„Es war ein außergewöhnliches Jahr“, sagte Matthias Altendorf, CEO von Endress + Hauser, auf der Bilanzpressekonferenz Mitte Mai. „In allen Branchen, Regionen und Produktbereichen haben wir uns weiterentwickelt.“ Der Umsatz stieg um 9,5 Prozent auf rund 2,5 Milliarden Euro, das Ergebnis nach Steuern betrug 233 Millionen Euro. Und der Messtechnikspezialist brachte erneut rund 50 Innovationen auf den Markt. Ideen dafür werden unter anderem in Freiburg entwickelt.
Reinach/Freiburg. Sie sollen „Keimzellen für Innovationen sein“, wie Endress + Hauser-Chef Matthias Altendorf betonte: Sensorspezialisten, Informatiker und Automatisierungsexperten aus verschiedenen Abteilungen des Unternehmens entwickeln im Rahmen des Campus-Projekts Freiburg zusammen mit Wissenschaftlern von Fraunhofer-Institut und Universität Freiburg Ideen für Innovationen für die Industrie 4.0. Für das Unternehmen ist das Projekt einer von mehreren Wegen, der Digitalisierung zu begegnen. „Erste Ansätze zeigen, dass es funktioniert und Früchte tragen wird“, sagte Altendorf.
Ein weiteres neues Projekt des Familienunternehmens, das unter der Dachgesellschaft im schweizerischen Reinach 134 Firmen in 48 Ländern vereint, ist es, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. So, wie es bereits die US-Tochter erfolgreich vorgemacht hat, wo innerhalb von fünf Jahren deren Anteil von 14 auf 21 Prozent gesteigert werden konnte. Im gesamten Konzern sind etwa 30 Prozent der knapp 14.000 Beschäftigten Frauen – aber nur fünf Prozent arbeiten auf der obersten Führungsebene. Allerdings müssten auch mehr Frauen eine technische Ausbildung absolvieren, die in der Branche häufig nötig sei, so Altendorf. Zugleich betonte er, wie wichtig Diversität unter anderem zum Fördern von Innovationen, Produktivität und Gemeinsinn sei und wies darauf hin, dass Menschen aus 96 Nationen bei Endress + Hauser arbeiten würden.
Das Unternehmen ist in den Geschäftsfeldern Prozess- und Labor- automatisierung tätig. Im ersten werden Produkte, Lösungen und Dienstleistungen zur Durchfluss-, Füllstand-, Druck- und Temperaturmessung, zur Prozess-analyse sowie zum Datenmanagement entwickelt, im zweiten analytische Instrumente und bioanalytische Systeme unter der – zurzeit allerdings schwächelnden – Marke Analytik Jena. Die Kernbranchen sind (Petro-)Chemie, Energie und Kraftwerke, Grundstoffe und Metalle, Lebensmittel, Life Sciences, Öl und Gas sowie Wasser und Abwasser.
Dass zuvor zurückhaltende Unternehmen aus vielen dieser Branchen nun wieder stärker investiert haben, trug neben dem günstigen Ölpreis und den niedrigen Zinsen zu den guten Geschäften von Endress + Hauser im vergangenen Jahr bei. Nicht nur die Umsatzzuwächse um 9,5 Prozent – in Schweizer Franken gerechnet wären es sogar plus 12,9 Prozent gewesen – an sich sind bemerkenswert. „Ein so breit abgestütztes Wachstum erleben wir selten“, sagte Altendorf. Am stärksten zugelegt hat Endress + Hauser in Amerika (plus 13 Prozent), gefolgt von Asien/Pazifik (plus 10,6 Prozent) und Afrika/Naher Osten (plus 10 Prozent). Mit einem Umsatzplus von 7,3 Prozent in Europa lag man auch hier über dem allgemeinen Wirtschaftswachstum, wie Finanzvorstand Luc Schultheiss betonte. Das Ebit stieg 2018 um 31,4 Prozent auf 331 Millionen Euro, das Ergebnis nach Steuern um 11,2 Prozent auf 233 Millionen Euro. Die Eigenkapitalquote betrug 71 Prozent.
2018 hat Endress + Hauser weltweit 159 Millionen Euro investiert, für dieses Jahr sind 260 Millionen Euro geplant. 45,8 Millionen Euro davon flossen 2018 in die Region, dieses Jahr sind es 65,2 Millionen Euro. So wird die Füllstand- und Druckmesstechnikproduktion in Maulburg zurzeit für 46 Millionen Euro erweitert. Und in Weil am Rhein wird das Vertriebsgebäude für zwölf Millionen Euro modernisiert. An den Standorten in Maulburg, Weil am Rhein und Freiburg waren zum Jahresende insgesamt 2.458 Mitarbeiter beschäftigt, 66 mehr als 2017. Konzernweit stieg die Mitarbeiterzahl um 629.
Eine weitere Veränderung: Die Eigentümer haben ihre Familiencharta, die es seit 2006 gibt, überarbeitet. Der Grund: Mehr Familienmitglieder als bisher sollen im Unternehmen mitarbeiten und es auch prägen. Bislang war dies nur als Geschäftsführer einer Gruppenfirma oder als CEO – diesen Posten hatte der Verwaltungsratspräsident Klaus Endress bis 2014 inne – möglich. Da aber inzwischen nur noch ein Mitglied der dritten Generation, Steven Endress, Geschäftsführer der britischen Niederlassung, im Unternehmen arbeitet, wurden die Hürden dafür gesenkt. Künftig können Mitglieder der Familie auf allen Ebenen dauerhaft mit- und sich auch hocharbeiten. „Wir legen dabei die gleichen Maßstäbe an wie an jeden anderen Mitarbeiter“, betonte Klaus Endress.
mae