Grenzach-Wyhlen. Bevor er selbst den Raum betritt, ist Hagen Pfundner virtuell beim Mediengespräch der Roche Pharma AG anwesend: Sein Kopf ist auf einem Bildschirm auf Rädern zu sehen, der durch den Besprechungsraum rollt. Auf diese Weise begrüßt Pfundner die Journalisten, die nicht wie sonst üblich an Tischen im Halbkreis, sondern an verschiedenartigen, teils mit angebrachter Schreibplatte versehenen, im Raum verteilten Stühlen sitzen. Der Konferenzraum ist Teil des neuen, aus Holz gebauten „Bau 18“ genannten u-förmigen Pavillons. 2,3 Millionen Euro hat es gekostet und wurde 2018 eingeweiht. Hier können bis zu 50 Mitarbeiter aus festen oder Projektteams jeweils eine Zeitlang zusammenarbeiten und sollen so kreativ werden.
Im Kleinen, auf rund 900 Quadratmetern, wird so erprobt, was Roche 2021 im sogenannten „Flexible Office Building“ mit 200 Arbeitsplätzen, mehreren Veranstaltungsräumen mit Platz für bis zu 500 Teilnehmern und insgesamt fünf Stockwerken im Großen einführen will. Es ist mit 23 Metern dann nicht nur das höchste Gebäude auf dem Firmengelände, sondern mit einem Volumen von rund 60 Millionen Euro auch die größte Einzelinvestition des Unternehmens in seiner Geschichte. Fertiggestellt sein soll es, so wie auch die Umgestaltung der Außenflächen zu einem parkähnlichen Campus, wenn Roche in rund zwei Jahren das 125-jährige Bestehen des Standortes feiert. All dies kündigte Hagen Pfundner an, als er persönlich beim Mediengespräch anwesend war.
Zudem präsentierte er die Geschäftszahlen des Jahres 2018. Dies sei erfolgreich verlaufen, sagte er. Im deutschen Markt setzte die Roche Pharma AG mit 2,678 Milliarden Euro allerdings erneut weniger als im Vorjahr um (2017: 2,693 Milliarden Euro). Ebenfalls wie 2017 mussten die Sparten Pharma (1,833 Milliarden Euro Umsatz, minus 0,8 Prozent) und Diabetes Care (258 Millionen Euro, minus 2 Prozent) Rückgänge hinnehmen, während die Sparte Diagnostics (587 Millionen Euro, plus 0,9 Prozent) zulegen konnte. Auch die Gründe sind dieselben: Wegen ausgelaufener Patente und damit einhergehend günstigerer Nachahmerpräparate auf dem Markt hat Roche Umsatz eingebüßt. Die Strategie des Unternehmens ist es, „den Wegfall durch die Einführung neuer Produkte zu kompensieren“, so Pfundner. Roche stünde dabei unter einem enormen Innovationsdruck, die Ergebnisse der Jahre 2017 und 2018 hätten aber gezeigt, dass sich Roche diesem Druck erfolgreich widersetze. „Wir hoffen, langfristig wieder in die Wachstumsphase zu kommen“, sagte Pfundner. Er berichtete von insgesamt 67 neuen molekularen Wirkstoffen, von denen 24 in den nächsten vier Jahren auf den Markt gebracht würden. Für 2019 kündigte er fünf Zulassungserweiterungen und eine Neuzulassung an. Letztere sei ein Produkt, das bei einer speziellen Blutkrebsart zum Einsatz komme, für die es bisher keine Medikamente gab, und einen „signifikanten Innovationssprung“ darstelle.
Es gibt nicht nur andere Produkte, auch das Unternehmen selbst verändert sich. Zum einen wandelt sich, passend zu den neuen Räumen, die Firmenkultur. Geschäftsleitungstreffen finden nicht mehr mit klassischer Sitzordnung und zu festen Terminen statt, sondern laut Pfundner nur noch dann, wenn sie sinnvoll sind. Außerdem erhalten Mitarbeiter mehr Entscheidungskompetenzen. „Wir wollen Wagnisse zulassen“, sagte er. Kontrollmechanismen gebe es aber nach wie vor. Außerdem hat Roche die Mehrheit an zwei innovativen, US-amerikanischen Unternehmen übernommen, die in der Digitalisierung führend sind. Das ist zum einen Foundation Medicine, Pionier bei der Entschlüsselung und genetischen Analyse von Krebserkrankungen, und zum anderen Flatiron, ein Spezialist für die Digitalisierung von Krankenakten. Von den Beteiligungen sowie der Unterstützung von deutschen Start-ups erwartet sich Pfundner einen Innovationsschwung.
Die weiteren Investitionen: Die firmeneigene Kita wurde 2018 für 3,3 Millionen Euro erweitert, das Personalrestaurant für 600.000 Euro modernisiert, für 6,5 Millionen Euro wurde ein bestehendes Gebäude im Ort zu einem Boardinghouse für Beschäftigte umgebaut, und Roche hat die Sanierung des ersten von drei Baufeldern der Kessler-Grube abgeschlossen (Gesamtkosten rund 230 Millionen Euro). Außerdem wurden 2018 in Grenzach 62 neue Mitarbeiter eingestellt, sodass ihre Zahl zum Jahresende auf 1.507 angestiegen ist.
mae