Ertragsteuerlicher Verlustrücktrag
Durch ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 24. April wurden Erleichterungen bezüglich des ertragsteuerlichen Verlustrücktrags bekanntgegeben, welche das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz vom 29. Juni in modifizierter Form gesetzlich verankert hat. Zu unterscheiden ist zwischen der Nutzung eines pauschalen Verlustrücktrags bei der nachträglichen Anpassung der Steuervorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2019 einerseits und der Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2019 andererseits. Beides setzt einen Antrag des Steuerpflichtigen für 2019 und die Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2020 auf null Euro voraus.
Die nachträgliche und pauschale Herabsetzung der Steuervorauszahlungen 2019 wegen coronabedingter Verluste war bereits durch das genannte BMF-Schreiben ermöglicht worden. Mit dem Steuerhilfegesetz wurde der pauschale Verlustrücktrag von 15 auf 30 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte erhöht. So ergibt sich beispielsweise bei einer Kapitalgesellschaft mit einem Gesamtbetrag der Einkünfte für 2019 in Höhe von 300.000 Euro, die Vorauszahlungen für 2019 geleistet hat, bei Berücksichtigung des pauschalen Verlustrücktrags (30 Prozent x 300.000 Euro = 90.000 Euro) ein zu versteuerndes Einkommen für 2019 von 210.000 Euro und damit durch die Erstattung geleisteter Vorauszahlungen eine zusätzliche Liquidität von 13.500 Euro (90.000 Euro x 15 Prozent Körperschaftsteuer), ohne bereits eine Steuererklärung für 2019 oder gar 2020 abgegeben zu haben.
Die Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2019 erfolgt grundsätzlich nach Abgabe der Steuererklärung, bei der – wie im Beispiel zuvor – ein pauschaler, vorläufig ermittelter Verlustrücktrag von 30 Prozent angesetzt werden kann. Die Steuerfestsetzung erfolgt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, sodass nachträgliche Änderungen jederzeit möglich sind. Im Rahmen der Veranlagung für 2020 im Jahr 2021 wird dann der tatsächliche Verlust und damit der mögliche Verlustrücktrag ermittelt. Aufgrund der Neuregelung muss der Steuerpflichtige aber nicht bis zur Veranlagung 2020 warten, vielmehr können im Rahmen der vorläufigen Veranlagung für 2019 durch den pauschalen Verlustrücktrag geringere Steuern festgesetzt werden, die zu einer „Liquiditätshilfe“ führen.
Durch individuelle Nachweise ist sowohl im Rahmen der Anpassung der Vorauszahlungen 2019, als auch im Rahmen der Veranlagung 2019, die Berücksichtigung eines höheren rücktragsfähigen Verlusts möglich. Darüber hinaus wurden durch das Steuerhilfegesetz die Höchstbetragsgrenzen beim einkommensteuerlichen Verlustrücktrag für Verluste der Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 von 1 auf 5 Millionen Euro bei Einzelveranlagung und von 2 auf 10 Millionen Euro bei Zusammenveranlagung angepasst. Der erhöhte Wert von 5 Millionen Euro gilt auch für die Körperschaftsteuer, eine Berücksichtigung bei der Gewerbesteuer entfällt, da diese nur einen Verlustvortrag jedoch keinen -rücktrag kennt.
Zuschuss zum Kurzarbeitergeld
Zur Vermeidung von sozialen Härten bedingt durch die Coronakrise wird neben dem von der Bundesagentur für Arbeit (BA) gewährten Kurzarbeitergeld (KUG) von manchen Arbeitgebern aufgrund tarifvertraglicher Verpflichtung oder freiwilliger Basis ein Zuschuss beziehungsweise ein Aufstockungsbetrag zum Kurzarbeitergeld gewährt. Während das KUG bereits in der Vergangenheit steuerfrei war (§ 3 Nr. 2 EStG), sieht für diesen Zuschuss erst das Corona-Steuerhilfegesetz vom 29. Juni 2020 eine Steuerbefreiung vor (§ 3 Nr. 28a EStG). Diese umfasst Zuschüsse des Arbeitgebers zum KUG bis maximal 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll- und Ist-Entgelt. Im Sozialversicherungsrecht gehören Zuschüsse in dieser Höhe bereits bisher nicht zum Arbeitsentgelt und sind daher beitragsfrei.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer (Steuerklasse III und Kinderfreibetrag 1,0) erzielt ein Bruttoarbeitsentgelt ohne Kurzarbeit in Höhe von 2.500,00 Euro (= Soll-Entgelt). Daraus ergibt sich ein rechnerischer Leistungssatz aus der Tabelle zur Berechnung des KUG der BA in Höhe von 1.295,11 Euro. Während der Kurzarbeit wird ein Ist-Entgelt von 1.250,00 Euro erzielt, der rechnerische Leistungssatz beträgt 675,36 Euro. Das KUG beläuft sich folglich auf 619,75 Euro (1.295,11 Euro abzüglich 675,36 Euro). Da die Steuerfreiheit des Zuschusses auf maximal 80 Prozent der Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt gewährt wird (1.250,00 Euro, davon 80 Prozent = 1.000,00 Euro), beträgt der maximal mögliche steuer- und beitragsfreie Zuschuss nach Abzug des Kurzarbeitergelds 380,25 Euro. Bei einem angenommenen Zuschuss von 500,00 Euro wäre nur der übersteigende Teil in Höhe von 119,75 Euro steuer- und beitragspflichtig.
