Seit 315 Jahren bearbeitet die Schwenninger Unternehmerfamilie Haller Eisen. Den Anfang machte im Jahre 1705 der Schmied Andreas Haller. Heute ist Haller ein Industriebauunternehmen mit 150 Mitarbeitern. Geschäftsführer Hans-Walter Haller ist Vertreter der elften Generation.
Villingen-Schwenningen. Die Überdachung für den Busbahnhof Singen ist das jüngste Vorzeigeprojekt der Firma Industriebau Haller. Die rund 2.000 Quadratmeter große Dachkonstruktion samt Stützen wurde im Werk in Schwenningen komplett aus Stahl gefertigt und ab Mitte dieses Jahres aufgebaut. „Da das Dach eine sehr komplizierte Geometrie aufweist, waren für die Konstruktion höchste Genauigkeit und stahlbauerische Fertigkeiten erforderlich“, erklärt Geschäftsführer Hans-Walter Haller. Turm und Hallen der Südwest-Messe in Villingen-Schwenningen, Neckarhalle sowie Helios-Arena sind weitere renommierte Projekte des Unternehmens. 10.000 Tonnen Stahl verarbeitet Haller im Jahr, für öffentliche wie private Auftraggeber vor allem in der Region.
Konstruktion und Bau von (teil)schlüsselfertigen Gebäuden, das heißt von Stahlkonstruktion samt Gebäudehülle, bietet das Familienunternehmen seit den 1960er-Jahren an. Den Werkstoff Eisen hingegen bearbeitet Haller seit 315 Jahren und hat somit eine außergewöhnlich lange Geschichte vorzuweisen. Der Sattlersohn und gelernte Schmied Andreas Haller machte sich im Jahr 1705 in Schwenningen selbstständig. Die Vertreter der fünf nachfolgenden Generationen taten es ihm gleich und führten die Schmiede weiter. Nicht so Jakob Haller, Schlossermeister und Vertreter der achten Generation. Er machte in den 1920er-Jahren aus der Schmiede ein Eisenwerk und damit an einem neuen Standort in Schwenningen aus dem Handwerks- ein Industrieunternehmen. Unter dem Namen Jakob Haller Eisenbau wurde es schnell überregional bekannt. Einen Einschnitt markierte Jakob Hallers Unfalltod auf einer Baustelle im Jahr 1932. Die Banken trauten dessen 25-jährigem Sohn Hans nicht zu, das Unternehmen weiterzuführen. Er musste das Eisenwerk verkaufen. Am alten Standort in der ehemaligen Schmiede machte er aber dank vorhandener Aufträge mit den alten Mitarbeitern weiter. Mit Erfolg: Bereits vier Jahre später errichtete er eine Werkshalle samt Bürogebäude. In den folgenden Jahrzehnten wuchs das Unternehmen kontinuierlich. 1963 trat Hans Halbers Sohn, der heutige Seniorchef Hans-Walter Haller (85), ins Unternehmen ein. Unter seiner Führung und später auch der seines Sohnes wurde das Portfolio nach und nach weiterentwickelt: Aus dem Stahl- wurde ein Industriebauunternehmen, das neben dem Stahltragwerk auch Dach, Wände, Türen, Tore und Fenster liefert. Ab den 1980er-Jahren siedelte Haller schrittweise an die heutigen Produktionsstandorte im Schwenninger Industriegebiet Rammelswiesen und in den Verwaltungssitz im Steinkirchring um. Heute hat das Unternehmen die Geschäftsbereiche Stahlbau und Metallleichtbau sowie – in Tochterfirmen – Werbe- und Dachtechnik.
Seit 25 Jahren stehen der promovierte Bauingenieur Hans-Walter Haller (57) sowie der Stahl- und Metallbautechniker Jürgen Gabele (51) an der Firmenspitze. Seit vergangenem Jahr bilden sie mit dem Schweißfachingenieur Michael Oexle (47) ein Führungstrio. Gabeles Sohn Philipp (25) und Hans-Walter Hallers gleichnamiger 29-jähriger Sohn arbeiten bereits im Unternehmen mit. Diese sowie Hallers jüngere, noch studierende Brüder Alexander (28) und Nikolas (25) stehen laut ihren Vätern bereit, um das Unternehmen einmal in zwölfter Generation weiterzuführen.
In der Firmengruppe sind heute 150 Mitarbeiter beschäftigt, darunter 20 Lehrlinge, von denen die meisten zu Konstruktionsmechanikern ausgebildet werden. Die Haller-Azubis sind nicht nur fachlich, sondern auch sozial engagiert: Während des Lockdowns im Frühjahr stellten sie einen Einkaufsservice für ältere und kranke Menschen auf die Beine.
mae