
Tuttlingen. Die Geschäfte der Aesculap AG liefen im vergangenen Jahr besser, als es auf den ersten Blick aussehen mag: Der Umsatz stieg um 2,1 Prozent auf 1,824 Milliarden Euro. „Uns ist es wie vielen anderen exportierenden Unternehmen gegangen: Wir hatten in erheblichem Maße mit Währungsverschiebungen zu kämpfen“, sagte Joachim Schulz, der Vorstandsvorsitzende der Aesculap AG, Ende März in Tuttlingen vor der Presse, und betonte: „Die ehrliche Zahl zu alten Wechselkursen ist 5,3 Prozent.“ Mit diesem Wert liegt das Umsatzwachstum des Unternehmens auf dem Niveau der Vorjahre und im Zielkorridor von fünf bis sieben Prozent, den Schulz auch für dieses Jahr ausgab.
Eine weitere Besonderheit 2018: Aesculap konnte das Ergebnis „deutlich mehr als den Umsatz steigern“. Zahlen nannte Schulz nicht, betonte aber, dass Aesculap die ertragreichste Sparte im B. Braun-Konzern gewesen sei. „Für Aesculap war es das beste Jahr in der Geschichte“, sagte er. Das Unternehmen ist auf Produkte und Dienstleistungen für Chirurgie und Orthopädie spezialisiert und vom Volumen her die zweitgrößte von vier Sparten der B. Braun Melsungen AG (2018: 64.000 Mitarbeiter weltweit, 6,908 Milliarden Euro Umsatz), die seit 1976 die Mehrheit der Anteile von Aesculap hält.
Als sehr positiv hob Schulz das zweistellige Wachstum in China im vergangenen Jahr hervor. In Deutschland habe Aesculap ein einstelliges und zugleich besseres Wachstum als der gesättigte Markt erreicht. Deutschland und China hatten bereits 2017 zu den Wachstumstreibern gezählt – auf seinem Heimatmarkt generiert Aesculap über 20 Prozent seines Umsatzes. In den USA, wo die Geschäfte zuvor stagnierten, habe man nach Umstrukturierungen nun wieder zugelegt.
2018 beschäftigte Aesculap weltweit rund 12.600 Mitarbeiter (400 mehr als 2017), davon knapp 4.000 in Deutschland und davon wiederum 3.624 in Tuttlingen. Deren Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr konstant geblieben. Der Grund dafür ist ein Kosteneffizienzprogramm angesichts von Tarifsteigerungen. Der rund 200 Mitarbeiter starke Deutschlandvertrieb von Aesculap soll zudem gemeinsam mit demjenigen der anderen Sparten des Konzerns in einer gemeinsamen Gesellschaft gebündelt und so effizienter werden, wie Schulz betonte. Bereits jetzt arbeiten die verschiedenen Abteilungen im Konzern zusammen. Auch die Betriebskrankenkassen von Aesculap und B. Braun werden vereinigt.
Die Unternehmenskultur wandelt sich bei Aesculap ebenfalls: Um die Innovationskraft zu stärken, setze man auf die Vorteile von (Gender-)Diversity und agiler Führung (Mitarbeiter erhalten mehr Entscheidungsbefugnisse und können so flexibler agieren), wie der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Jens von Lackum ausführte. „Wir wollen die Unternehmenskultur hin zu einer digitalen Kultur wandeln“, sagte er. Daher würden aus Altersgründen ausscheidende Mitarbeiter durch Fachkräfte, die digitale Kompetenzen mitbringen, ersetzt. Das Unternehmen selbst wandele sich von einem Produkt- hin zu einem Lösungsanbieter, da Dienstleistungen zu den Produkten immer wichtiger würden. Als Beispiel nannte von Lackum das Softwaretool „TOM“ für das Instrumentenmanagement im Krankenhaus.
Seine Vorstandskollegin Katrin Sternberg präsentierte das neue Endoprothesenkonzept „CoreHip“. Es enthält Implantate für die Hüfte mit unterschiedlichen Winkeln, Schaftlängen sowie Beschichtungen und den Instrumenten für die Operation dazu. So habe der Operateur die passenden Ausstattung, um auf die Situation des jeweiligen Patienten reagieren zu können.
Die Investitionen betrugen 2018 weltweit 130,7 Millionen Euro. Der Großteil floss in ausländische Standorte; so entsteht derzeit in Spanien eine neue Fabrik für Nahtmaterial. Wie schon 2018 soll auch 2019 kein Neubau in Tuttlingen entstehen. Dies sei erst möglich, wenn das geplante Einkaufs- und Dienstleistungszentrum am Aesculapplatz fertiggestellt sei und Aesculap durch den Umzug von Lebensmittelmärkten dorthin auf den freiwerdenden Flächen Platz für ein neues Fabrikgebäude bekomme, erläuterte Schulz.
Kontinuierlich zu wachsen und dabei auch Geld zu verdienen, sei zurzeit durchaus anspruchsvoll, betonte er und verwies auf die Medizinprodukteverordnung. Diese verlangt ab Mai 2020 EU-weit unter anderem umfangreiche Dokumentationen für alle Medizinprodukte, die Unternehmen vertreiben. „Sie kostet nicht nur uns, sondern die ganze Medizintechnikindustrie eine ganze Menge Energie, die nicht in die Entwicklung neuer Produkte gehen kann“, sagte der Vorstandsvorsitzende vor allem mit Blick auf das laufende Jahr.
mae