Die dargestellte Steuerbefreiung wird rückwirkend für Lohnzahlungszeiträume ab März 2020 gewährt und gilt vorerst bis Dezember 2020. Im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2020 ist eine Verlängerung bis 31. Dezember 2021 geplant. Aufgrund der Rückwirkung sollten Arbeitgeber darauf achten, dass ein fälschlicherweise vorgenommener Lohnsteuerabzug auf angenommen steuerpflichtige Zuschüsse ab März 2020 zu korrigieren ist. Der Arbeitgeber hat neben dem KUG auch den steuerfreien Teil des Zuschusses in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung 2020 in der Zeile 15 zu erfassen.
Beim Arbeitnehmer unterliegen das steuerfreie KUG und der steuerfreie Zuschuss des Arbeitgebers dem Progressionsvorbehalt. Das heißt, der auf das übrige Einkommen anzuwendende Steuersatz wird unter Berücksichtigung der steuerfreien Leistungen ermittelt, so dass es unter Umständen zu einer Steuernachzahlung kommen kann. Sofern die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Leistungen 410 Euro übersteigen, ist der Arbeitnehmer zur Abgabe einer Steuererklärung 2020 verpflichtet. Um Verspätungszuschläge und Mahngebühren zu vermeiden, muss die Abgabefrist 31. Juli 2021 – beziehungsweise bei Beratung durch einen Steuerberater 28. Februar 2022 – beachtet werden.
Corona-Sofort- & Überbrückungshilfe
Die Corona-Soforthilfe konnte bis 31. Mai 2020 beantragt werden und hat sich unter anderem an gewerbliche Unternehmen, Soloselbstständige und Angehörige der freien Berufe gerichtet, die sich unmittelbar infolge der Coronapandemie in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Lage befunden haben. Daneben wurden die Überbrückungshilfe I (Fördermonate Juni bis August 2020; Antrag bis spätestens 9. Oktober 2020) und die Überbrückungshilfe II (Fördermonate September bis Dezember 2020; Antragsfrist derzeit noch offen) ebenfalls an vorgenannte Empfangsberechtigte beschlossen. Die Antragsvoraussetzungen wurden jedoch gegenüber der Soforthilfe erleichtert. Für die Antragstellung der Überbrückungshilfen muss ein prüfender Dritter (unter anderem Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwalt) eingeschaltet werden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass eine Corona-Soforthilfe anteilig auf die Überbrückungshilfe I anzurechnen ist, falls sich die Förderzeiträume überschneiden. Mit der Überbrückungshilfe II werden nun die Zugangsbedingungen erneut abgesenkt, die Förderung ausgeweitet und vereinfacht.
Diese nicht rückzahlbaren Zuschüsse aus der Soforthilfe und den Überbrückungshilfen sind als echter Aufwandszuschuss grundsätzlich als steuerbare Betriebseinnahmen zu erfassen und unterliegen somit der Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuer. Die Zahlungen sind in der Regel betrieblich veranlasst und nicht an die Erbringung einer bestimmten Leistung oder Investition geknüpft. Bei der Überbrückungshilfe I kann es im Rahmen der Schlussrechnung zu einer Rückzahlung der Zuschüsse kommen, sofern die geschätzten über den tatsächlichen Fixkosten liegen. Diese Rückzahlung wäre dann spiegelbildlich zur Auszahlung des Zuschusses als steuerlich abzugsfähige Betriebsausgabe zu erfassen, wodurch eine geringere Steuerlast entstehen würde. Bei der Schlussabrechnung der Überbrückungshilfe II sollen künftig nicht nur Nachzahlungen, sondern ebenso Rückforderungen möglich sein.
Da das Bundesprogramm zur Soforthilfe und zur Überbrückungshilfe Lebenshaltungskosten oder einen Unternehmerlohn bei den förderfähigen Kosten explizit ausschließt (nur Ansatz von anteiligen Fixkosten anstatt der tatsächlichen Personalaufwendungen), hat das Land Baden-Württemberg diese Programme aus Landesmitteln ergänzt: Es erlaubt Soloselbstständigen, Freiberuflern und für im Unternehmen tätige Inhaber von Einzelunternehmen und Personengesellschaften zudem einen Betrag von bis zu 1.180,00 Euro pro Monat als fiktiven Unternehmerlohn anzusetzen. Auch dieser Zuschuss ist im weiteren Sinne zur Erhaltung und Förderung des gewerblichen oder freiberuflichen Betriebs bestimmt, nicht privat sondern betrieblich veranlasst und nach allgemeiner Auffassung steuerpflichtig.
Sofort- und Überbrückungshilfe unterliegen als sogenannte echte nichtsteuerbare Zuschüsse nicht der Umsatzsteuer, weil die Zahlungen unabhängig von einer bestimmten Leistung gewährt werden. Da kein Leistungsaustausch vorliegt, sind die „Hilfen“ nicht steuerbar und somit auch in den Gesamtumsatz bei der Prüfung der Kleinunternehmergrenze nicht miteinzubeziehen.
Text: Hanns-Georg Schell/Claudio Schmitt/ Florian Huschka, Bansbach GmbH
Bild: Nuthwut Somsuk – iStock