Auf Unternehmen und Unternehmer kommen 2019 wieder einige rechtliche Neuerungen zu. Hier geben wir einen Überblick.
Mindestlohn: Der gesetzliche Mindestlohn wird alle zwei Jahre neu festgelegt. Die letzte Erhöhung erfolgte zum 1. Januar 2017. Auf Empfehlung der Mindestlohn-Kommission wird der gesetzliche Mindestlohn nun in zwei Schritten angehoben. Der Mindestlohn ist zum 1. Januar 2019 von 8,84 Euro auf 9,19 Euro brutto pro Stunde gestiegen. Zum 1. Januar 2020 soll der Mindestlohn dann auf 9,35 Euro steigen. Unternehmen müssen sich dieses Jahr auch auf verstärkte Kontrollen des Zolls zur Einhaltung des Mindestlohns einstellen. Die Bundesregierung will den Zoll mit deutlich mehr Personal ausstatten.
Brückenteilzeitgesetz: Wer Teilzeit arbeiten möchte, kann dies per Rechtsanspruch einfordern. Bislang handelte es sich dabei aber um eine Einbahnstraße – ein Anspruch auf die Rückkehr in die Vollzeit bestand nicht. Dies ändert sich zum Jahreswechsel. Seit 1. Januar haben Arbeitnehmer, die länger als sechs Monate in einem Unternehmen beschäftigt sind, einen Anspruch auf die sogenannte befristete Teilzeit. Damit besteht die Möglichkeit, die Arbeitszeit nur für einen bestimmten Zeitraum zu reduzieren und dann wieder zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückzukehren. Die befristete Teilzeit darf maximal fünf Jahre betragen. Ausnahmen vom Anspruch auf die Rückkehr in Vollzeit gibt es jedoch für kleine Betriebe und Mittelständler: Das neue Brückenteilzeitgesetz gilt nur für Betriebe mit mindestens 45 Mitarbeitern; Betriebe mit 46 bis 200 Mitarbeitern müssen den Anspruch auf die befristete Teilzeit nur einem von 15 Mitarbeitern gewähren.
Änderungen bei sogenannten Midijobs: Im Zuge der Rentenreform wird die Gleitzone für die Sozialversicherungsbeiträge von sogenannten Midijobbern ab dem 1. Juli 2019 zum „Übergangsbereich“. Wer zwischen 450,01 und 1.300 Euro verdient, muss weiterhin nur reduzierte Beiträge bezahlen, erwirbt aber dennoch die vollen Rentenansprüche. Der Arbeitgeberanteil bleibt unverändert und ist in Höhe des halben Beitragssatzes zu zahlen. Für Arbeitgeber ändert sich nur, dass sie künftig das erzielte und das beitragspflichtige Entgelt an die Rentenversicherung melden müssen.
Drittes Geschlecht: Aufgrund eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts gibt es seit 1. Januar für intersexuelle Personen ein drittes Geschlecht im Personenstandsregister. Neben „männlich“ und „weiblich“ kann dort nun auch „divers“ eingetragen werden. Für Unternehmen ist dies insbesondere für Stellenausschreibungen relevant und zu berücksichtigen. Eine Stellenanzeige ist nur dann geschlechtsneutral ausgeschrieben, wenn sie den Zusatz (m/w/i/t) oder (m/w/d) enthält. Bei Verstößen droht nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine Geldbuße wegen Diskriminierung.
Umstellung auf elektronisches Vergabeverfahren: Für EU-weite Vergabeverfahren ist die sogenannte E-Vergabe bereits seit dem 18. Oktober 2018 im Oberschwellenbereich (Bauaufträge ab 5.548.000 Euro; Liefer- und Dienstleistungen ab 221.000 Euro) verpflichtend. Aber auch im Unterschwellenbereich tut sich etwas – und zwar dort, wo die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) Anwendung findet, die allerdings noch nicht in allen Bundesländern eingeführt ist: Seit 1. Januar müssen Auftraggeber von Liefer- und Dienstleistungen bei nationalen Ausschreibungen das Einreichen von Teilnahmeanträgen und Angeboten mittels elektronischer Mittel akzeptieren – auch wenn sie die Übermittlung auf anderem Weg vorgegeben haben. Ab 2020 dürfen Angebote und Teilnahmeanträge nur noch auf elektronischem Weg eingereicht werden. Zudem muss die gesamte Kommunikation dann auf elektronischem Weg erfolgen. Ausnahmen bestehen dann nur noch für bestimmte Vergabeverfahren und bei geringen Auftragswerten von unter 25.000 Euro netto.
