Es gibt viele Möglichkeiten, Mitarbeiter ans Unternehmen zu binden. Zertifizierungen, Lehrgänge und Weiterbildungsmaßnahmen sind nur drei davon – aber besonders nachhaltige.
Kursnummer 23FA23 ist für 15 Menschen der Schritt in eine neue Stufe ihrer persönlichen Berufsbiografie. Kursnummer 23FA23 steht an einer Tür der IHK-Akademie Südlicher Oberrhein in Offenburg. Dahinter begrüßt an diesem Morgen Orestis Theodorou, Fachbereichsleiter technische Weiterbildung an der IHK-Akademie, Frauen und Männer unterschiedlichsten Alters zur „Nachqualifizierung zur Fachkraft für Lagerlogistik IHK“.
Was diesen 15 Leuten gemeinsam ist? Sie sind alle Mitarbeiter des Onlinehändlers Zalando in dessen Logistikzentrum in Lahr – und ihnen fehlt die Ausbildung für etwas, was sie tun – und noch besser tun könnten, würden sie weiter qualifiziert. „Zalando führt diese Weiterbildungsmaßnahme mit uns bereits zum dritten Mal durch“, berichtet Orestis Theodorou und zeigt sich begeistert über die großartige Resonanz der Teilnehmer, aber auch über das gelungene Miteinander von Arbeitgeber, Akademie und der Agentur für Arbeit.
Die ist an diesem Tag durch Tina Jäger vertreten. Sie informiert die Teilnehmenden darüber, wie deren Fortbildung finanziert und unterstützt wird: „Die Weiterbildungskosten sowie zusätzliche Kinderbetreuungs- und Fahrtkosten können über die Agentur für Arbeit gefördert werden.“ Tina Jägers Aufgabe ist es, Menschen das Qualifizierungschancengesetz leichter zugänglich zu machen: „Ein qualifizierter Berufsabschluss schafft ein so großes Mehr an Möglichkeiten. Weiterhin leisten wir einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt an den Arbeitgeber und geben Menschen so die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Wird die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, erwartet die neuen Fachkräfte für Lagerlogistik außerdem eine Weiterbildungsprämie.“
Genau das ist auch die Motivation, mit der man sich bei Zalando an diesem Projekt beteiligt. Dazu Anna Bleifuß vom People Development bei Zalando: „Wir möchten unseren Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, sich weiterzuentwickeln und unterstützen sie mit dieser Qualifizierung aktiv dabei.“
Einer dieser Menschen ist Laurent Kfoury. Der 53-Jährige stammt aus dem Libanon und arbeitet seit 2016 bei Zalando – im Augenblick ist er als Betriebsrat freigestellt und meint: „Ich werde vermutlich nicht bis zur Rente Betriebsrat bleiben, weshalb ich mich unbedingt fortbilden möchte für die Zeit nach diesem Amt.“
Und auch Swetlana Herdt (47) will sich unbedingt weiterentwickeln. Sie arbeitet seit fünfeinhalb Jahren im Logistikzentrum und will ihren Status als Mentor bei Zalando mit einer profunden Wissensbasis absichern.
Gleich Kunden mit weiterbilden
Mit einem anderen Ansatz nutzt auch Hekatron in Sulzburg das Thema Weiterbildung zur Mitarbeiterbindung. Bei dem Brandschutzexperten werden eigene Auszubildende und Mitarbeiter, aber vor allen Dingen auch jene von anderen Unternehmen in ganz Deutschland zur „Junior Fachkraft für anlagentechnischen Brandschutz (IHK)“ qualifiziert. Dazu sagt Ramona Schulz, Leiterin des Kundenschulungszentrums und verantwortlich für das „youMove“ genannte Weiterbildungsprogramm: „Wir qualifizieren pro Jahr circa 15 Auszubildende und Mitarbeitende von Elektrofachbetrieben. Deren Arbeitgeber sehen dies als Maßnahme der Wertschätzung – und es hilft, Auszubildende zu rekrutieren und an den jeweiligen Betrieb zu binden.“
Hekatroneigene und von der IHK zertifizierte Trainer haben das Angebot zusammen mit Unternehmen entwickelt, die auf Azubisuche sind. „Und die in drei Module aufgeteilte Maßnahme, die jährlich stattfindet, funktioniert sehr gut“, wie Ramona Schulz resümiert.
Dem Fachkräftemangel durch Weiterbildung begegnen
Hochgradig funktional ist auch der Zertifikatslehrgang zur „Fachkraft für Kommunikationstechnik (IHK), den das Unternehmen Alexander Bürkle in Freiburg anbietet. Das rund 900 Mitarbeiter zählende Unternehmen verfügt ebenfalls über eine eigene Akademie. „Wir bieten den Menschen bei uns die Möglichkeit zu Schulungen und Coachings, die wir sehr individuell und maßgeschneidert ausrichten“, berichtet Akademie-Mitarbeiterin Elena Spreter. Der Zertifikatslehrgang bei dem Elektrotechnik- und Elektronikspezialisten hat seine Wurzeln in einer Idee, die im Produktmanagement bei Alexander Bürkle entstand, und sich an alle Mitarbeiter wendet.
„Wir führen diesen Lehrgang ab April 2023 zum ersten Mal durch mit 15 Leuten – in Teilen langjährige Mitarbeitende. Wir haben hierfür drei Module entwickelt, die in Teilen auch in Werksbesuche bei unseren Lieferanten münden“, erklärt Spreter. Das Unternehmen habe sich angesichts des Fachkräftemangels mit dem Ausbau der „ABcademy“ entschlossen, eigene Fachkräfte auszubilden und durch maßgeschneiderte Schulungen weiterzuentwickeln.
Genau wie ihre Kolleginnen Ramona Schulz bei Hekatron und Anna Bleifuß bei Zalando ist sich auch Elena Spreter sicher, dass solche Qualifizierungsmaßnahmen eindeutig auf das Thema Mitarbeiterbindung einzahlen. Die Zusammenarbeit mit der IHK-Akademie Südlicher Oberrhein bei der Entwicklung der Weiterbildungsangebote sowie die Wertigkeit der Zertifikate zum Abschluss schaffen ihrer Meinung nach die notwendigen Rahmenbedingungen für die hohe Akzeptanz der Teilnehmenden.
dg
Bild: Die Nachqualifizierung „Fachkraft für Lagerlogistik IHK“ macht aus 15 ungelernten Mitarbeitern von Zalando in den kommenden 14 Monaten echte Fachkräfte. (oben)
Anna Bleifuß vom People Development bei Zalando (l.) im Gespräch mit Tina Jäger, Qualifizierungsberaterin Arbeitgeber-Service bei der Agentur für Arbeit Lahr. (unten)
Infos zu den Möglichkeiten maßgeschneiderter innerbetrieblicher IHK-Weiterbildungsprogramme bei Andreas Klöble, Leiter der IHK-Akademie Südlicher Oberrhein,
Telefon: 0781 9203-501
Mail: andreas.kloeble@freiburg.ihk.de
www.ihkakademie.com