Der Unternehmenscampus Fabrik Sonntag in Waldkirch bietet mittlerweile in neun Häusern Büro-, Praxis- und Geschäfts-flächen auf rund 7.000 Quadratmetern. Dabei ist den Eigentümern des traditionsreichen Geländes wichtig, ihren Mietern mehr zu sein als bloße Vermieter. Mit viel Herzblut unterstützen sie als Berater, Inkubatoren und Netzwerker.
Waldkirch. Wer sich in Waldkirch der Fabrik Sonntag von Nordosten nähert, von der L186, findet sich schnell mitten im prallen Leben. Auf dem Parkplatz neben dem Gesundheitszentrum herrscht ein Kommen und Gehen; vor der Kandel-Apotheke steht eine kleine Gruppe ins nachbarschaftliche Gespräch vertieft; um sie herum eilen Menschen zu ihren Terminen bei einem der gut ein Dutzend Ärzte und Therapeuten oder sind auf dem Weg zur Kosmetikerin oder zum Yogakurs.
Wenn man den Unternehmenscampus dagegen von Südwesten her betritt, aus Richtung Innenstadt über das Papiergäßle, trifft man es ruhiger an. Ein Ensemble aus modernen und aus sanierten vorindustriellen Gebäuden; dazwischen Rasenstücke mit Gänseblümchen; der von Buschwerk gesäumte Gewerbekanal, den man über eine Fußgängerbrücke schnell mal überqueren kann, um sich Essen im benachbarten Bistro Kostbar zu holen; ein Platz mit Bänken unter einem Blätterdach. Hier überwiegen eher die Gewerbemieter: Steuerberater, Hightech-Entwickler, Kreativbüros, Start-ups. Auch hier ist vieles auf Begegnung und Austausch ausgerichtet – mit den Eigentümern des Unternehmenscampus als treibende Kraft.
„Wir sind mit dem Anspruch gestartet, Unternehmern einen Ort der Zusammenarbeit zu bieten. Einen Ort, wo sie wachsen und sich entfalten können“, erinnert sich Albert Sonntag, Gründungsgesellschafter der Fabrik Sonntag GmbH & Co. KG. „Wäre uns der Begriff damals schon bekannt gewesen, so hätten wir es Co-Working für Unternehmen genannt.“
„Damals“ war vor ziemlich genau 30 Jahren. Als das Areal Sonntag bereits seit Jahrzehnten im Dornröschenschlaf vor sich hindämmerte. 1857 hatte ein Vorfahr Albert Sonntags, der Unternehmer Johann Philipp Sonntag, dort am Rande von Waldkirch eine Florettseidenspinnerei gegründet und über 74 Jahre betrieben. Mit dem Erstarken der Kunstseide in den 1930ern wurde die Fertigung eingestellt, und das Gelände lag über Jahrzehnte brach, lediglich von einigen Künstlern und Kreativen für ihre Arbeit genutzt. „Aus deren Reihen, vom Architekten Thomas Schindler, der später einiges für uns gebaut hat, kam dann auch der Vorschlag, das Areal zu revitalisieren“, berichtet Albert Sonntag. „Er sagte, ‚Herr Sonntag, aus diesem Gebilde könnte man viel mehr machen.‘“
Und sie machten. Der damals 50-jährige Investmentbanker und seine Frau Margarethe, Betriebssoziologin und Kommunikationsmanagerin, warfen ihre Talente zusammen und nahmen im Auftrag der Erbengemeinschaft Sonntag – der heutigen Fabrik Sonntag GmbH & Co. KG – ein Kommunikations- und Dienstleistungszentrum in Angriff. Ab 1991 wurden zunächst die noch erhaltenswerten Gebäude, die Häuser 3, 6, 7 und 9, saniert und zu hochwertigen Büroflächen mit historischem Charme umgebaut. „Die ersten Jahre war das hier eine einzige große Baustelle, die allen viel Verständnis abverlangte“, erinnert sich die gebürtige Schwedin Margarethe Schmidt-Sonntag. Immerhin: Die erste Mieterin von damals, die AOK Baden-Württemberg, residiert auch heute noch in Haus 7. Mit den Jahren folgten die Neubauten Haus 4, unter anderem mit dem ersten Gründerzentrum und die wegen seiner vier Stockwerke „Hochhaus“ getaufte Nummer 8.