Verpackungsgesetz: Seit 1. Januar gilt das neue Verpackungsgesetz, das die bisherige Verpackungsverordnung ablöst. Ziel ist es, die Recyclingquoten zu erhöhen und das Abfallaufkommen insgesamt zu verringern. Das Verpackungsgesetz gilt für alle Unternehmen, die mit Ware gefüllte Verpackungen, die nach Gebrauch typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall enden, erstmals gewerbsmäßig in Deutschland in den Verkehr bringen. Betroffene Unternehmen müssen sich an einem sogenannten dualen System (Rücknahmesysteme für gebrauchte Verpackungen) wie etwa dem „Grünen Punkt“ beteiligen beziehungsweise lizensieren lassen. Neu eingeführt wird zudem die sogenannte Zentrale Stelle Verpackungsregister, die die Transparenz in der Lizenzierung stärken und die Vollzugsbehörden beim Überwachen, ob die Vorschriften eingehalten werden, unterstützen soll. Inverkehrbringer von Verpackungen sind nun verpflichtet, sich bei der Zentralen Stelle zu registrieren, bevor sie zum ersten Mal eine verpackte Ware verschicken. Ohne das Registrieren und Beteiligen an einem dualen System ist ein Inverkehrbringen von Verpackungen unzulässig und kann mit einem Bußgeld bis zu 200.000 Euro geahndet werden.
Krankenversicherung: Den Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 14,6 Prozent tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils hälftig. Den Zusatzbeitrag von durchschnittlich 1,0 Prozent, den jede Krankenkasse entsprechend ihres Finanzbedarfs erhebt, finanzieren die Arbeitnehmer bisher alleine. Seit dem 1. Januar tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch die Zusatzbeiträge zu gleichen Teilen. Arbeitgeber werden damit zusätzlich um durchschnittlich 0,5 Prozentpunkte belastet. Änderungen ergeben sich auch bei der Erhebung der Zusatzbeiträge durch die Krankenkassen. Sie dürfen den Zusatzbeitrag nicht mehr anheben, wenn sie über Finanzreserven von mehr als einer Monatsausgabe verfügen. Außerdem werden Kleinselbstständige seit dem 1. Januar entlastet. Der monatliche Mindestbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung für Selbstständige sinkt auf 171 Euro.
Pflegeversicherung: Zum Jahresbeginn sind die Beiträge zur Pflegeversicherung um 0,5 Prozent gestiegen. Damit liegt der Beitrag zur Pflegeversicherung bei 3,05 Prozent, für kinderlose Versicherte sind es 3,3 Prozent. Der Beitrag zur Pflegeversicherung wird von den versicherungspflichtigen Beschäftigten und ihren Arbeitgebern je zur Hälfte getragen. Der Kinderlosenzuschlag in Höhe von 0,25 Prozent ist von den Arbeitnehmern allein zu tragen – eine Beteiligung durch den Arbeitgeber ist nicht vorgesehen.
Arbeitslosenversicherung: Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung ist zum 1. Januar von 3 Prozent auf 2,5 Prozent gesunken. Die Senkung ist allerdings bis zum 31. Dezember 2022 befristet. Ab dem 1. Januar 2023 beträgt der Beitragssatz dauerhaft 2,6 Prozent. Beschäftigte und Arbeitgeber tragen die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung je zur Hälfte und werden damit gleichermaßen entlastet.
