Kleine und mittelständische Betriebe haben meist einen anderen Informationsbedarf als große Unternehmen. Kleine Tipps können deshalb schon einen großen Nutzen bringen. Auf dieser Doppelseite möchten wir Ihnen wertvolle Hinweise geben – und sind Ihnen dankbar für Ihre Fragen, die wir Ihnen gerne beantworten (ratgeber@vs.ihk.de).
Der Schutz von Klima, Umwelt und Ressourcen rückt auch in Unternehmen immer mehr in den Fokus. Ein naturnah gestaltetes Firmengelände kann als Visitenkarte dienen, Anstrengungen in diesem Bereich auch nach außen hin zu zeigen. Blumenwiesen, Hecken, Gründächer oder Gewässer bieten der lokalen Tier- und Pflanzenwelt Lebensraum und fördern zugleich die Vernetzung von Biotopen. Darüber hinaus können naturnah gestaltete Firmenareale zu einem Ort der Erholung für Mitarbeitende und Besucher werden.
Um mehr Natur auf Betriebsflächen zu holen, muss jedoch noch lange kein Naturschutzgebiet auf dem Areal ausgewiesen werden. Primär bleibt die wirtschaftliche Tätigkeit Hauptfunktion des Geländes, und diese wird durch Achtsamkeit im Hinblick auf Artenvielfalt und Aufenthaltsqualität nicht beeinträchtigt. Dort, wo es der Betriebsablauf zulässt, können jedoch kleine Inseln als Lebensraum in sonst tristen Umgebungen entstehen.
Neben den vielen Vorteilen, die in Bezug auf Flora und Fauna für eine naturnahe Gestaltung sprechen, gibt es jedoch auch direkte, dem Unternehmen dienlichen Argumente. Dachbegrünung, die insbesondere auf Flachdächer zum Einsatz kommen kann, kühlt im Sommer durch die Verdunstung und Verschattung der Pflanzen und dämmt im Winter gleichzeitig die Hallendecke. Durch das besondere Mikroklima lässt sich sogar der Ertrag von Photovoltaikanlagen steigern, da diese im Sommer nicht „überhitzen“.
Einen ähnlichen Effekt wie Dachbegrünung haben entsiegelte Freiflächen in Bezug auf Starkregenereignisse. Hier hält jeder begrünte Quadratmeter Regenwasser, beispielsweise bei Starkregenereignissen zurück und entlastet somit die Kanalisation. In einigen Gemeinden werden daher diese Flächen bei den Abwassergebühren gutgeschrieben.
Sechs Tipps damit’s summt und brummt:
- Go local – mit heimischen Pflanzen. Noch besser ist „autochthones Saat- und Pflanzgut“, das aus der Region und für die Region erzeugt wurde. Damit werden dann die kleinen Unterschiede zwischen der Margerite in Norddeutschland und Süddeutschland erhalten. Leider ist dieses aber nicht immer verfügbar. Nachfragen sollte man aber.
- Go wild – Wildformen sind Trumpf. Manche Zuchtformen weisen beispielsweise „gefüllte Blüten“ auf oder produzieren keinen Nektar. Da hat man Augenweide – aber keine Bienenweide.
- Monotonie vermeiden – Kleinstlebensräume schaffen: eintönige Cotoneaster-Monokulturen vermeiden, Lesesteinhaufen, Abbruchkanten, Totholzhaufen – für kleine ökologische Nischen findet sich fast immer Platz.
- Weniger ist mehr. Auf Düngung, Bewässerung, chemische Schädlings- oder Unkrautbekämpfung kann und sollte man auf naturnahen Flächen verzichten. Sowieso gilt: Naturnahe Pflege nutzt natürliche Dynamik und greift gezielt zum richtigen Zeitpunkt ein, um die besten Ergebnisse zu erzielen.
- Nutzlos gibt’s nicht: Naturnahe Firmengelände haben keine nutzlosen Flächen – und viele Flächen haben mehr Funktionalität. Das tote Eck und das Rückhaltebecken für Löschwasser sind wertvolle Habitate und Erholungsbeschleuniger für die Mitarbeiter gleichermaßen.
- Naturnahe Firmengelände fördern Biodiversität auch jenseits des Werkzauns: Mitarbeiter und Kunden zu informieren über die naturnahe Gestaltung ist nicht nur wichtig für die Akzeptanz der Flächengestaltung und die Außenwirkung des Unternehmens, sondern auch ein Beitrag, um Menschen über Nutzen und Schönheit biologsicher Vielfalt aufzuklären.
Nachgefragt
Sven Schulz, Projektleiter bei der Bodensee-Stiftung
Herr Schulz, immer häufiger sieht man im Stadt- und Landschaftsbild sogenannte Bienenweiden. Macht es auch für Unternehmen Sinn, Grünflächen so zu gestalten?
Ja natürlich – und zwar für Mensch und Biene gleichermaßen: Blütenbesuchende Insekten finden Nahrung, und weil solche Bienenweiden für lange Zeit im Jahr auch Augenweiden sind, gefällt es Mitarbeitern und Gästen auf dem Gelände auch: ein guter Beitrag für ein positives Betriebsklima. Solche Blühflächen sind auch für Baulandreserven geeignet – wenn diese noch für mindestens drei – besser fünf – Jahre zur Verfügung stehen. Bitte darauf achten, Saatgut aus heimischer Produktion und Samenmischungen für mehrjährige Blühflächen zu verwenden.
Gibt es weitere Dinge, die Firmen unternehmen können, um Biodiversität auf dem eigenen Grundstück zu stärken?
Klar. Das Spektrum reicht von Nisthilfen für Vögel, Insekten oder andere Tiere über die Umsetzung eines ökologischen Pflegeplans bis hin zur umfänglichen naturnahen Gestaltung des gesamten Geländes. Als Faustregel gilt: heimische Pflanzen – am besten Wildformen – nutzen. Monotone Gestaltung – wie die häufig sichtbaren „Cotoneaster-Monokulturen“ – vermeiden, und bei der Pflege der Grünflächen gilt „Weniger ist mehr – aber mit Verstand“.
Was sollten Unternehmen beachten, bevor Maßnahmen ergriffen werden?
Wenn man mehr macht als ein Vogelhäuschen anzubringen, sollte man sich die Frage stellen, wie lange eine Fläche zur Verfügung steht. Ein Feuchtbiotop für geschützte Arten hat auf der Baulandreserve nichts verloren. Dann sollte man sich darüber im Klaren sein, dass naturnahe Flächen Zeit brauchen, sich zu entwickeln – ein wenig Geduld ist nötig, bis die Flächen ihre volle Pracht entfalten. Zuletzt ist dann – je nachdem was man machen möchte – die Auswahl eines guten Dienstleisters wichtig.
Woher bekommen interessierte Unternehmen Unterstützung, wenn sie wissen wollen, ob und welche Maßnahmen im Einzelfall sinnvoll sind?
Auf unserer Internetseite findet sich viel Material von uns – aber auch von anderen Organisationen und Projekten: Leitfäden, Beispiele und sogar ein kleiner „Selbstcheck“ für Unternehmen. Außerdem bietet die Bodensee-Stiftung auch Erstberatungen an, die teilweise über den Fördergeber EU-LIFE finanziert sind. Darüber hinaus kann man mich auch anrufen, und ich gebe dann ein paar Tipps und Hinweise.
Interview: Simon Scholl
Bilder: Sven Schulz/Bodensee-Stiftung
Weitere Informationen gibt es im Internet auf der Seite des EU-Life-Projektes „Biodiversity Premises“.