Freiburg. Parkinson, Epilepsie, Schmerzen, Lähmungen: Es gibt viele medizinische Anwendungen für die Technik der Cortec GmbH. Das Freiburger Unternehmen, laut Magazin Brandeins „Innovator 2018“, entwickelt implantierbare Hirn-Computer-Schnittstellen. Diese können dem Gehirn Informationen zur Verfügung stellen und gleichzeitig Informationen aus dem Gehirn auslesen. Das Prinzip ist nicht neu, erklärte Niels Birbaumer, einer der renommiertesten angewandten Hirnforscher Deutschlands, in seiner Festrede zur Einweihung der neuen Cortec-Räume an der Messe Freiburg: „Wenn das Gehirn immer wieder merkt, dass das, was es denkt, tatsächlich passiert, dann kann auch ein vollständig gelähmter Schlaganfallpatient seinen Arm wieder bewegen.“ Früher war das laut Birbaumer nur mit großen Apparaten in Kliniken oder Labors möglich gewesen. Die Technik von Cortec funktioniere dagegen immer und überall. Deshalb sei sie so innovativ.
Cortec startete 2011 als Ausgründung des Bernstein Centers für Neurotechnologie der Universität Freiburg mit sechs Mitarbeitern und 2,4 Millionen Euro öffentlichen Fördermitteln. Sieben Jahre und zwei Finanzierungsrunden später hat sich das Start-up auf rund 50 Mitarbeiter vergrößert und musste deshalb die unieigenen Räume im Institut für Mikrosystemtechnik verlassen. Nun mietet man 1.400 Quadratmeter im neuen FWTM-Gebäude direkt an der Freiburger Messe und hat dort ausreichend Platz für die Mitarbeiter sowie die Produktion im Reinraum. Cortec entwickelt und produziert sowohl einzelne Komponenten wie Elektroden und Kapselungen, als auch aktive implantierbare Systeme, die neuronale Informationen des menschlichen Körpers in Kontrollsignale für therapeutische Anwendungen übersetzen. So können beispielsweise aufkommende epileptische Anfälle erkannt und mit Stimulationsimpulsen gemildert oder gar verhindert werden.
Mehrere Cortec-Produkte stehen kurz vor der Marktreife. Aktuell laufen Zulassungsverfahren bei der amerikanischen Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde FDA für den US-Markt. Martin Schüttler, der Cortec gemeinsam mit Jörn Rickert führt, erwartet Anfang 2019 die ersten Freigaben in den Staaten. Die europäische Zulassung sei durch die neue Medizinprodukteverordnung gebremst worden. Jetzt hoffen Schüttler und Rickert, über den amerikanischen Markt auch die Anforderungen für Europa erfüllen zu können. Großes Potenzial bescheinigten Cortec bei der Eröffnungsfeier der stellvertretende Unirektor Gunther Niehaus („ein Beispiel der medizintechnischen Spitzenforschung“) und der Chef der Freiburger Uniklinik, Rüdiger Siewert („ein außergewöhnliches Vorzeigeunternehmen“). Vor allem Klaus Mangold setzt auf den langfristigen Erfolg von Cortec. Der ehemalige Daimler-Vorstand und seine Familie sind die Hauptgesellschafter von Cortec.
kat