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9 | 2017

Wirtschaft im Südwesten

9

E

in Pionier in Sachen E-Bike ist die

Heinzmann-Gruppe

mit

Hauptsitz in Schönau. Anfang der 1990er-Jahre schon entwi-

ckelte das Unternehmen, das ursprünglich auf Regler für große

Dieselmotoren spezialisiert war, einen eigenen Elektromotor und ver-

baute diesen bald auch in ein Fahrrad. 1994 präsentierte Heinzmann

das wahrscheinlich erste E-Bike namens „Estelle“. Doch das Land war

noch nicht reif für elektrische Fahrräder – lediglich 500 Stück wurden

produziert und verkauft. Auch die vielversprechende Kooperation mit

dem ehemaligen Chrysler-Chef Lee Iacocca, der nach seiner Pensio-

nierung 1998 ein E-Bike konstruierte, für das Heinzmann den Motor

lieferte, verschaffte der Technologie noch keinen Durchbruch.

„Wir waren mit dem richtigen Produkt zur falschen Zeit auf dem

Markt“, sagt Heinzmann-Geschäftsführer Markus Gromer. Den

Boom, den das E-Bike ab Mitte der Nullerjahre erlebte, musste

Heinzmann an sich vorbeiziehen lassen, weil der Vertrieb nach

der Übernahme des Breisacher Elektromotorenherstellers Perm

2007 auf Rehatechnik ausgerichtet war. Nachdem Bosch & Co den

Markt für E-Bikes erobert hatten, suchte Heinzmann sich wieder eine

Nische. Das passt zum Unternehmen, das seine Verbrennungsmotor-

regler auch nicht für Pkw, sondern für alle möglichen Anwendungen

fernab der Straße entwickelt und produziert, allen voran für Schiffe

wie die Aida. Bei E-Bikes setzt Heinzmann nun auf Lastenräder, vor

allem auf solche für professionelle und gewerbliche Nutzer. Es geht

um die sogenannte letzte Meile, also um dicht besiedelte Gebiete

wie Innenstädte, aus denen alte Dieselmotoren zunehmend verbannt

werden. Mit Lastenrädern hat das Unternehmen schon Erfahrung

– bundesweit fahren rund 1.500 gelbe Posträder mit Heinzmann-

Motoren, die an einem leichten Surren zu erkennen sind. Und auch so

gut wie alle Velotaxis werden mit Technik aus Schönau angetrieben.

Einen weiteren Push versprechen sich Gromer und sein Geschäfts-

führerkollege Walter Burow von der jüngsten Generation des Elektro-

motors. Nach einer zweijährigen Entwicklungszeit steht der jetzt kurz

davor, in Serie zu gehen. „Die Leistung des Drehmoments ist absolut

spitze“, schwärmt Burow. Lastenräder mit diesem Heinzmann-Motor

könnten selbst hohe Gewichte und Steigungen bewältigen. Gerade

werden Prototypen an interessierte Hersteller geliefert, darunter

einige renommierte Namen. Damit könnte sich das Gewicht innerhalb

der Unternehmensgruppe weiter zum Geschäftsfeld Elektromobilität

verschieben. Bislang trägt es etwa ein Viertel zum Gesamtumsatz

von rund 62 Millionen Euro bei.

A

ußer dem Motor brauchen E-Bikes auch einen Akku. Ein Spe-

zialist für mobile Energieversorgung ist die

FSM AG

aus Kirchzarten. Sie zählte

Ende der Nullerjahre zu den Vorreitern in der

Lithium-Ionen-Technologie. Diese machte

Akkus deutlich leistungsfähiger und leich-

ter und dadurch überhaupt erst attraktiv

für vielerlei Anwendungen wie die Nut-

zung in Fahrradmotoren. „Die heutige

Art der Mobilität wäre undenkbar ohne

Lithium-Ionen-Technologie“, sagt Jörg Witt-

mer, FSM-Produktmanager für Mobile Energie-

versorgung. Mittlerweile stellt FSM unter dem Mar-

kennamen „AQPAK“ auch komplette Akkus her. Den weltweit ersten

seillosen Aufzug, den Thyssenkrupp Elevator im Rottweiler Testturm

installiert hat, versorgt beispielsweise ein AQPAK. Groß geworden ist

FSM indes mit einem wichtigen Teil von mobilen Energiequellen: Batte-

riemanagementsysteme (BMS). „Sie schützen Akkus vor all dem, was

Nutzer falsch machen könnten, etwa überladen oder kurzschließen“,

»Die heutige

Mobilität wäre

undenkbar ohne

Lithium-Ionen-

Technologie«

FAHRRADWIRTSCHAFT

IN ZAHLEN

Innerhalb seiner Radstrategie hat das baden-württembergi-

sche Verkehrsministerium 2015 ein Gutachten zur Fahrrad-

wirtschaft in Baden-Württemberg erstellen lassen. Demzufolge

„generiert sie in hohem Maße Wertschöpfung und sichert

Arbeitsplätze“. Die über 820 Unternehmen der Fahrradwirt-

schaft im Land (Fahrrad-, Komponenten- und Zubehörherstel-

ler, Händler, Dienstleister) sowie der Fahrradtourismus stehen

laut der Studie für einen Gesamtumsatz von gut 2,1 Milliarden

Euro und 32.000 Arbeitsplätze. Die Fahrradwirtschaft habe in

den vergangenen Jahren einen Aufschwung erlebt, dessen

Höhepunkt noch nicht abzusehen sei, heißt es. Sie profitiere

davon, dass immer mehr Menschen das Fahrrad imAlltag und

in der Freizeit nutzen. Allerdings sei eine weiter positive Ent-

wicklung der Fahrradwirtschaft auch davon abhängig, „dass

die Rahmenbedingungen für den Radverkehr derart gestaltet

werden, dass Radfahren für breite Schichten der Bevölkerung

zur Selbstverständlichkeit werden kann“. Dafür seien weitere

Anstrengungen des Landes, der Städte, Kreise und Kommunen

erforderlich. Die Autoren der Studie erwarten, dass weitere

Investitionen in die Infrastruktur für denAlltags- und den tou-

ristischen Radverkehr zu weiteremWirtschaftswachstum und

Beschäftigungsaufbau führen.

kat

Das 28-seitige Kurzgutachten zur

Fahrradwirtschaft in Baden-Württemberg gibt es als PDF

unter

www.fahrradland-bw.de

Bild: roibu - stock.adobe.com

Jörg Wittmer,

FSM AG