Kein Handyempfang in der Firma, auf dem Weg zum Kunden im Schwarzwald bricht mal wieder das Gespräch ab: In der Region gibt es viele Funklöcher. Eine flächendeckende Abdeckung mit leistungsfähigem Mobilfunk ist nicht gewährleistet. Das ist für die regionale Wirtschaft ein Problem. Die IHKs wollen dieses nun angehen.
Wer die Schneider Schreibgeräte GmbH besucht, sollte sich nicht verfahren, im Winter im Schnee stecken bleiben oder aus anderen Gründen verspäten. Denn von unterwegs aus kann man nicht einfach mit dem Handy dort anrufen, Bescheid geben oder nach dem Weg fragen. Das mitten im Schwarzwald, zwischen St. Georgen und Schramberg, gelegene Unternehmen befindet sich in einem Funkloch. „Man wirkt deshalb manchmal rückständig und provinziell, dabei sind wir eine international aufgestellte Firma“, sagt Martina Schneider, die in dem Familienunternehmen unter anderem für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Geschäftsbesuch aus dem Ausland zu erklären, warum es am Standort keinen Handyempfang gebe, sei immer wieder peinlich. Der fehlende Empfang ist zudem ärgerlich, wenn es auf dem Gelände ein Problem gibt oder schlicht das Auto auf dem Parkplatz nicht anspringt und man erst ins Gebäude zum Telefonieren gehen muss.
Schneider produziert am Hauptsitz in Tennenbronn sowie in Wernigerode (Harz) – dort mit gutem Handyempfang – Kugelschreiber, Füller, Marker sowie andere Schreibgeräte und liefert diese in 130 Länder. Von den insgesamt rund 600 Beschäftigten arbeiten 430 in Tennenbronn. Damit sie auf Diensthandys auch in der Firma erreichbar sind, hat Geschäftsführer Christian Schneider dafür gesorgt, dass sie auf dem Firmengelände über WLAN telefonieren können (sogenanntes Wi-Fi-Calling) und ein eigenes WLAN-Netz errichten lassen. Dafür ließ er vor rund fünf Jahren vom nächsten Ort, dem rund fünf Kilometer entfernten Langenschiltach, eine Glasfaserleitung legen und investierte einen sechsstelligen Betrag. Nur so können die Beschäftigten auch auf die 2016 eingeführte Mitarbeiter-App zugreifen. Allerdings musste Schneider die Idee einer „Mitfahrapp“ fallenlassen, über die Fahrgemeinschaften für den Arbeitsweg gebildet werden sollten. Der fehlende Handyempfang auf den Zufahrtsstraßen und dem Parkplatz machte die Idee obsolet. Auch mit Blick auf die Produktion ist der Ausbau des Mobilfunknetzes „zwingend notwendig“, wie Martina Schneider betont. „Momentan haben wir, was unsere Stifteproduktion angeht, noch keine großen Einschränkungen, jedoch rechnen wir fest damit, dass in Zukunft die Produktionsmaschinen immer mehr miteinander kommunizieren werden.“
Funklöcher
Die blauen und orangen Gegenden im Regierungsbezirk Freiburg sind derzeit nicht mit dem Mobilfunkstandard LTE versorgt. Das hat eine Studie ergeben, die die WIK-Consult GmbH für die IHKs durchgeführt hat. In den blau markierten Gebieten wird sich dies voraussichtlich bald ändern. Die orangen bleiben wohl erstmal unterversorgt.
Mit dem Problem des schlechten Handyempfangs ist die Firma Schneider Schreibgeräte nicht allein. Im Regierungsbezirk Freiburg sind insgesamt mehr als 11.400 Gebäude nicht mit dem heutigen Mobilfunkstandard LTE versorgt. Darunter sind rund 350 Firmen-, knapp 3.300 Misch- und circa 7.800 Wohngebäude. Hinzu kommen Verkehrswege in den betroffenen Gebieten. Vor allem in ländlichen Gegenden im Schwarzwald sowie entlang der Schweizer Grenze finden sich viele Funklöcher (siehe Karte). Dies ist ein Ergebnis der Kurzstudie „Mobilfunkversorgung im Regierungsbezirk Freiburg“, die das Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK-Consult GmbH) in Bad Honnef für die IHKs Hochrhein-Bodensee, Schwarzwald-Baar-Heuberg und Südlicher Oberrhein erstellt und dafür unter anderem Daten der Mobilfunknetzbetreiber ausgewertet hat. Anfang Oktober präsentierten die Akteure die Ergebnisse der Studie sowie eine „Handreichung 5G“ für Unternehmen.
