach dem 1. Januar 2024 (Geschäftsjahr 2024) beginnen. Ein Mitgliedstaatenwahlrecht sieht vor, dass die Anwendung bereits für Abschlüsse, die am oder nach dem 1. Januar 2023 (Geschäftsjahr 2023) beginnen, erfolgt. Die Umsetzung in deutsches Recht steht noch aus. Ein Unternehmen gilt damit zum Beispiel länger als Kleinstkapitalgesellschaft und kann die entsprechenden Rechte in Anspruch nehmen: Statt 350.000 Euro liegt die Schwelle jetzt bei 450.000 Euro, die Umsatzerlösschwelle steigt von 700.000 auf 900.000 Euro. Die durchschnittliche Mitarbeiterzahl darf weiter zehn Mitarbeiter nicht überschreiten. Zwei von drei Merkmalen müssen an zwei folgenden Stichtagen unterschritten sein. Für Kleinstkapitalgesellschaften ergeben sich Aufstellungs- und Offenlegungserleichterungen. Die Schwellenwerte für kleine und mittelgroße Gesellschaften werden ebenfalls angepasst. Die durchschnittliche Anzahl der Mitarbeiter bleibt jeweils unverändert.
Zins für Rückstellungen und Verbindlichkeiten
Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von über einem Jahr waren in der Steuerbilanz in der Vergangenheit mit einem Rechnungszinsfuß von 5,5 Prozent abzuzinsen. Mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz entfällt dieses Gebot auf Antrag für vor dem 31. Dezember 2022 endende Wirtschaftsjahre. Die Regelung ist anzuwenden für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2022 enden. Obwohl der Gesetzgeber damals betonte, dass die Vorschrift vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase entfällt, bleibt die Abzinsung für Rückstellungen weiterhin bestehen. Das Bundesverfassungsgericht bekräftigte (2 BvL 22/17, 28. Juli 2023), dass der Rechnungszinsfuß von 6 Prozent bei der Abzinsung von Pensionsrückstellungen auch weiter Anwendung findet. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege nicht vor. Alle sonstigen Rückstellungen sind mit 5,5 Prozent abzuzinsen, sofern deren Laufzeit am Bilanzstichtag mehr als zwölf Monate beträgt. So hatte unlängst das Finanzgericht Münster einen Rechnungszinsfuß von 5,5 Prozent für die Abzinsung von Verbindlichkeiten ebenfalls bestätigt.
Wundertüte Wachstumschancengesetz
Hier eine Auswahl der vorgesehenen (!) steuerlichen Änderungen. Denn das Wachstumschancengesetz ist im Dezember vom Bundesrat an den Vermittlungsausschuss überstellt worden. Was von den Inhalten umgesetzt wird und was nicht, ist damit noch unklar:
Förderung von Klimaschutzinvestitionen
Durch das Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz (KlimaInvPG) können Unternehmen bei der Anschaffung oder Herstellung eines neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine Prämie von 15 Prozent beantragen. Die Investitionen müssen dazu beitragen, die Energieeffizienz des Unternehmens zu verbessern. Dies ist durch ein Einsparkonzept nachzuweisen. Die Investition muss den Sockelbetrag von 5.000 Euro übersteigen und die Bemessungsgrundlage für den Antrag mindestens 10.000 Euro betragen. Im Förderzeitraum (Anschaffung/Herstellung zwischen dem 1. März 2024 und 31. Dezember 2029) können maximal vier Anträge gestellt werden. Die Bemessungsgrundlage im Förderzeitraum darf maximal 200 Millionen Euro betragen. Wurden die Anschaffungs-/Herstellungskosten in der Bemessungsgrundlage berücksichtigt, ist die Afa nach § 7 EStG ab der Festsetzsetzung der Prämie von den, um die Prämie geminderte, Anschaffungs-/Herstellungskosten vorzunehmen.
