Binnen weniger Monate hat die Univent Medical GmbH in Villingen-Schwenningen eine Produktion für partikelfiltrierende FFP 2-Masken aufgebaut und dabei 120 neue
Arbeitsplätze geschaffen. Derzeit produziert das Unternehmen etwa acht Millionen Masken pro Monat.
Villingen-Schwenningen. Filtrierende Atemschutzmasken – die Abkürzung FFP steht für „Filtering Face Piece“ – waren zu Beginn der Pandemie Mangelware, und die eilig beschafften Masken aus Asien erwiesen sich als in einem Maße untauglich, dass die Bundesregierung sogar öffentliche Warnungen aussprach. Noch immer sind millionenfach unzureichende Masken selbst in Krankenhäusern im Einsatz, wie eine Reportage von Report Mainz noch im November zeigte. Eine aktuelle Untersuchung des öffentlich bestellten und vereidigten Konstanzer Sachverständigen Roland Ballier mit zehn zufällig in Apotheken im Südwesten sowie im Internet gekauften FFP 2-Masken brachte ebenfalls ein ernüchterndes Ergebnis: neun von zehn Modellen fielen trotz CE- oder KN95-Kennzeichnung durch, zumeist wegen unzureichender Filterleistung, aber auch wegen zu hohen Atemwiderstands.
„Bei Univent haben wir hingegen von Anfang an die Qualität an die erste Stelle gesetzt“, betont Geschäftsführer Thomas Vosseler. Das ist kein Marketingsprech, denn das Unternehmen hatte bereits vor Aufnahme der Maskenproduktion ein eigenes Testlabor eingerichtet. Das war für die Firma ein Kraftakt mit einer sechsstelligen Investition, „hat sich aber voll ausgezahlt“, so Vosseler. Der Gründer und Eigentümer des Gleitschirmherstellers U-Turn, der mit zahlreichen Innovationen zu den erfolgreichen Herstellern in der Branche zählt und über eine komplette Produktrange von Schulungsschirm bis zu Spezialanfertigungen für Profis verfügt, kauft in China technische Materialien für deren Herstellung ein und hat gelernt, Spezifikationen der Stoffe zu überprüfen.
Vosselers Geschäftsidee, in die Maskenproduktion einzusteigen, entstand früh: „Auf einmal gab es keine Stoffe mehr, die Hersteller sagten, die Regierung in China habe sie zur ausschließlichen Herstellung von Material für Schutzmaterial verpflichtet.“ Zusammen mit der Unternehmerfamilie Müller, Eigentümer von Helios Ventilatoren, einer wachstumsstarken Firma mit mehr als 400 Mitarbeitern, beschloss Vosseler, am Förderprogramm der Bundesregierung zur „Errichtung von Produktionsanlagen von persönlicher Schutzausrüstung und dem Patientenschutz dienender Medizinprodukte sowie deren Vorprodukte“ teilzunehmen – mit Erfolg. Seit Sommer 2020 produziert Univent Medical nun Schutzmasken auf acht Produktionslinien, die man früh bei einem auf Stoff- und Vliesverarbeitung spezialisierten Maschinenbauer in der Schweiz geordert hatte. Die Gesamtinvestition beziffern die Unternehmer auf einen zweistelligen Millionenbetrag.
Seit einigen Monaten läuft die Produktion auf Volltouren. Für zwei Millionen Masken monatlich hat sich die Bundesregierung das Vorkaufsrecht im Gegenzug zur Förderung gesichert, diese Menge wird auch voll geordert. Kliniken, Apotheken und Arztpraxen aller Fachrichtungen zählen ebenfalls zu den Direktkunden, ein Teil der Produktion wird über Onlineshops auch an Privatkunden verkauft. Gerade vom medizinischen Fachpersonal komme sehr positives Feedback wegen des geringen Atemwiderstands und des hohen Tragekomforts. Zuletzt haben das Deutsche Rote Kreuz sowie die Unikliniken in Freiburg, Augsburg und Essen Großmengen bestellt. „Die Empfehlungen der Mediziner untereinander zeigen uns, dass wir mit Qualität auf dem richtigen Weg sind“, sagt Vosseler.
Die Qualitätssicherung umfasst die Prüfung des Filtermaterials, des sogenannten Meltblown. Dabei handelt es sich um einen Vliesstoff, der in einem aufwendigen Heißblasverfahren – daher der Name – produziert wird. Verwendet werden ausschließlich Meltblownrollen, die deutlich oberhalb des geforderten Wertes von 94 Prozent Aerosolabscheidung liegen – und die gleichzeitig geringen Atemwiderstand aufweisen. Die Filterwirkung des Meltblowns kann pro Rolle um 1,5 Prozent variieren, „wobei unseren Messungen des Rollenverlaufes zufolge im Mittel eher eine Abweichung nach oben eintritt“. Stichproben, die von jeder Rolle im eigenen Testlabor untersucht werden, bestätigen dies, in den Handel kommen ausschließlich Univent-Masken unter der Markenbezeichnung „atemious pro“ mit einer Filterleistung von mehr als 97 Prozent. Der Atemwiderstand liegt bei weniger als 60 Prozent des nach CE-Kennzeichnung erlaubten Wertes. „Gerade für medizinisches Personal, das die Masken über eine lange Schicht tragen muss, ist dieser Wert ebenso wichtig wie die Filterleistung“, betont Vosseler.
Jede einzelne Maske lässt sich rückverfolgen, denn ein Zeitstempel dokumentiert Produktionszeit und –linie. So lässt sich exakt sagen, welches Meltblown, welche Vliese, Nasenbänder et cetera verwendet worden sind. Denn für jede Linie wird lückenlos ein digitales Tagebuch über die jeweils eingesetzten Produktionsmittel geführt, wie Produktionsleiter Jürgen Eichinger ergänzt. Zusätzlich erfolgt für jede Maske eine manuelle Prüfung: Nasenclip, Ohrbänder, Randverschweißung und weitere Merkmale werden von Hand gecheckt.
Für die Tatsache, dass medizinisches Personal noch immer mit unzureichendem Material arbeiten muss, hat Vosseler kein Verständnis, immerhin beobachtet er aber ein Umdenken. Die Kliniken würden Ware vermehrt prüfen. Dank der hohen Filterwerte bei geringem Atemwiderstand stehe dann die „atemious pro“-Maske häufig ganz oben auf der Liste. „Die Einkäufer geben sich mittlerweile bei uns die Klinke in die Hand, um sich von der Qualitätssicherung zu überzeugen.“ Klar ist: Der Aufwand schlägt sich im Preis nieder, mit Importware kann und will sich Univent nicht messen. Interessant wird es daher Vosselers Auffassung nach, wenn die Pandemie abebbt und damit der starke Nachfrageüberhang bei Masken: „Wir setzen auf Qualität und darauf, dass es den Nutzern hierzulande einen kleinen Aufpreis Wert sein wird, auf Produzenten made in Germany zurückgreifen zu können.“
sp