Der Erfolg des Unternehmenscampus ist Chance und Herausforderung zugleich, meint Danijel Cubelic. Er leitet seit 2019 als geschäftsführender Gesellschafter in der nächsten Generation das Familienunternehmen. Die Nachfrage nach Räumen sei groß, die Fluktuation gering. „Wann immer sich jemand verändern will, versuchen wir dies in der Fabrik Sonntag für ihn möglich zu machen.“ Als die Mediziner aus Haus 8 deutlich wachsen wollten und es partout keine freien Flächen gab, beschloss man, das Gesundheitszentrum, Haus 5, in Angriff zu nehmen. Im November 2021 feierte es bereits sein Zehnjähriges.
Unterm Strich beherbergt der Unternehmenscampus nun in neun Gebäuden auf rund 7.000 Quadratmetern etwa 50 Unternehmen. Für Margarethe Schmidt-Sonntag versteht sich von selbst, dass sie zu allen etwas erzählen kann: „Wir sind als Botschafter unserer Mieter unterwegs. Wir halten Augen und Ohren für sie offen. Wo können wir sie unterstützen, wo sinnvoll verdrahten?“
Wer möchte, dem stehen der ehemalige Banker, die passionierte Netzwerkerin und der erfahrene Ingenieur mit fachlicher Expertise, Lebenserfahrung oder einfach Empathie zur Seite. Nicht wenige Unternehmen, wie etwa das Medizintechnikunternehmen Dr. Langer Medical, haben in Fabrik Sonntag klein angefangen, um später aus ihr herauszuwachsen. „Auch wenn uns das erstmal Leerstand beschert hat, freut uns der Erfolg unserer Mieter außerordentlich“, sagt Albert Sonntag. „Wir sind gerne eine Brutstätte für junge Unternehmen.“
In der sogenannten Kulturkathedrale finden regelmäßig neben Kunst- und Kulturveranstaltungen auch Netzwerk- und Vortragsformate für Unternehmer und Existenzgründer statt. Mit dem 2017 in Haus 6 gegründeten Ideenlabor, das Start-ups kleine Büroeinheiten, Co-Working-Spaces und Shared-Desks bietet, ist die Fabrik Sonntag Teil der vom Land ausgezeichneten und geförderten „Zukunft.Raum.Schwarzwald“-Initiative, die künftig dezentrale Innovations-Hubs etablieren möchte.
Und weil „wir wachsen mit und für unsere Mieter“ nicht einfach so daher gesagt ist, blickt das Unternehmen nach 30 erfolgreichen Jahren auf dem Areal nun 30 Jahre in die Zukunft: „Es gab immer mehr Anfragen nach neuen Räumen, so dass wir angefangen haben, den Parkplatz und die Lagergebäude unten an der Lange Straße zu überdenken“, berichtet Danijel Cubelic. Projekt „TorEins“ soll noch in diesem Jahr starten. Der fünfgeschossige Neubau an der Ecke Lange Straße/An den Brunnenwiesen (L186) soll weitere 3.000 Quadratmeter Fläche für eine gemischte Gewerbemieterschaft bieten. Die Genehmigungsverfahren laufen bereits.
Auf Wunsch der Stadt Waldkirch stellte man zudem Überlegungen an, wie die Entwicklung des Areals weiter aussehen könnte – um alles in einen entsprechenden Bebauungsplan zu gießen. „Intern trägt dieser Plan den Namen ‚Vision 2050‘, sagt Danijel Cubelic. „Damit zeigen wir der nächsten Generation, unseren Mietern und der Stadt Waldkirch die Entwicklungsperspektive des Unternehmenscampus Fabrik Sonntag.“
uh
Bilder:
Albert Sonntag und seine Frau Margarethe Schmidt-Sonntag (2. Bild von oben) füllten das Areal Sonntag (oben) ab den 1990ern wieder gezielt mit Leben.
Geschäftsführer Danijel Cubelic (unten) mit einem Modell von „TorEins“, dem jüngsten Neubauprojekt auf dem Areal Sonntag.