Dieselfahrverbote: Seit Jahresbeginn gilt im gesamten Stadtgebiet von Stuttgart ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge mit Euro 4-Abgasnorm oder schlechter. Anwohner und Handwerksbetriebe dürfen aufgrund einer Übergangsfrist noch bis zum 1. April 2019 ins Stadtgebiet fahren. Nicht vom Verbot erfasst sind Taxis, Reisebusse, Oldtimer mit entsprechendem Kennzeichen sowie Einsatz- und Hilfsfahrzeuge. Doch nicht nur Autofahrer in Stuttgart müssen sich auf Fahrverbote einstellen. Ab dem 1. Februar 2019 gilt etwa auch in Frankfurt am Main ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge mit Euro 4-Abgasnorm oder schlechter. Ab dem 1. September dieses Jahres soll das Fahrverbot in der Main-Metropole dann auch auf Dieselfahrzeuge mit Euro 5-Abgasnorm ausgeweitet werden.
Steuervorteile für privat genutzte Elektrodienstwagen: Wer einen Elektro- oder besonders emissionsarmen Hybrid-Dienstwagen auch privat nutzt, muss künftig monatlich nicht mehr ein Prozent des Bruttolistenpreises als geldwerten Vorteil versteuern, sondern nur noch 0,5 Prozent. Gleiches gilt für E-Bikes, die verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeuge einzuordnen sind (Geschwindigkeiten über 25 Kilometer pro Stunde). Die Regelung gilt für alle Fahrzeuge, die zwischen dem 1. Januar 2019 und dem 31. Dezember 2021 gekauft oder geleast werden.
Kein Geoblocking beim Onlineshopping: Bereits seit dem 3. Dezember 2018 müssen Händler aus der EU unabhängig davon, von wo die Internetseite aufgerufen wurde, überall in der EU zu gleichen Konditionen Zugang zu Waren und Dienstleistungen gewähren. Das sogenannte Geoblocking wird abgeschafft. Bisher konnten Händler für Kunden aus anderen Mitgliedstaaten den Zugang zu einer Internetseite blockieren oder sie auf eine andere Seite mit schlechteren Konditionen umleiten.
Brexit: Der 29. März und damit der Stichtag für den Brexit rückt in großen Schritten näher. Ende November haben Regierungschefs der EU und des Vereinigten Königreiches (UK) den Entwurf eines Austrittsvertrags unterzeichnet. Die Zustimmung des britischen und des Europäischen Parlaments standen bei Redaktionsschluss noch aus. Für den Fall, dass sie den Austrittsvertrag angenommen haben, bleibt bis zum 31. Dezember 2020 faktisch erst einmal alles beim Alten. In der Übergangsphase möchten EU und UK ein Handelsabkommen aushandeln. Bis dahin bildet das Vereinigte Königreich mit der EU einen einheitlichen Zollverbund, bestehend aus dem UK-Zollgebiet und der EU-Zollunion. Da dieser Zollverbund Zugang zum europäischen Binnenmarkt gewährt, gelten zahlreiche EU-Vorschriften auf der Insel fort – ohne Mitspracherecht bei der Gesetzgebung der EU. Die Grenze zwischen Irland und Nordirland kann so vorerst offenbleiben. Ohne ein Abkommen droht ein ungeregelter Brexit mit weitreichenden Folgen für die Bürger, die Wirtschaft und die Verwaltung.
Neuregelung des Sanktionsrechts für Unternehmen: Bislang werden Unternehmen und ihre Geschäftsleiter bei Gesetzesverstößen von Mitarbeitern in der Regel nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) sanktioniert. Die große Koalition arbeitet derzeit – befeuert durch den „Diesel-Skandal“ – an einer umfassenden Neuregelung des Sanktionsrechts für Unternehmen. Nach dem Koalitionsvertrag soll dabei auf der einen Seite die geltende Bußgeldobergrenze von maximal zehn Millionen Euro aufgehoben und sich die Höhe der Geldsanktion künftig an der jeweiligen Wirtschaftskraft des Unternehmens orientieren. Geplant ist eine Höchstgrenze von 10 Prozent des (Konzern-)Umsatzes und damit im Einzelfall eine drastische Verschärfung der Sanktionen. Auf der anderen Seite sollen jedoch nachweislich effektive Compliancemaßnahmen der Unternehmen zur Verhinderung von Gesetzesverletzungen explizit bei der Verfolgung und Ahndung berücksichtigt werden und zu einer Milderung oder dem Absehen der Bestrafung führen.
Barbara Mayer, Friedrich Graf von Westphalen & Partner