Bedingt durch die Bundestagswahl imvergangenen September und die anschließende Regierungsbildung ist ein Jahressteuergesetz mit Änderungen für 2022 Stand Mitte Dezember noch nicht ergangen. Trotzdem stehen durch einige Gesetze der „alten“ Regierung und erste Planungen der neuen Koalition verschiedene Neuerungen ins Haus. Eine Übersicht über das, was kommt und was kommen könnte.
Im Rahmen der Einkommensteuer wird der steuerfreie Grundfreibetrag für das Jahr 2022 von 9.744 Euro (2021) auf 9.984 Euro erhöht. Zum Ausgleich der kalten Progression werden die übrigen Eckwerte des Einkommensteuertarifs angepasst. Kinderfreibetrag beziehungsweise Kindergeld bleiben unverändert zum Vorjahr. Für die Zukunft sieht der Koalitionsvertrag die Einführung einer Kindergrundsicherung vor. Diese besteht aus einem einkommensunabhängigen Garantiebetrag sowie einem vom Elterneinkommen abhängigen gestaffelten Zusatzbeitrag.
Für Corona-Sonderzahlungen an Arbeitnehmer wird die steuerfreie Auszahlungsfrist nochmals bis zum 31. März 2022 verlängert. Voraussetzung für die Steuerfreiheit bleibt, dass die Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt wird. Auch der Steuerfreibetrag von maximal 1.500 Euro bleibt unverändert, da lediglich der Zeitraum für die Gewährung gestreckt wird. Eine Zahlung von 1.500 Euro in mehreren Teilraten ist möglich.
Die Freigrenze für die Gewährung von Sachbezügen steigt ab dem Jahr 2022 von 44 Euro monatlich auf 50 Euro. Dies gilt nach wie vor nur, wenn die Sachbezüge zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden und es sich um Sachleistungen handelt. Nicht zu den Sachleistungen gehören Einnahmen in Geld, wie beispielsweise zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten. Die Nichtbeanstandungsregel für Gutscheine in Form von Geldkarten – zum Beispiel bestimmte Open-Loop-Karten –, die als Geldsurrogate im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können, ist zum 31. Dezember 2021 ausgelaufen.
Im Koalitionsvertrag der neuen Regierungsparteien ist für den Sparerpauschbetrag die Anhebung von 801 Euro beziehungsweise 1.602 Euro bei zusammenveranlagten Paaren auf 1.000 Euro und 2.000 Euro geplant. Die Homeoffice-Pauschale soll nach den Vorschlägen der Koalitionspartner bis zum 31. Dezember 2022 verlängert und für Arbeitnehmer in der Pflege der steuerfreie Pflegebonus auf 3.000 Euro erhöht werden. Auch ist im Vertrag die Einführung einer Steuerbefreiung von Zuschlägen für Pflegeberufe geplant. Darüber hinaus sieht der Koalitionsvertrag vor, Mitarbeiterkapitalbeteiligungen durch Anhebung des Steuerfreibetrags attraktiver zu machen.
Durch das zweite Corona-Steuerhilfegesetz 2020 wurden die Höchstbetragsgrenzen für den steuerlichen Verlustrücktrag der Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 von einer Million Euro auf fünf Millionen Euro bei Einzelveranlagung und von zwei Millionen Euro auf zehn Millionen Euro bei Zusammenveranlagung angehoben. Der erhöhte Wert von fünf Millionen Euro gilt auch für die Körperschaftsteuer. Die Verlängerung ist derzeit nicht gesetzlich verankert, wird im Koalitionsvertrag aber für die Veranlagungszeiträume 2022 und 2023 mit einer Verrechnung über die zwei vorangegangenen Veranlagungszeiträume – aktuell nur für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum – angedacht.
Ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten (ARAP) war laut einem Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg im Jahr 2019 bei Betriebsausgaben unterhalb der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (damals 410 Euro) nicht mehr auszuweisen. Der Fall wurde dem Bundesfinanzhof vorgelegt: Gemäß der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 16. März 2021 sind ARAP jedoch auch bei geringfügigen Beträgen zu bilden, da für Rechnungsabgrenzungsposten der Grundsatz der Wesentlichkeit und Verhältnismäßigkeit keine Anwendung findet. In Folge bleibt hinsichtlich aktiver und passiver Rechnungsabgrenzungsposten alles wie gehabt.
Eine „Superabschreibung“ soll laut Koalitionsvertrag für Unternehmen gewährt werden, die in den Jahren 2022 und 2023 in Projekte investieren, die in besonderer Weise dem Klimaschutz dienen. Auch die Investition in digitale Wirtschaftsgüter soll begünstigt sein. Welchen Umfang die Abschreibungen haben werden sowie die genaueren Bestimmungen der förderfähigen Investitionen sind bisher noch nicht festgelegt.
Bereits seit dem 1. Juli 2020 gilt für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen der ermäßigte Umsatzsteuersatz von sieben Prozent. Die Begünstigung für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes wurde bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Ausdrücklich ausgenommen ist wie bisher die Abgabe von Getränken. Hier kommt weiterhin der Regelsteuersatz zur Anwendung. Auch die Finanzverwaltung hat ihre für Pauschalangebote getroffenen Vereinfachungsregelungen für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen verlängert. Bei Angeboten, die sowohl Speisen als auch Getränke zum Pauschalpreis beinhalten, kann der auf die Getränke entfallende Entgeltanteil pauschal mit 30 Prozent angesetzt werden. Der Anteil, der der Umsatzsteuer von sieben Prozent beziehungsweise dem Regelsteuersatz unterliegt, darf folglich geschätzt werden.