Die drei IHKs, die zusammen 100.000 mittelständische Betriebe vertreten, fordern Politik und Mobilfunknetzbetreiber auf, für eine flächendeckende und leistungsfähige Mobilfunkabdeckung zu sorgen. Zuerst müssten Gewerbegebiete und Verkehrswege ans Mobilfunknetz angebunden werden. „Je besser die Unternehmen mit Mobilfunk versorgt sind, umso wettbewerbsfähiger sind sie“, sagt Birgit Hakenjos, Präsidentin der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg. Die digitale Infrastruktur sei die neue Eisenbahn. „Funklöcher behindern die Arbeit von Unternehmen und reduzieren ihre Investitionsbereitschaft.“
Bernd Sörries, Direktor der WIK-Consult GmbH, weist darauf hin, dass Bürger und Unternehmen heute doppelt so viele Daten wie vor drei Jahren produzieren. Ein Grund für die Steigerung ist die Coronapandemie: mehr Videokonferenzen, Onlinemessen und -events, mobiles Arbeiten. Das Problem dabei: „Der aktuelle Zustand des Mobilfunknetzes hält den gestiegenen Anforderungen an vielen Stellen nicht mehr stand.“
Auch viele Hotels in der Region haben schlechten oder gar keinen Mobilfunkempfang. Zum Beispiel das am Rande des Freiburger Mooswalds gelegene Gesundheitsresort Freiburg, zu dem das Dorint-Thermenhotel gehört. „Wir als Hotel- und Klinikeinrichtung im Mooswald haben sehr große Herausforderungen bezüglich der Mobilfunkabdeckung. Unsere Gäste können schlichtweg ihre Mobilfunkgeräte nicht nutzen. Geschäftsreisende sind für ihre Kunden nicht erreichbar“, sagt Geschäftsführer Pierino Di Sanzo: „Dies ist einer der Hauptbeschwerdegründe in unserem Haus.“ Auf der Website des Waldhotels am Notschreipass wird auf den eingeschränkten Mobilfunkempfang bestimmter Anbieter hingewiesen – und zugleich ein Ausgleich angeboten. „Nutzen Sie unser gratis WLAN im Hotel und eine gratis Telefonflat im Zimmer“, heißt es dort für die Gäste.
Bei der Präsentation der Studie berichtet Eberhard Liebherr, Präsident der IHK Südlicher Oberrhein, wie ärgerlich es sei, wenn er durch den Schwarzwald fahre und Telefongespräche immer wieder abbrächen. WIK-Consult-Chef Sörries führt die Schweiz als positives Beispiel an, da es dort in allen Zügen flächendeckenden Handyempfang gibt. „Da reißt das Gespräch auch in Tunneln nicht ab. In Deutschland telefoniert man im Zug lieber nicht.“ Das gilt auch, wenn man entlang des Hochrheins an der Schweizer Grenze unterwegs ist und keinen Empfang übers gut funktionierende Schweizer Netz hat.
Lucia Rehm vom Kies- und Betonwerk der Familie Rehm in Lotstetten (Landkreis Waldshut) kennt das Problem. Mit ihren Fahrern, die in der deutschen Grenzregion zu Baustellen unterwegs sind, kommuniziert sie nur per Telematiksystem. Gespräche mit dem Handy würden ständig abbrechen. Diese Erfahrung macht die Geschäftsführerin der zur Unternehmensgruppe gehörenden SEBA Sekundärbaustoff-GmbH auch selbst, wenn sie zum Beispiel Richtung Klettgau, Stühlingen oder Bonndorf fährt. „Wenn man unterwegs mal schnell was googeln will, dauert das ewig“, sagt sie. Im Werk selbst, das an drei Seiten von der Schweiz umgeben ist, empfangen die Handys Schweizer Netz. Um auch mit Internet und Telefonie versorgt zu sein, haben Rehms im Unternehmen ein eigenes WLAN-Netz aufgebaut. „Das fehlende Mobilfunknetz beeinträchtigt bei uns zwar nicht die Produktion, aber die Kommunikation“, sagt sie und verweist auf andere Unternehmen in ihrer Gemeinde, die deswegen auch Einschränkungen in der Fertigung hätten. Lucia Rehm hofft, dass endlich bestehende Mobilfunkmasten ausgebaut werden, damit die Region flächendeckend zumindest mit 3G oder 4G versorgt ist. Zugleich berichtet sie von Protesten in der Bevölkerung, als vor einigen Jahren in Nachbarorten Mobilfunkmasten errichtet werden sollten.
