Angesichts des hohen Verkehrsaufkommens, insbesondere des Güterverkehrs auf den Straßen entlang des Hochrheins, will Baden-Württemberg in Abstimmung mit dem Kanton Aargau und weiteren schweizerischen Partnern die grenzüberschreitenden Verkehrsverbindungen verbessern. Grundlage hierfür ist die Verkehrsstudie Hochrhein-Bodensee, die das Regierungspräsidium Freiburg im Mai vorgestellt hat.
„Dauerrot bis zu mehreren Stunden“ ist auf den Schildern für LKW an der A5 wenige Kilometer vor Weil am Rhein und dem Grenzübergang in die Schweiz zu lesen. Es ist nicht der einzige Übergang, an dem Berufskraftfahrer lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Das Regierungspräsidium (RP) Freiburg hat eine Studie vorgelegt, die vorhandene Schwachstellen auflistet und Handlungsempfehlungen formuliert.
Ein leistungsfähiges und vor allem funktionierendes Straßennetz ist für eine wirtschaftlich vitale und vernetzte Grenzregion von größter Bedeutung. Das gelte besonders für eine Grenze wie zwischen dem EU-Land Deutschland und der Schweiz, die nicht Teil der EU-Zollunion ist. Gerade die Verknüpfungen zwischen diesen Ländern „müssen verbindende Elemente darstellen und dürfen nicht als Schwachstellen über Personen- oder Güterströme entscheiden“, schreiben die Autoren der umfangreichen Studie. Allerdings gebe es aktuell einige „Engpässe“, und die erzeugten bei allen Verkehrsteilnehmern und Gewerbetreibenden „großen Unmut und Unsicherheiten“.
Die Studie ist eine erste Antwort auf den wachsenden Problemdruck. Übergeordnetes Ziel sind Betrachtung, Analyse und Bewertung der Abwicklung und Bewältigung des grenzüberschreitenden deutsch/schweizerischen Verkehrs zwischen Weil am Rhein im Westen und Konstanz im Osten. Damit liege „erstmalig eine Gesamteinschätzung für die Entwicklung des grenzüberschreitenden Straßenverkehrs in der Region Hochrhein-Bodensee vor“, beschreibt es Martin Völkle, Referent Energie, Verkehr und Nachhaltigkeit bei der IHK Hochrhein-Bodensee, lobend. Im Fokus steht der Güterverkehr, der Autoverkehr wird dabei aber nicht ausgespart. Mitgewirkt an der Studie haben auf deutscher Seite das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, die angrenzenden Landkreise, Fachreferate des RP Freiburg, die Hauptzollämter Singen und Lörrach sowie die Polizei Baden-Württemberg. Für die Schweiz beteiligt waren die drei Bundesämter für Zoll und Grenzsicherheit, Raumentwicklung sowie Straßen, die angrenzenden Kantone und der grenzüberschreitende Verein Agglo Basel.
Viele Faktoren als Ursache
Die Straße wird beim Güterverkehr auch nach dem Ausbau der Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel der wichtigste Transportweg bleiben. Zwar könnten zukünftig etwa 1.000 Lkw-Fahrten pro Tag auf die Schiene verlagert werden, bei einer prognostizierten Gesamtmenge „von circa 21.400 Lkw pro Tag ist aber zu erkennen, dass die Entlastungswirkung nicht das allgemeine Wachstum kompensieren kann“, formulieren die Verantwortlichen. Auch das Zusammenspiel mit dem privaten Autoverkehr trage zu Engpässen bei. Gerade die Pendlerfahrten der Grenzgänger führten zu Konflikten mit dem grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr durch die Kollision von Arbeitsbeginn und Start der Zollabfertigung. „Besonders an Werktagen im Anschluss an Tage mit geschlossenen Zollstellen, wie nach Feiertagen oder auch an normalen Montagen, haben sich in der Nacht Lkw mit zu verzollenden Waren sowie aufgrund des Fahrverbots auch Transit-Lkw aufgestaut. Der Güterverkehr wartet zum Teil bereits seit mehreren Stunden auf das Öffnen der Zolldienststellen.“ Erschwerend komme hinzu, dass der vorhandene Stauraum auf den Autobahnstell- und Rastplätzen nur selten ausreicht. Viele Lkw-Lenker müssten daher im sogenannten temporären Stauraum auf der Fahrbahn warten.
Nur an 14 von aktuell 68 offiziellen Übergängen für Fahrzeuge zwischen Deutschland und der Schweiz ist eine zolltechnische Abwicklung möglich. Von überregionaler Bedeutung sind da die beiden Autobahnübergänge bei Weil am Rhein und Rheinfelden sowie die Übergänge zwischen Gottmadingen und Thayngen, zwischen Bad Säckingen und Stein, zwischen Waldshut und Koblenz sowie zwischen Konstanz und Kreuzlingen. Zwar machen Lkw nur maximal 15 Prozent des Verkehrsaufkommens aus, doch „aufgrund der unterschiedlichen Abfertigungszeiten von Personen- und Güterverkehr sind es Lkw, die einen höheren Bedarf an Kontroll-, Stell- und Warteflächen haben“. Je nach Beladungsart und Grenzübergang dauere eine Abfertigung zwischen zwei und 30 Minuten, „sofern keine Warenkontrolle erfolgt“. Allein am Zoll Weil am Rhein an der A5 werden werktags etwa 3500 LKW verzeichnet.
Klare Handlungsempfehlungen
Davon ausgehend, dass der Lkw-Verkehr weiter zunehmen wird, besteht bei allen Grenzübergängen Handlungsbedarf, konstatieren die Verantwortlichen. Unterschieden wird dabei zwischen organisatorischen Konzepten – etwa in der Abfertigung durch digitale Unterstützung, Neu- und Ausbaumaßnahmen sowie Verkehrsflusssteuerung. 30 Empfehlungen listen die Studienmacher auf. Für jede Maßnahme wurde eine detaillierte Dokumentation angelegt, die – ebenso wie die Studie selbst – online abrufbar ist. „Mit den aufgezeigten Handlungsfeldern soll ein Impuls für die Umsetzung von konkreten Maßnahmen gesetzt werden. Wichtig ist nun die zeitnahe Projektierung zur Realisierung der Potenziale für die zukunftsfähige Mobilität. Die IHK wird diesen Prozess konstruktiv begleiten“, macht Martin Völkle, Referent Energie, Verkehr und Nachhaltigkeit von der IHK, deutlich.
Text: mrk
Bilder: Hauptzollamt und Martin Völkle, IHK
Zum Download der Verkehrsstudie Hochrhein-Bodensee:
Verkehrsstudie Hochrhein-Bodensee – Regierungspräsidium Freiburg