Seit 125 Jahren gibt es das Jugendgästehaus „KL Freiburg“. Als „Gesellschaft Katholisches Lehrlingsheim“ gegründet, soll es heute wie damals junge Auszubildende auf dem Weg in den Beruf unterstützen. Vor Kurzem fand die Eröffnung des schicken Neubaus statt.
Freiburg. Auszubildende aus aller Welt – und ihre Arbeitgeber – können sich freuen: Seit Kurzem gibt es für junge Menschen wieder die Möglichkeit, während der gesamten Ausbildungszeit in Freiburg im Katholischen Jugendgästehaus in der Kartäuserstraße zu wohnen und zu leben. Im April konnten die ersten Bewohner – Jugendliche aus Togo, die im St. Carolushaus eine Pflegeausbildung absolvieren – ihre Zimmer im gerade eröffneten Neubau beziehen.
Auf gut 2.000 Quadratmetern, dort wo vorher noch ein in die Jahre gekommener Anbau stand, wurde ein insgesamt sechsgeschossiges Gebäude erstellt. Auf drei Stockwerken befindet sich das Sportinternat des Olympiastützpunkts Freiburg, im restlichen Haus stehen den Auszubildenden 20 Einzelzimmer zur Verfügung – jedes mit einer eigenen Dusche ausgestattet. „Die Dauerbewohner können vom Verpflegungsangebot des Hauses profitieren oder sich in der jeweiligen Stockwerksküche selbst organisieren und versorgen“, erklärt Markus Günter, Geschäftsführer der „KL – Katholische Jugendgästehaus Freiburg gGmbH“, die insgesamt knapp 30 Mitarbeiter beschäftigt. Es gibt zudem einen Sportplatz, einen Club für sportliche Aktivitäten und auch einen Aufenthaltsraum mit Billard, Tischfußball und Darts. Jedes Stockwerk hat eigene Gemeinschaftsbereiche. „Wir wollen den Jugendlichen Raum geben, miteinander zu kommunizieren. Das ist eine bunte Mischung, die wir hier im Haus haben. Und das ist gut so.“ Ihm sei wichtig, dass sich die jungen Leute begegnen, etwas Gemeinsames erleben können. Gerade der Sportplatz spiele eine große Rolle für die Kontaktaufnahme.
Das KL Freiburg gibt es schon seit 125 Jahren. Bereits seit 1905 konnten junge Menschen während ihrer Ausbildung dort wohnen und Unternehmen ihre Lehrlinge gut betreut wissen. 1898 als „Gesellschaft Katholisches Lehrlingsheim“ gegründet, war es zunächst ausschließlich jungen Männern möglich, hier ein Zuhause auf Zeit zu finden. Träger sind heute der Münsterfabrikfonds Freiburg, das Erzbistum Freiburg, die Erzbischof-Hermann-Stiftung und die Katholische Gesamtkirchengemeinde Freiburg.
„Jugendliche, die nicht beim Lehrherrn oder in der Familie wohnen und essen konnten, hatten hier die Möglichkeit für die Dauer ihrer Ausbildung, also in der Regel drei Jahre, unterzukommen. Sie wurden verpflegt, aber auch pädagogisch betreut“, erläutert Markus Günter den Hintergrund der Gründung. „Dieser Gedanke, die jungen Menschen zu begleiten und sie zu versorgen, ist über die ganzen 125 Jahre aufrechterhalten worden.“ In den Schlaf- und Wohnräumen des noch bestehenden Haupthauses waren in den letzten Jahren ausschließlich Blockschüler untergebracht. Der Blockunterricht während der Ausbildung dauert in der Regel ein bis vier Wochen, je nach Beruf. Schüler und in der Zwischenzeit natürlich längst auch Schülerinnen aus ganz Baden-Württemberg kommen hierher. Viele von ihnen besuchen die Friedrich-Weinbrenner-Gewerbeschule und die Gertrud-Luckner-Gewerbeschule. Auch wenn sich die Zeiten geändert haben, der Leiter des Jugendgästehauses sieht nach wie vor die wichtige Bedeutung für die häufig noch Minderjährigen: „Wir haben zwar keinen Erziehungsaauftrag, wie das vielleicht noch vor 100 Jahren war, doch wir begleiten und unterstützen die Jugendlichen da, wo es nötig und gewünscht ist. Wir haben auch einen hohen Qualitätsanspruch fürs Zusammenleben genauso wie für die gemeinsamen Mahlzeiten.“ Frühstück, Mittagessen sowie Abendessen erhalten die Blockschüler während ihres Aufenthalts. Die Kosten des Aufenthalts während des Blockunterrichts werden weitgehend vom Land Baden-Württemberg getragen.
Aus der Not eine ökologische Tugend gemacht
Die letzten Jahre waren für das Jugendgästehaus schwierig. Präsenzunterricht in den Schulen fand aufgrund der Pandemie nicht mehr statt. Waren es vor Corona noch 40.000 Übernachtungen jährlich, stand plötzlich alles still. Und das mitten im Bau des neuen Gebäudes, dessen Kosten – insgesamt elf Millionen Euro – zudem deutlich höher ausfielen, als zunächst geplant. „Im Grunde genommen konnten wir die Krise nur dadurch stemmen, dass wir den KfW 55 Energiestandard für Neubauten haben, und so eine Förderung von der KfW Bank mit zinsgünstigem Darlehen erhalten“, resümiert Markus Günter die letzten Jahre.
Energetisch kann sich der Bau blicken lassen: Zur Kühlung während der Sommermonate kann der hauseigene Brunnen genutzt werden, der konstant eine Temperatur zwischen 13 und 15 Grad hält und über die Fußbodenheizung für angenehme Frische sorgt. Für die Wärmeversorgung ist eine Wärmepumpe zuständig, die Energie dafür liefert die Photovoltaikanlage.
Für die Zukunft wünscht sich Markus Günter deutlich mehr derartige Wohnheimprojekte wie das – bis jetzt einzige – Jugendgästehaus in Freiburg: „Im Vergleich zum studentischen Wohnen haben Gästehäuser und Wohnheime für Auszubildende immer noch einen relativ geringen Stellenwert, vor allem, was die öffentliche Wahrnehmung und Bekanntheit angeht. Dabei ist es gerade für die Mobilität von Auszubildenden wichtig, vom Staat unterstützte Wohnflächen anzubieten. Auf dem regulären Wohnungsmarkt haben junge Menschen in Ausbildung kaum eine Chance.“
Text: Andrea Keller
Bilder: Erzdiözese Freiburg
Bilder: Schlüsselübergabe für das neue Gebäude. Von links: Karin Sinnwell von Hotz+Architekten, Markus Günter, Geschäftsführer des Jugendgästehauses, Wolfgang Weinzierl, Aufsichtsratsvorsitzender und Heino Robbin, Projektsteuerung.(links)
Vorderansicht des Hauptgebäudes, das 1905 erstmals bezogen wurde. (unten)