Definitionen
GSM (Global System for Mobile Communication) wurde Anfang der 1990er-Jahre als Mobilfunkstandard der zweiten Generation (2G) eingeführt. Er löste den analogen Mobilfunk (1G) ab und markierte den Start der digitalen Mobilfunktechnik. GSM gibt es nach wie vor, er taugt aber nur zum Telefonieren und SMS-Versand, kaum zum Datenaustausch.
UMTS oder 3G war der Mobilfunkstandard der dritten Generation, der diesen September überwiegend abgeschaltet wurde. Eigene UMTS-Netze waren dafür aufgebaut und neue Handys, die GSM und UMTS nutzen konnten, gebaut worden.
LTE steht für Long Term Evolution beziehungsweise 3.9G und bezeichnet den Mobilfunkstandard der dritten Generation. Es ist auch als 4G-Netz bekannt und wurde in Deutschland ab 2010 eingeführt. Mit LTE wurde zudem ein weltweiter Standard eingeführt. Die Mobilfunkanbieter nutzen für LTE das UHF-Frequenzband. Vor allem ländliche Gebiete können über LTE mit Mobilfunk versorgt werden.
Der Mobilfunkstandard 5G baut auf dem bestehenden Standard LTE auf. Schnellere Übertragungsraten sind möglich. Die Zahl der Funkzellen soll dafür in Ballungsgebieten erhöht werden. Für den ländlichen Raum gibt es derzeit keine einheitliche Ausbaustrategie.
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Von Widerstand gegen neue Mobilfunkmasten ist auch bei der Präsentation der IHK-Studie die Rede. Sie verzögern oftmals die ohnehin langwierigen Genehmigungsprozesse für neue Masten – für diese sind die Kommunen zuständig – und sind in Ängsten der Bevölkerung vor der Strahlung begründet. „Von den bisher vergebenen Frequenzbändern geht keine Gefahr aus“, betont André Olveira-Lenz, der bei der IHK Südlicher Oberrhein den Geschäftsbereich Innovation und Umwelt leitet, und verweist auf wissenschaftliche Erkenntnisse des Bundesamtes für Strahlenschutz. Für die noch nicht vergebenen Frequenzbänder sei aber noch weitere Forschung nötig.
Bei der jüngsten Versteigerung der Mobilfunkfrequenzen im Jahr 2019 hatten die Mobilfunkgesellschaften die Auflage erhalten, weitere Mobilfunkmasten zu errichten. Bis in etwa einem Jahr, so die Pläne, soll die Menge der unterversorgten Gebiete in der Region und allen voran entlang der Schweizer Grenze zurückgehen (dann sollen die auf der Karte blau markierten Flecken Mobilfunkempfang haben). Bis 2024 müssen zudem alle Verkehrswege mit Mobilfunk versorgt sein. „Bis in drei Jahren gibt es deutliche Fortschritte“, sagt Sörries von WIK-Consult. „Aber nach unserer Prognose bleiben noch weiße Flecken.“
Und Jürgen Anders, Professor für Digitale Infrastrukturen im Ländlichen Raum an der Hochschule Furtwangen, gibt zu bedenken: „Mobilfunkmasten werden dort gebaut, wo Menschen wohnen. Mobilfunkanbieter haben wenig Interesse, dort zu bauen, wo niemand wohnt, also entlang der Straßen und Schienenwege.“ Er kritisiert, dass die Mobilfunkbetreiber auch beim aktuellen Ausbau den Schwerpunkt auf bewohnte Gebiete legen.
