Wirtschaft im Südwesten
9 | 2017
12
Leute
Hinter die
Kulissen
schauen
Michael Müller |
Gewerbliches Institut für Umweltanalytik
TENINGEN-NIMBURG.
Michael Müller (55) ist Diplom-Chemiker,
an der Freiburger Universität promoviert und Kaiserstühler. Die seien
gerne – und da erinnert Müller im Gespräch an den Widerstand ge-
gen das in den Siebzigerjahren geplante Atomkraftwerk in Wyhl –
von „eher rebellischer und eigenständiger Natur“. Er sei da keine
Ausnahme. In dieser Haltung habe er sich schon im Studium mit
seinem Kommilitonen Hans Albrich auf einer Wellenlänge befunden.
Während der Diplomarbeit beschlossen die beiden, sich gemeinsam
selbstständig zu machen und „keinen im Nacken
zu haben“. Müller als organischer Chemiker und
Albrich als anorganischer Chemiker ergänzten
und ergänzen sich ideal, um Umweltanalyse zu
betreiben – das heißt Wasser, Boden, Luft, Ab-
fall- und Baustoffe zu untersuchen und in den
Bereichen Trinkwasserversorgung, Abwasser-
technik, Altlasten, Bauüberwachung sowie Ab-
fallklassifizierung zu beraten.
Sie gründeten 1992 – also vor 25 Jahren – ihre Firma „Gewerbliches
Institut für Umweltanalytik GmbH“. Der Start erfolgte kurz nach der
beginnenden Umweltgesetzgebung in Deutschland. Die Abwasser-
verordnung kam, ebenso das Bundesimmissionsschutzgesetz. Mit
einem Kredit der damaligen Sparkasse Emmendingen von nahezu
einer Million D-Mark richteten Müller und Albrich ihr Labor ein.
Standort war und ist bis heute das erste Obergeschoss eines da-
mals neu errichteten Gewerbegebäudes in Teningen-Nimburg. Es
wurde gleich auf die Bedürfnisse des Labors mit Einrichtungen zur
Abluft und Abwasserreinigung, Klimaanlage, Versorgung mit Gasen
und anderem ausgestattet. Müller und Albrich, jeweils zur Hälfte
an der Gesellschaft beteiligt, begannen mit der Untersuchung von
Deponien, Abfällen und Abwässern auch aus Industriebetrieben
(beispielsweise Papier und Galvanik), wo damals vieles im Argen
lag. Sie warben gegenüber potenziellen Kunden mit dem Slogan
„Sie bezahlen uns nicht fürs Wegsehen, sondern fürs Hinschauen“
– und das offenbar mit Erfolg. Das Unternehmen ist heute eines
der wenigen inhabergeführten mittelständischen Analyselabors
in Süddeutschland. Die Branche hat sich inzwischen auf zwei bis
drei große Anbieter konzentriert. Müller und Albrich bieten außer
der Routineumweltanalytik vor allem umfassende Beratungsdienst-
leistungen an, und sie sind in der Forschung und Entwicklung in-
strumenteller Analyse in Kooperation mit namhaften Analysege-
räteherstellern tätig. Darüber hinaus arbeiten sie wissenschaftlich
eng beispielsweise mit der Bundesanstalt für Materialforschung
zusammen oder auch mit EU-Gremien, etwa wenn es um europaweit
einheitliche Untersuchungsstandards geht. Hans Albrich ist auch im
Normungswesen beim DIN in Berlin stark engagiert.
Tausend Kunden haben sie inzwischen, darunter 30 bis 40 große,
die sich regelmäßig ihrer Dienstleistungen bedienen, aber auch 400
bis 500 Höfe im Schwarzwald, deren Brunnenwasser sie untersu-
chen. Die großen Kunden sind neben namhaften Industriebetrieben
Städte, Landratsämter, das Regierungspräsidium oder Ministerien.
Außer der chemischen Untersuchung bieten Müller und Albrich auch
mikrobiologische Untersuchungen auf Keime an, zum Beispiel auf
Schimmelbildung in Bauten. Dafür haben sie Einrichtungen zur gen-
technischen Analyse installiert. Labortechnik ist im Übrigen teuer.
Die Analysemaschinen kosten schnell mal um die 200.000 Euro und
die beiden haben inzwischen die vierte Generation solcher Geräte
angeschafft. Diese können immer geringere Schadstoffkonzentra-
tionen und immer mehr Kombinationen von Stoffen erfassen. „Wir
sehen hinter die Kulissen“, sagt Müller.
Er stellt auch große Trends fest. Da ist einmal der Umstand, dass sich
auf Dauer mit solider Arbeit Einfluss auf die Politik nehmen lasse.
Außerdem: Die Umwelt sei deutlich sauberer geworden als dies in
den Siebziger- und Achtzigerjahren der Fall war – man denke nur an
die Bäche und Flüsse, die damals zu Kloaken geworden waren. Aber
»Auf Dauer lässt sich
was bewegen«