Wenn der Vater in der Industrie arbeitet oder die Mutter als Mediengestalterin, entsteht automatisch ein Bild vom Beruf der Eltern. Kind weiß irgendwann: Das will ich auch mal werden! Oder eben nicht… Aber was, wenn nach der Schule die Ausbildung ansteht und die Schulabgänger kein Bild haben von dem, was ein Mechatroniker oder ein IT-System-Elektroniker so macht? Das Berufsorientierungsprogramm, kurz BOP, der IHK Südlicher Oberrhein soll diese Wissenslücke bereits in der Schulzeit füllen. Was es dazu braucht: Dozenten mit Freude an der Wissensvermittlung. Die werden gerade von der IHK gesucht.
„Kindern den beruflichen Alltag zu spiegeln, ist eine Schnittstellenaufgabe der IHK“, sagt Christa Schmid. Sie betreut das IHK-Berufsorientierungsprogramm „Praxiswerkstatt“. In Kooperation mit Haupt- und Werkrealschulen finden Schüler so den Weg zu einem zweiwöchigen Schnupperaufenthalt in den Ausbildungswerkstätten der IHK-Akademie Südlicher Oberrhein beziehungsweise in der Gewerbeakademie der Handwerkskammer Freiburg in Appenweier und beim Internationalen Bund in Freiburg. Auf diese Weise erhalten die Jugendlichen einen lebendigen, authentischen Einblick in die Ausbildungsrealität.
Schnittstellen benötigen aber auch „Schnitt-Menschen“. „Nur zugucken, was Auszubildende in bestimmten Berufen tun, ist nicht ausreichend. Wer von der Schule in den praktischen Alltag eingeladen wird, will auch ganz praktisch was machen“, ist Jutta Mack-Engler überzeugt. Sie spricht aus Erfahrung, denn die ehemalige Bürokauffrau ist zugleich Coach und Erlebnispädagogin und eine der Dozentinnen bei der IHK Südlicher Oberrhein, die sich in der Berufsorientierung für Schüler engagieren. Was ihr Antrieb ist für dieses Amt? „Es ist toll, Anteil nehmen zu dürfen, wenn junge Menschen aufwachen. Wenn sie neugierig werden darauf, wie es ist, selbst etwas zu gestalten. Ich glaube, der wesentliche Anteil unserer Dozententätigkeit besteht darin, Impulse zu geben.“
Das sieht auch ihr Kollege Gerhard Vester so. Der 70-Jährige ist heute Coach, Trainer und seit 15 Jahren Dozent bei der IHK. Der Informatiker trifft dabei mitnichten auf Computer-Cracks, wenn er mit den zwölf- bis 14-jährigen Jugendlichen zu tun hat: „Die können perfekt zocken, sind fit an Smartphone und Tablet, haben aber fast keine Erfahrungen mehr an einem Desktop-Computer“, blickt Vester auf die Realität. Dass das Bildungssystem vielleicht nicht mehr ganz zu den Kindern passt, sieht er für sich als Motivation: „Es ist toll, zu sehen, wie die Kids im praktischen Bereich engagiert sind, wie stolz sie sind, wenn ihnen eine Programmierung gelingt und sie zu mir kommen, um ihre Leistung zu zeigen.“
Den emotionalen Faktor, der im praktischen Erfahren der Berufe liegt, erfährt Jutta Mack-Engler auch in den Reflexionsgesprächen, die sie im Auftrag der IHK mit den Jugendlichen führt: „Wir fragen einerseits die Selbsteinschätzung ab, aber auch eine Beurteilung über die Dozenten, was ein sehr gutes Feedback für unsere Arbeit ist.“
Feedback bekommen die Dozenten manchmal sogar noch Jahre später. So ist Gerhard Vester auch schon mal einfach so beim Einkaufen angesprochen worden von einem ehemaligen Schüler, der sich gut an ihn erinnerte und ihm seinen Weg zum Fachinformatiker schilderte – und dass er und das Berufsorientierungsprogramm BOP diesen Weg definitiv beeinflusst hatten.
Dozentennachwuchs gesucht
Auch wenn der Dozentenjob so viel ideellen Reichtum beschert, steht Christa Schmid mit ihrer Kollegin Tatjana Weimer vor dem Problem, nicht ausreichend viele Dozenten rekrutieren zu können: „Wir wissen natürlich, dass diese Aufgabe zeitaufwändig ist. Sie beansprucht rund 26 Wochen im Jahr – und das aufgrund der Ferien sehr unregelmäßig.“ Die Praktikumstage dauern 6,5 Stunden, hinzu kommen Vor- und Nachbereitung für die Dozenten. Die Folge dieser Arbeitszeiten: Meist sind es Menschen im vorgerückten Alter, die sich als Dozenten engagieren, weil sie einfach die Zeit dafür aufwenden können.
Was für diesen Einsatz spricht, bringt Jutta Mack-Engler auf den Punkt: „Natürlich hat man als Dozentin das Gefühl, nur an einem ganz kleinen Rädchen zu drehen. Aber es ist ein tolles Gefühl, wenn man spürt, dass dieser Dreh in der Unendlichkeit dann doch eine große Wirkung hat. Es macht mir einfach Spaß und es erfreut mich, dass ich etwas bewirken kann.“ Und Gerhard Vester ergänzt: „Wenn ich mich manchmal mit Menschen aus meiner Generation unterhalte, habe ich definitiv das Gefühl, dass ich dank der Dozententätigkeit näher an der Zukunft dran bin und sie sogar mitgestalte.“
Text: dg
Bild: Adobe Stock/ViDi Studio
BOP-Dozent werden
Wer sich für die Dozententätigkeit bei der IHK Südlicher Oberrhein interessiert, kann sich bei
Christa Schmid
Telefon: 0761 3858-163
Mail: christa.schmid@freiburg.ihk.de
oder bei
Tatjana Weimer
Telefon: 0761 3858-162
Mail: tatjana.weimer@freiburg.ihk.de
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Gesucht werden Dozenten für kaufmännisch-verwaltende Industrieberufe (Verkehr, Lager und Logistik sowie Hotel und Gastronomie) und für gewerblich-technische Industrieberufe (IT, Medien, Metall und Elektro). Die Vergütung liegt bei 30 Euro/60 Minuten.