In Deutschland gibt es laut Sörries circa 76.000 Mobilfunkmasten, darunter gut 30.000 von der Telekom – im flächenmäßig gerade mal ein Drittel so großen Südkorea beispielsweise sind es 150.000. Bis zu zehn Kilometer um einen Sendemast herum hat man Empfang. Je weiter entfernt man sich befindet, desto geringer ist die Leistungsfähigkeit. Am besten ist sie in einem Radius von 300 Metern, am Rande würde sie dennoch für eine Videokonferenz reichen, so Sörries. Doch wie es um den Empfang an welchem Ort genau bestellt ist, lässt nicht so leicht herausfinden. Die Lage in Deutschland sei „von einer gewissen Unübersichtlichkeit“ gekennzeichnet, kritisiert Sörries. Für einzelne Unternehmen oder Kommunen sei es schwierig, bei den Mobilfunkbetreibern Ansprechpartner zu finden und gehört zu werden. Daher sei es wichtig, die Interessen auf Landesebene zu bündeln und zugleich den Bund in die Pflicht zu nehmen, der zum Thema die Mobilinfrastrukturgesellschaft (MIG) in Naumburg an der Saale aufbaut. Dass die Zuständigkeiten geklärt werden, alle an einem Strang ziehen und die digitale Infrastruktur zukunftsfähig gemacht wird, dafür wollen sich die drei IHKs in der Region stark machen. „Das ist Chefsache“, sagt Eberhard Liebherr, Präsident der IHK Südlicher Oberrhein. Und Thomas Conrady, Präsident der IHK Hochrhein-Bodensee, betont, dass auch Unternehmen aus der Region kooperationsbereit seien und sich regional mit einbringen werden, zum Beispiel was Liegenschaften für Funkmasten angeht. „Uns ist bewusst, dass ein flächendeckender Ausbau nur gemeinsam gelingen kann“, so Conrady.
Während die einen überhaupt erstmal Mobilfunkempfang benötigen, warten andere auf das leistungsfähige 5G-Netz, das es in Großstädten wie Frankfurt bereits gibt und das langsam auch in der Region Einzug hält. 5G unterscheidet sich von den bisherigen Mobilfunkstandards UMTS und LTE durch die ungleich höheren Übertragungsraten von bis zu 400 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) statt wie bisher maximal 50 Mbit/s, durch einen geringeren Energieverbrauch angesichts eines stabileren Netzes sowie durch hohe Latenzzeiten. Das bedeutet, die Zeit für einen Verbindungsaufbau, also die Dauer, bis Daten von einem Ort zu einem anderen gelangen, ist verschwindend gering. Vorausgesetzt natürlich, es gibt eine flächendeckende 5G-Infrastruktur mit sehr vielen Mobilfunkmasten wie es etwa in Südkorea der Fall ist.
Bei uns tritt der 5G-Standard zunächst an die Stelle des alten 3G-Standards beziehungsweise anstelle der UMTS-Frequenzen, die seit September abgeschaltet werden. Viele Nutzer merken es allerdings gar nicht, wenn sie den neuen Mobilfunkstandard nutzen. „5G ist nicht gleich 5G“, sagt Bernd Sörries von WIK-Consult. Je nach Abstand der Sendemasten bringe es kein größeres Datenvolumen mit sich. Manchmal erhalte man auch eine Mischung aus LTE und 5G. „5G kann genauso schnell oder langsam wie LTE sein oder sogar langsamer“, gibt Sörries zu Bedenken. Dazu kommt, das 5G vorerst nur in Ballungsgebieten ab 50.000 Einwohner Einzug halten soll. „Da werden wir künftig eine Diskussion um ein Stadt-Land-Gefälle bekommen und müssen aufpassen, dass der ländliche Raum nicht hintansteht“, sagt Hochschulprofessor Anders. Gleichwohl sei 5G aber „das Thema der Zukunft“.