Die Pauschbeträge für Verpflegung und Übernachtung bei Auslandsreisen, die das Bundesfinanzministerium für gewöhnlich einmal im Jahr anpasst, werden pandemiebedingt diesmal nicht zum 1. Januar 2022 neu festgesetzt. Es gelten also weiterhin die Pauschbeträge, die die Finanzverwaltung bereits zum 1. Januar 2021 veröffentlicht hat.
Corona in der Bilanz
Auch 2021 stand für viele im Schatten der Coronapandemie. Und sie begleitet den Jahres- und Konzernabschluss. Bei der Beurteilung der Auswirkungen von corona-induzierten Sachverhalten im Rahmen der Rechnungslegung spielt das Stichtagsprinzip eine maßgebliche Rolle. Was dabei zu beachten ist, erfahren Sie online:
www.wirtschaft-im-suedwesten.de/praxiswissen/rechnungslegung
Die steuerliche Forschungszulage wurde nach langjähriger politischer Diskussion zum 1. Januar 2020 eingeführt und begünstigt die Grundlagenforschung, industrielle sowie experimentelle Forschung (25 Prozent der förderfähigen Aufwendungen, Bemessungsgrundlage maximal zwei Millionen Euro pro Jahr, maximale Forschungszulage 500.000 Euro pro Jahr). Durch das Konjunkturpaket wurde die Forschungszulage erhöht: Für förderfähige Aufwendungen, die nach dem 30. Juni 2020 entstanden sind beziehungsweise vor dem 1. Juli 2026 entstehen, wurde die maximale Bemessungsgrundlage von zwei auf vier Millionen Euro pro Jahr verdoppelt, sodass Unternehmen in diesem Zeitraum bis zu einer Million Euro Forschungszulage pro Jahr erhalten können. Dafür muss das Unternehmen zunächst bei der Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ) einen Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung stellen. Nach Prüfung, Zustimmung und Ausstellung des Papiers ist die Forschungszulage beim Finanzamt zu beantragen. Die sodann festgesetzte Forschungszulage ist auf die Einkommen-/Körperschaftsteuer anzurechnen. Eine Aktivierung als sonstiger Vermögensgegenstand beziehungsweise die Minderung der Steuerrückstellung ist geboten, sofern die sachlichen Voraussetzungen zum Bilanzstichtag erfüllt sind und eine positive Bescheinigung der BSFZ bis zum Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses vorliegt. Zudem muss der Antrag beim Finanzamt bereits gestellt sein beziehungsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gestellt werden. Folglich setzt die Aktivierung eines Anspruchs auf Gewährung einer Forschungszulage nicht notwendigerweise voraus, dass der Antrag auf Festsetzung beim Finanzamt bis zum Zeitpunkt der Beendigung der Aufstellung des Abschlusses bereits gestellt worden ist.
Die Vorschriften für die Bemessung der Grundsteuer wurden aufgrund veralteter Datengrundlage bereits im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärt. Der Bund hat bereits im November 2019 neue Bewertungsregeln geschaffen und eine Öffnungsklausel für die Bundesländer eingeräumt, sodass zum Beispiel Baden-Württemberg (BW) ein eigenes Grundsteuergesetz im November 2020 verabschiedet hat. Zudem wird zum 1. Januar 2025 bundesweit ein sogenannter Grundsteuerwert den Einheitswert ablösen. Hierfür erfolgt die erste Hauptfeststellung der neuen Grundstückswerte zum Stichtag 1. Januar 2022. Daher werden alle Grundstücksbesitzer dazu aufgefordert, die Grundstücke neu zu bewerten und eine Feststellungserklärung abzugeben. Für BW soll die Übermittlung elektronisch über Elster erfolgen. In der Regel sind in der Erklärung die Grundstücksgröße und der Bodenrichtwert, der von der Kommune bekanntgegeben wird, einzutragen. Die elektronische Übermittlung wird in BW voraussichtlich ab dem
1. Juli 2022 möglich sein. Die Frist zur Abgabe endet nach derzeitiger Planung am 31. Oktober 2022.
Bei der Sozialversicherung haben sich die Beitragsbemessungsgrenzen zum 1. Januar leicht verändert (siehe Tabelle). Der Beitragssatz zur Krankenversicherung beläuft sich – genau wie schon 2021 – in diesem Jahr auf 14,6 Prozent des Bruttoeinkommens. Bei Arbeitnehmern trägt der Arbeitgeber hiervon die Hälfte. Die Krankenkassen erheben in der Regel individuelle Zusatzbeiträge, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber ebenfalls jeweils zur Hälfte tragen. Der Beitragssatz für die Pflegeversicherung beträgt wie im Vorjahr 3,05 Prozent, für Kinderlose über 23 Jahre 3,4 Prozent (Vorjahr 3,3 Prozent), der Beitragssatz zur Rentenversicherung wie zuvor 18,6 Prozent und zur Arbeitslosenversicherung weiterhin 2,4 Prozent.
Text: Claudio Schmitt, Bansbach GmbH
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