Manfred Hölzl
… Geschäftsführer der Hölzl-Gastronomie GmbH in Konstanz und Vorsitzender des Tourismus-Ausschusses der IHK Hochrhein-Bodensee
„Die schwerste Hürde für das Gastgewerbe wird der Wechsel wieder zu 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen, die zu Tisch verzehrt werden. Hier haben wir eine äußerst schwierige Situation, dass die Betriebe diese Preiserhöhung an den Gast weitergeben müssen, und hier die Preise akzeptiert werden und nicht zu großem Verzicht der Restaurantbesucher führt. Es ist nicht nur die Rückführung zum alten Mehrwertsteuersatz, sondern die Kostenspirale wird sich zusätzlich auf die Betriebe auswirken. Höhere Kosten durch den Mitarbeitermangel, die Weitergabe der erhöhten Mautgebühren, höhere CO2-Bepreisung für Energie und eine Welle von Gebührenerhöhungen durch die Abschlüsse im öffentlichen Dienst. Für die Betriebe heißt dies, noch mehr Konzentration auf die Kernzeiten und weitere Versuche das To-Go-Geschäft zu stärken. Dazu kommen viele Betriebe, bei denen die Rechnung nicht mehr aufgeht und sich zur Aufgabe entschließen. Dies wird vor allem den ländlichen Raum weiter schwächen. Politisch sind derzeit keine Verbesserung oder Stärkung für den Inlandstourismus und das Gastgewerbe zu erkennen und auch in keiner Weise erkennbar. Wertschätzung einer sogenannter Zukunftsbranche sieht anders aus. Attraktiv werden Flug- und Schiffsreisen bleiben, die von den Vorort-Kosten unbeeindruckt bleiben und weiterhin in vielen Bereichen steuerfrei agieren können.“
Betriebsveranstaltungen können teurer werden
Zuwendungen des Arbeitgebers anlässlich einer Betriebsveranstaltung gehören nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, soweit diese ab Veranlagungsjahr 2024 den Betrag von 150 Euro je Betriebsveranstaltung und Teilnehmer nicht übersteigen (bisher 110 Euro).
Mehr Geschenke machbar
Für Wirtschaftsjahre ab dem 1. Januar 2024 dürfen Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, den Gewinn nicht mindern, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der zugewendeten Gegenstände 50 Euro (bisher: 35 Euro) nicht übersteigen.
Ausgeweiteter Verlustrücktrag und –vortrag
Die Regelungen zum Verlustvortrag gelten sowohl in der Einkommensteuer für Privatpersonen als auch in der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer für Unternehmen/Unternehmer.
Der Verlustrücktrag wird dauerhaft auf drei Jahre ausgedehnt. Für die Veranlagungszeiträume 2020 bis zum Veranlagungszeitraum 2026 begrenzt ist ein Verlustrücktrag mit den Betragsgrenzen von zehn Millionen Euro beziehungsweise 20 Millionen Euro bei Zusammenveranlagung möglich. Anschließend werden die Beträge wieder auf fünf Millionen Euro beziehungsweise zehn Millionen Euro abgesenkt. Ein Verlustvortrag ist bis zu einem Sockelbetrag von einer Million Euro beziehungsweise zwei Millionen Euro bei Zusammenveranlagung unbeschränkt möglich. Für den Teil, der den Sockelbetrag überschreitet, ist in den Veranlagungsjahren 2024 bis 2027 der Verlustvortrag auf 75 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte beschränkt.
Kleinunternehmer brauchen keine Umsatzsteuerjahreserklärung mehr
Von der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen sind ab 2024 Kleinunternehmer im Sinne des § 19 Umsatzsteuergesetz grundsätzlich befreit. Künftig werden auch solche Unternehmen von der Pflicht zur Abgabe einer Voranmeldung und Entrichtung von Vorauszahlungen befreit, deren Steuer für das vorausgegangene Kalenderjahr nicht mehr als 2.000 Euro betragen hat (bisher 1.000 Euro). Kleinunternehmer werden ab 2024 grundsätzlich von der Abgabe einer Übermittlung einer Umsatzsteuerjahreserklärung befreit.
Ansatz und Bewertung des Anlagevermögens
Steuerbilanziell gibt es bei der Bewertung von Wirtschaftsgütern bei Anschaffung/Herstellung ab dem 1. Januar 2024 einige Änderungen: Für Anschaffungs-/Herstellungskosten für Geringwertige Wirtschaftsgüter, die nicht mehr als 1.000 Euro betragen (bisher 800 Euro) ist der sofortige und vollständige Betriebsausgabenabzug möglich. Ein Sammelposten kann im Jahr 2024 für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gebildet werden, wenn die jeweiligen Anschaffungs-/Herstellungskosten 250 Euro, nicht aber 5.000 Euro überschreiten (bisher 1.000 Euro). Die Auflösung erfolgt über drei Jahre (bisher fünf Jahre). Die degressive AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wird erneut für Anschaffungen/Herstellungen in der Zeit vom 30. September 2023 bis 31. Dezember 2024 eingeräumt. Die Sonder-Afa im Sinne des § 7g EStG kann bei Anschaffung/Herstellung nach dem 31. Dezember 2023 in Höhe von 50 Prozent der Investitionskosten (bisher 20 Prozent) abgeschrieben werden.
Die Vorschrift kann angewendet werden, sofern der Gewinn 200.000 Euro nicht überschreitet.
Claudio Schmitt, Bansbach GmbH
Bilder (Glückskekse): Adobe Stock – New Africa