Das sieht Reinhold Walz, promovierter Physiker und Mitglied im Arbeitskreis Produktion der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, auch so: „5G ermöglicht komplett neue Anwendungen“, sagt er. Als Beispiel nennt Walz autonomes Fahren, bei dem die Fahrzeuge stets mit Informationen über die aktuelle Verkehrslage informiert werden und so Staus umfahren können. „Im ländlichen Raum sind wir aber meilenweit von flächendeckendem 5G-Empfang entfernt“, sagt er. Autonomes Fahren mithilfe von 5G sei in der Region somit eine Zukunftsvision. Neben autonomem Fahren und der Verfolgung von Containern um die ganze Welt nennt Walz die Landwirtschaft als gutes Anwendungsfeld für 5G. Walz ist Geschäftsführer der Gewatec GmbH & Co KG in Wehingen, einem führenden Anbieter von ERP- und MES-Software für den fertigenden Mittelstand. Seine Kunden sind vor allem Automobilzulieferer, Medizin- und Kunststoffspritztechnik-Unternehmen. Viele von ihnen verfügen bereits über eine vernetzte Fertigung, in der Maschinen über Sensoren und mithilfe eines WLAN-Netzes oder Bluetooth miteinander kommunizieren. Zum Beispiel darüber, welche Teile in welchen Fertigungsschritten sich wo in der Produktionshalle befinden. „Was bisher mit WLAN in Firmennetzen funktioniert, wird mit 5G irgendwann weltumspannend möglich sein“, sagt Walz.
Gleichwohl steht fest, dass 5G nicht das Ende vom Lied sein wird. Dass das Potenzial groß ist, ist dennoch unstrittig. Für IHK-Präsident Liebherr sind 5G-Netze „eine Technologie, die noch ihre Anwendungen sucht“ und zugleich „das Rückgrat der digitalen Transformation“.
Interview mit Jürgen Anders
Der Physiker Jürgen Anders ist seit Mai 2010 Professor an der Hochschule Furtwangen und auf digitale Infrastrukturen im ländlichen Raum spezialisiert.
Auch wenn es bislang für die meisten ohne geht: Firmen in der Region können unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls 5G nutzen. Wenn sie für ihre Produktion nicht WLAN, sondern 5G verwenden möchten, müssen sie ein eigenes 5G-Campusnetz aufbauen. „Das ist viel komplexer als ein Wi-Fi-Netz, es verspricht aber auch viel mehr“, sagt André Olveira-Lenz und weist zudem auf die hohe Sicherheit hin. Unternehmen benötigen für ein 5G-Campusnetz unter anderem eine eigene Frequenz, die sie beantragen müssen (siehe unten: 5G-Campusnetze: Beispiele, Tipps und Links). Nach Angaben der Bundesnetzagentur (Stand 15. September) wurden deutschlandweit bislang 148 Frequenzen für lokale 5G-Netze beantragt und zugeteilt. Darunter sind Konzerne wie Porsche in Stuttgart und Daimler in Bremen, Messegesellschaften wie die Deutsche Messe AG in Hannover, Hochschulen und Forschungsinstitute wie das IT-Center der RWTH in Aachen und das wbk Institut für Produktionstechnik am Karlsruher KIT. Im Regierungsbezirk Freiburg ist bislang niemand dabei. Allerdings gibt es verschiedene Projekte
So untersucht der Sensorhersteller Sick aus Waldkirch seit mehreren Jahren zusammen mit der RWTH Aachen in der dortigen Demofabrik, wie 5G für die drahtlose Kommunikation von autonomen Transportsystemen (FTS) eingesetzt werden kann. „Durch eine stabile Funkübertragung kann die Sicherheit in der Fabrik deutlich erhöht werden. Gleichzeitig wird Energie gespart, sodass die FTS seltener unerwartet stoppen müssen“, heißt es von Sick. „5G ist eine Technologie, die diese Anforderungen erfüllt und für verschiedene Anwendungen untersucht wird.“ Allerdings würden sich bereits mit heutigen Standards datengesteuerte Automatisierungsprozesse realisieren lassen. So hat die Sick AG 2018 in Hochdorf ihre „4.0 Now Factory“ in Betrieb genommen – eine mithilfe von Sensoren vernetzte Fertigung mit autonomen digitalen Produktions- und Steuerungsprozessen, in der mehrere Produktfamilien hergestellt werden.
