1863 – In den Vereinigten Staaten ist Abraham Lincoln noch Präsident, in Baden regiert Großherzog Friedrich I. und in Freiburg gründet Joseph Schneckenburger eine Tapetenhandlung, in deren Firmierung 1884 zum ersten Mal der Name Frese auftaucht. Tapeten sind zwar mittlerweile eher out, aber bei Freses geht man ohnehin mit der Zeit. Eine Geschichte von viel Leidenschaft und ebensolchem Durchhaltewillen.
Freiburg. Teppiche und Tapeten sind nicht mehr so gefragt, aber wenn eine ganze Branche schrumpft, tun sich Nischen auf – und die hat Philipp Frese gefunden: Textiler Sicht- und Sonnenschutz, der auch Hitze und Kälte abhält; Rollos und Plissees, auf Maß gefertigt, die zwar transparent sind, aber trotzdem zur Verblendung und Verschattung taugen; technische Neuerungen, die für eine angenehme Akustik sorgen, „so dass einem die Ohren nicht hallen, wenn der Fernseher läuft, oder man sich am Telefon noch mit dem Kunden verständigen kann.“ Das sind die Herausforderungen im privaten Wohnbereich, der immer puristischer wird, und in modernen Büros, wo offene Räume im Trend sind. Damit macht die Frese GmbH mittlerweile etwa ein Drittel ihres Umsatzes.
Philipp Frese ist seit 1997 Inhaber und Geschäftsführer und leitet den Freiburger Raumausstatter in fünfter Generation. Qualitativ hochwertige und höherpreisige Manufakturlösungen, die sich abgrenzen von Fertiglösungen, bietet das Unternehmen – gegründet 1863 – seit 160 Jahren an. Wie es weitergeht, ist derzeit offen und hängt entscheidend davon ab, wie sich die nächsten Jahre wirtschaftlich entwickeln. Dazu kommt: „Ich selbst habe noch eine Restlaufzeit von zirka zehn Jahren, und ich kann nicht sagen, wie die Nachfolge aussieht“, so der Chef. Zwar wäre es für ihn „bei dieser Historie“ ein besonderer Reiz, eine Familienlösung zu finden – zwei Söhne sind da –, letztlich sehe er das aber eher emotionslos: „Man muss die Lebensentwürfe der Kinder akzeptieren.“
Er selbst ist da „reingerutscht“, wie er sagt: Hat sich erst als Schüler und später als Student der Volkswirtschaft in der Firma nützlich gemacht – das war die Phase, als Vater Hermann Frese, der 1961 in das Unternehmen eintrat und es 1973 in eine GmbH umwandelte, vier Jahre lang Präsident der IHK Südlicher Oberrhein war und viel unterwegs.
Sohn Philipp merkte, dass ihm die Arbeit Spaß macht und dass er in Freiburg bleiben möchte. Er hat gerne experimentiert und mutige Entscheidungen getroffen, etwa „raus aus der Innenstadt“, wo der Laden in der Rathausgasse lange von Orientteppichen und edlen Seidenstoffen lebte, hinaus an den südlichen Stadtrand. 2008 legte er hier die Standorte zusammen: Das Pssst-Bettenhaus, vom Vater 1988 gegründet und von Ehefrau Constanze Frese geleitet, war bereits in der Basler Straße.
Neben der unternehmerischen Herausforderung spielt immer die ästhetische Komponente eine Rolle: „Tolle Materialien, mit denen es Spaß macht, zu arbeiten“, optische Kriterien, die Qualität der Stoffe zum Schlafen, Wohnen oder Möbelpolstern – Philipp Frese beobachtet gerade wieder eine gewisse Tendenz zum Textil. „Das gehört wegen der Gemütlichkeit zu einer guten Einrichtung einfach dazu.“ Das Unternehmerpaar nimmt sich viel Zeit für Lieferanten, Ware und Sortiment – die Expertise besteht unter anderem darin, das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu finden.
Harte Zeiten für kleine Firmen
Eine Hochzeit hatte die Firma Frese Mitte der 1970er-Jahre. Damals gab es 20 Mitarbeiter, heute sind es noch acht und keine Azubis mehr. Bewerber gibt es, aber die Ausbildung ist aufwändig – wie das Handwerk in der Werkstatt, wo Vorhänge genäht und Möbel bezogen werden. „Um in der Branche handwerklich gut zu sein, braucht man vier bis fünf Jahre, und es ist uns nicht gelungen, die Ausgebildeten im Betrieb zu halten“, so der Geschäftsführer. Viele seien in andere Bereiche gewechselt, da sie sehr vielfältig ausgebildet worden seien. „Dafür ist Ausbildung einfach zu teuer. Die Kosten müssten stärker gefördert werden.“
Es ist nicht einfacher geworden, erfolgreich am Markt zu bestehen. Eine ganze Reihe von Wettbewerbern ist bereits verschwunden. Gerade kleinere Unternehmen belastet die Bürokratie, vor allem bei Ausschreibungen und Aufträgen von öffentlichen Kunden – der Aufwand hat sich vervielfacht in den vergangenen Jahren. Auch der Fachkräftemangel ist ein Thema, das die Zukunft unsicher macht. Deshalb ist es Philipp Frese wichtig, eine Stimme für die mittelständische Wirtschaft zu sein, ehrenamtlich 16 Jahre als Präsident des Handelsverbandes und in der IHK als Mitglied der Vollversammlung und als Vorsitzender des Handelsausschusses.
Es ist keine Liebhaberei, das Unternehmen muss gewinnbringend bleiben – so lange wird es den Inneneinrichter Frese auch weiter geben. Die Liebe zu den Produkten, der Dialog mit den Kunden und eine idealistische Komponente haben Philipp und Constanze Frese sich erhalten. Auch sie ist Volkswirtin. Sie teilen sich das klassische Geschäft mit der Raumausstattung, das Bettenhaus und die Verwaltung der eigenen Immobilien. Und sie sind ein eingeschworenes Team: gut organisiert in unbedingtem Vertrauen. Das Ziel ist, in der Nische gut und profitabel zu bleiben.
Text: Mirjam Fischer
Bilder: Mathias Osti Fotografie (oben und unten), privat (Mitte)
Bilder: Philipp und Constanze Frese mit Dackel Arthur im wohnlich gerade auch wieder sehr angesagten 1970‘s Look. Alles kommt wieder. (oben)
Mitte: Schwarzweißaufnahme von 1924. Das Einrichtungshaus Frese mit Perserteppichen und Brokat an den Wänden für gehobene Kundenansprüche. Rechts: In ihren Polsterwerkstätten setzen Freses auf Handarbeit und jahrzehntelange Erfahrung.