Herr Diekmann, Herr Hemmerling-Böhmer, was ist die Idee Ihrer Gründung?
Hemmerling-Böhmer: Mein Partner und ich beraten seit Jahren Pharmafirmen. Eines der großen Projekte auf EU-Ebene war die Umsetzung der sogenannten Falsified Medicines Directive und ihr Inkrafttreten zum 9. Februar dieses Jahres. Mit dieser Direktive will die EU Medikamente fälschungssicher machen. Eine der Maßnahmen dazu ist, dass der Hersteller während der Produktion auf jede einzelne Schachtel einen individuellen, zufällig ausgewählten Code, die Seriennummer, aufzubringen hat. Beim Verkauf muss der Apotheker diese Seriennummer scannen, bei der zentralen Meldestelle elektronisch auf Echtheit prüfen und bei Abgabe ausmelden.
Sie haben sich mit Ihrer Onlineplattform auf Klinikapotheken konzentriert. Warum?
Diekmann: Klinikapotheken vereinnahmen sehr große Mengen von Medikamentenschachteln. So beläuft sich beispielsweise der jährliche Umschlag der Klinikapotheke der Uni Freiburg auf circa 4,5 Millionen Schachteln. Individuelles Scannen der einzelnen Seriennummern ist bei diesen Mengen wirtschaftlich nicht mehr möglich, es würde die zusätzliche Beschäftigung mehrerer, entsprechend qualifizierter Arbeitnehmer erfordern. Erlaubt ist aber, dass Hersteller die Seriennummern einzelner Lieferungen den Klinikapotheken elektronisch zur Verfügung stellen. Unsere Onlineplattform bietet einen direkten Weg, dies aufwandsarm für alle zu realisieren.
Serianet GmbH
Gründer: Karl-Heinz Diekmann (54, links im Bild), Diplominformatiker, Thomas Hemmerling-Böhmer (62), Betriebsinformatiker und Industriekaufmann.
Ort: Freiburg
Gründung: Herbst 2018
Branche: IT/Onlinedienste
Idee: Onlineplattform für die „Warenbegleitende Datenlieferung“ zwischen Pharmaherstellern und Klinikapotheken im Rahmen der Serialisierung von Arzneimitteln
Wie funktioniert das?
Diekmann: Die Bereitstellung der Seriennummern einer physischen Lieferung als sogenannte Warenbegleitende Datenlieferung – kurz: WBDL – ist eine freiwillige Serviceleistung der Pharmafirmen. Der Service erleichtert den Klinikapotheken das Leben erheblich und stellt so sicherlich ein wichtiges Mittel zur Kundenbindung für die Pharmaunternehmen dar. Die Daten aus einer WBDL können durch die Klinikapotheke direkt zur Verifizierung und Ausmeldung aus dem nationalen Register genutzt werden. So entfallen die millionenfachen Einzelscans und damit auch hohe Kosten.
Wie arbeitet Ihre Onlineplattform?
Hemmerling-Böhmer: Jeder Teilnehmer hat einen individuellen Zugang, der ihm den sicheren Datenaustausch mit allen angebundenen Partnern ermöglicht. Die Hersteller scannen die Seriennummern auf die Plattform und stellen sie per Mausklick den Klinikapotheken zur Verfügung, die sie direkt verarbeiten können. Andererseits ist das System modular und offen: gescannte Seriennummern können auch als WBDL in Form von E-Mails mit gepackten Anhängen versandt oder eingelesen werden.
Wie groß ist der Markt?
Diekmann: Es gibt circa 500 Pharmahersteller in Deutschland und 500 bis 700 Klinikapotheken.
Und die Kosten?
Hemmerling-Böhmer: Je nach lizenziertem Modul und Übertragungsvolumen für Hersteller wie für Klinikapotheken maximal 4.000 Euro im Monat.
Interview: Ulrich Plankenhorn