Wer über die digitale Infrastruktur spricht, darf auch den Breitbandausbau nicht vergessen, der dafür ebenso notwendig und in der Region ebenfalls nicht flächendeckend geschehen ist. So sagt auch Sörries von WIK-Consult: „Mobilfunk geht nicht ohne Glasfaser, man muss beides zusammen denken.“
Text: Susanne Maerz
5G-Campusnetze: Beispiele, Tipps und Links
Die 5G-Technologie ist vor allem wichtig, wenn es um die Kommunikation von Menschen mit Maschinen sowie von Maschinen untereinander geht. Folgende Unternehmen beziehungsweise Einrichtungen beschäftigen sich mit 5G-Campusnetzen:
- Die Sick AG aus Waldkirch erprobt zusammen mit der RTWH Aachen ein 5G-Campusnetz für fahrerlose Transportsysteme in der Intralogistik.
- Der Zweckverband Breitbandversorgung Schwarzwald-Baar hat im Rahmen des 5G-Innovationswettbewerbs ein Konzept zu 5G in der Forstwirtschaft entwickelt. Es dient der Bestandsaufnahme des Waldes. Dazu zählen eine Försterdrohne, die App „WaldExpert“ und eine Augmented-Reality-Anwendung.
- Am Universitätsklinikum Freiburg werden 5G-, KI- und VR-Anwendungen erprobt. Dazu zählt eine Datenbrille zur OP-Planung am Herzzentrum Bad Krozingen.
- Das Digitalisierungsnetzwerk Digital Mountains mit Standorten in St. Georgen, Villingen-Schwenningen, Rottweil und Tuttlingen bietet kostenfreie Infrastruktur und 360-Grad-Betreuung zum Erproben neuer Technologien und Anwendungen.
- In Freiburg und Konstanz gibt es Projekte zur smarten Mobilität – im Rahmen der Initiative „Smart Green City Konstanz“ beziehungsweise des Projekts „Connected Urban Data Architecture” (CUDA) das als Teil des Programms „Smart Cities 2020“ in Freiburg umgesetzt wird.
Tipps zum Aufbau eines 5G-Campusnetzes:
- Bevor man ein 5G-Campusnetz aufbaut, sollte man überlegen, welche Anwendungen man im Unternehmen digitalisieren möchte, wie wichtig die Kommunikationsinfrastruktur wie WLAN oder Ethernet dabei ist, was genau vernetzt werden muss, ob Personal sowie genügend Budget für Planung sowie Umsetzung vorhanden ist und ob es Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Unternehmen gibt.
- Dem folgt eine detaillierte Machbarkeitsanalyse, in der Technik, Kosten und Umsetzung genau untersucht werden. Danach wird die Dimension des Netzes geklärt. Erst dann folgt die Umsetzung.
- Wer ein innerbetriebliches Campusnetz aufbauen möchte, benötigt dazu eine Frequenz. Sie kann bei der Bundesnetzagentur beantragt werden. Wie hoch die Gebühr dafür ist, können Unternehmen über den 5G-Campusnetzplaner der TU Dortmund herausfinden: https://campusnetzplaner.kn.e-technik.tu-dortmund.de
Anlaufstellen für Unternehmen:
- Das vom Land Baden-Württemberg geförderte Transferzentrum „5G4KMU“ bietet kleinen und mittleren Unternehmen 5G-Testfelder, wo diese Ideen entwickeln und erproben können. https://5g4kmu.de/de
- Die DIHK-Roadshow 5G@Mittelstand bietet Unternehmen Infos zur Einführung von 5G und seinen Anwendungen. Termine und weitere Infos unter www.dihk.de/de/themen-und-positionen/wirtschaft-digital/5g-mittelstand
Ansprechpartner der IHKs
IHK Hochrhein-Bodensee:
Alexander Graf
Telefon: 07622 3907-213
Mail: alexander.graf@konstanz.ihk.de
IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg:
Philipp Hilsenbek
Telefon: 07721 922-126
Mail: hilsenbek@vs.ihk.de
IHK Südlicher Oberrhein:
André Olveira-Lenz
Telefon: 0761 3858-261
Mail: andre.olveira-lenz@freiburg.ihk.de