Schichtwechsel ist eine Aktion der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM). Sie lädt Unternehmen dazu ein, an einem Tag Menschen mit Behinderungen mitarbeiten zu lassen – auch, um beiden Seiten neue Perspektiven zu ermöglichen.
Kevin Berlet ist Küchenchef im Konstanzer Riva. Als er von dem Aktionstag Schichtwechsel durch die IHK Hochrhein-Bodensee erfährt, ist er neugierig: „Die Idee fand ich spannend.“ Auch Inhaberin Julia Kolb war und ist von der Idee begeistert. Mit der Folge, dass Mitte Oktober drei Beschäftigte des Seewerks des Caritasverbands Konstanz einen Tag in der Gastronomie des Fünf-Sterne-Hotels mitgearbeitet haben.
Die wenigsten Menschen hätten eine Vorstellung von den Leistungen, die in den Werkstätten erbracht würden, heißt es von Seiten der BAG: „Es existieren immer noch viele Klischees über Werkstätten und die dort arbeitenden Menschen mit Behinderungen.“ Der Aktionstag soll mithelfen, dieses Bild geradezurücken. Zudem geht es darum, neben möglichen beruflichen Perspektiven, über Kontakte im Arbeitsleben mehr Offenheit und Verständnis für die Bedürfnisse und Wünsche von Menschen mit Behinderungen zu wecken.
Es war Anja Schröder, die den Kontakt zum Riva und anderen Unternehmen im Bereich Bodensee hergestellt hat. „Als das Seewerk Konstanz mich ansprach, ob wir Partnerbetriebe für den Aktionstag vermitteln können, war ich direkt von der Idee begeistert.“ Der Gedanke beim Schichtwechsel ist, dass die Teilnehmenden aus den Werkstätten einen Arbeitstag im Tandem mit einer Kraft des beteiligten Unternehmens bestreiten und so „einen wertvollen Blick über den eigenen Tellerhand hinaus gewinnen“ können. Die Beraterin im Bereich Ausbildung bei der IHK Hochrhein-Bodensee in Konstanz findet es spannend, dass „an diesem gemeinsamen Tag Berührungsängste abgebaut werden“. Ihr Fazit: „Der Perspektivwechsel ist aus meiner Sicht für beide Seiten ein Gewinn.“
Das sieht auch Tine Boldt von der Christophorus-Gemeinschaft aus Müllheim so. „Das ist eine sehr schöne Aktion, an der wir auch großes Interesse hatten und weiterhin haben.“ Leider habe es bisher nicht funktioniert, da aufgrund von Personalmangel keine Betreuung im Tandem möglich gewesen sei. „Wir würden uns sehr freuen, wenn wir im kommenden Jahr Unternehmen für den Schichtwechsel-Aktionstag finden“, hofft sie.
Die Erfahrung, die Kevin Berlet gemacht hat, dürfte stellvertretend für viele Unternehmen stehen, die sich beteiligt haben: „Unsere Praktikanten waren offen, neugierig und bei ihrer Tätigkeit sehr fokussiert. Man hat gesehen, dass sie gern Teil unseres Teams waren.“ Eingesetzt wurden die drei Beschäftigten des Seewerks in verschiedenen Bereichen – von der Frühstücksvorbereitung bis hin zu Arbeiten in der Küche. „Sie alle haben ihre Sache sehr gut gemacht“, lobt der Küchenchef.
Während es im Bereich Schopfheim wenig Resonanz gab, ist Sandra Sorgatz vom Fachdienst Betriebliche Inklusion der Caritas Konstanz über das große Interesse der Betriebe aus der Region froh. Neben dem Riva waren das Hotel Ko’Ono, das Milchwerk Radolfzell, Blus Getränkemarkt, Edeka Sulge sowie die Firmen Keller Electronics, Luxshield und HSM Maschinen involviert. Wichtig an so einem Tag seien die positiven persönlichen Erfahrungen. Im besten Fall gehe es dann oft einen Schritt weiter: „Ist die Tür für das Thema Inklusion in den Betrieben erst einmal offen, findet sich meist eine passende Beschäftigung, die für beide Seiten ein Gewinn ist.“
Neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit
Dieser Aussage stimmt Julia Kolb zu. Für die Inhaberin des Riva hatte der Aktionstag im Oktober auch den Zweck, sich gegenseitig kennenzulernen und daraus Optionen für das eigene Unternehmen zu entwickeln. „Es haben sich durch diesen Austausch viele Ansatzpunkte ergeben, bei denen wir uns vorstellen können, mit dem Seewerk und seinen Beschäftigten zusammenzuarbeiten“, beschreibt die Hotelchefin ihre Erkenntnisse: Möglich seien wiederkehrende Arbeiten anlässlich von Feiertagen wie Weihnachten oder Ostern genauso wie gärtnerische Tätigkeiten. „Solche Entscheidungen fallen einfach leichter, wenn man sich kennt und zu schätzen weiß.“ Daher sei der Schichtwechsel-Tag spannend und wichtig gewesen – für die Beschäftigten des Seewerks genauso wie für das Team des Riva.
Der Schichtwechsel-Tag im kommenden Jahr ist bereits terminiert. Interessierte Unternehmen, die am Donnerstag, 10. Oktober, dabei sein möchten, können sich gern an Anja Schröder wenden. Der Caritasverband Konstanz oder die Christopherus-Gemeinschaft in Müllheim freuen sich ebenfalls über eine Kontaktaufnahme.
Text: mrk
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Anja Schröder, IHK Hochrhein-Bodensee
Telefon: 07531 2860-116
Mail: anja.schroeder@konstanz.ihk.de