Willstätt. Das Jahr 2018 war ein bewegtes für die Philipp Kirsch GmbH. Der Hersteller von medizinischen Kühlgeräten hat den Umzug von Offenburg nach Willstätt sowie die damit einhergehenden Veränderungen in der Produktion abgeschlossen. Rund zwölf Millionen Euro haben das Produktions- und Verwaltungsgebäude sowie Maschinen und Anlagen gekostet. Dafür hatte Kirsch Unterstützung aus dem Programm „Spitze auf dem Land“ des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums erhalten. Der Neubau bietet 4.500 Quadratmeter Produktions- und 2.000 Quadratmeter Lagerfläche. Auf dem über 20.000 Quadratmeter großen Grundstück ließe sich zudem noch anbauen.
Grund für den Umzug war der Platz: In Offenburg hatte das Unternehmen die Kapazitätsgrenze erreicht. Um weiter wachsen zu können, war laut Geschäftsführer und Gesellschafter Jochen Kopitzke deshalb ein Umzug unausweichlich. Am neuen Standort sind nun alle Teile der Verwaltung und Produktion sowie das Lager vereint. Zugleich hat Kirsch die Produktion neu organisiert, von Losgrößen hin zu auftragsbezogener Fertigung. „Wir haben uns komplett neu erfunden“, sagt Kopitzke. Die Anordnung der neuen Räume fördere die Kommunikation, und die Veränderungen machen sich dem Chef zufolge bereits bemerkbar. „Wir spüren eine neue Dynamik, weil die Mitarbeiter sich ständig über den Weg laufen“, sagt er. Am alten Standort, genau genommen waren es zwei, seien die Informationen zwischen den Abteilungen aufgrund der räumlichen Trennung eher spärlich geflossen. Jetzt hätten sich die Projektdurchlaufzeiten verkürzt. „Informationen vom Markt wandern sofort zur Konstruktion und von dort zur Produktion“, berichtet Kopitzke. Zwischen der Qualitätssicherung und dem ersten Arbeitsschritt liegen nur wenige Meter, sodass auftretende Fehler wesentlich schneller behoben werden können.
Die Philipp Kirsch GmbH ist laut eigenen Angaben Pionier und Marktführer für Kühlgeräte zur Lagerung von Medikamenten und Blutkonserven. Das Unternehmen hat eine lange Geschichte. Gegründet wurde es 1865 in Offenburg als Kupferschmiede. Um die Jahrhundertwende herum stellte Kirsch die ersten Eiskühlschränke her, die von Destillerien und Bierbrauern genutzt wurden. Später kam der Kühlthekenbau hinzu, der vor allem in der Nachkriegszeit boomte. Erst 1999 zog sich das Unternehmen aus der Gastronomie zurück und konzentrierte sich auf medizinspezifische Kühlschränke, die deutlich konstanter, leistungsstärker und zugleich sparsamer sind. Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Physikalische Messtechnik entwickelt Kirsch in einem vom Bund geförderten Projekt eine neue Kühltechnik. Die sogenannte Magnetokalorik basiert auf Materialien, die in einem Magnetfeld ihre Temperatur ändern. Dieser Effekt wird genutzt, um leise und energiesparend Kälte zu erzeugen. Spätestens in acht Jahren sollen die ersten Geräte marktreif sein.
Die wichtigsten Kunden sind heute Krankenhäuser, Pharmahersteller und Apotheken in rund hundert Ländern. Die Exportquote will Jochen Kopitzke auf 50 Prozent steigern. Der promovierte Controller hat das traditionelle Offenburger Familienunternehmen mit seinen rund 70 Mitarbeitern 2012 übernommen. Sein Vorgänger und -besitzer Georg Kirsch hatte keinen familieninternen Nachfolger gefunden. Seit dem Verkauf ist Kirsch so stark gewachsen, dass der Umzug von der Offenburger Oststadt auf die grüne Wiese früher als ursprünglich geplant nötig wurde, erzählt Kopitzke. Wachstums- oder Umsatzzahlen veröffentlicht er nicht.
kat