Die Restaurants waren Anfang März zwar weiter geschlossen, dennoch hatten einige Häuser in der Region Grund zu feiern. Denn der Guide Michelin hat trotz Coronapandemie seinen neuen Restaurantführer veröffentlicht. Zwei neue „normale“ Sterne leuchten 2021 im Regierungsbezirk, und vier Betriebe haben den grünen Stern erhalten, der für besonders nachhaltige Konzepte verliehen wird.
Die Pandemie beutelt die Gastronomie wie kaum eine andere Branche. „2020 war ein sehr ungewöhnliches Jahr mit verheerenden Auswirkungen. Wir stehen noch heute vor besonderen Herausforderungen“, sagte Gwendal Poullenec, internationaler Direktor des Guide Michelin Anfang März bei der virtuellen Vorstellung der deutschen Ausgabe des Restaurantführers mitsamt seiner Sterne. Warum dann trotzdem diese heiter-fröhliche Zeremonie? „Ich bin von vielen Restaurantchefs angerufen und darum gebeten worden“, begründete Poullenec. Es gehe nicht nur um die Auszeichnungen, sondern um die Förderung der Gastronomie als Ganzes. Darum, allen zu sagen, wie sehr die Gastronomie fehlt.
Die Inspektoren waren vergangenes Jahr laut Poullenec immer wenn möglich unterwegs. „Wir haben nichts an unserer Methode verändert“, betonte der Guide-Michelin-Chef. Deshalb sei die Ausgabe 2021 so seriös wie sonst auch. Der französische Reifenhersteller publiziert seit dem Jahr 1900 Restaurantführer, um Reisenden Einkehrmöglichkeiten zu zeigen, 1900 erstmals auch in Deutschland, seit 1964 durchgehend. Der Guide Michelin gilt als besonders objektiv, weil seine Inspektoren ausschließlich anonym auftreten und ihre Rechnungen stets selbst bezahlen.
Bib Gourmand 2021
Achern: Chez Georges
Bad Bellingen: Landgasthof Schwanen
Bad Peterstal-Griesbach: Kaminstube im Dollenberg
Berghaupten: Hirsch
Bonndorf: Hotel Gasthof Sommerau
Donaueschingen: Baaders Schützen
die burg neu
Durbach: [maki:´dan] im Hotel Ritter
Elzach: Rössle
Schäck‘s Adler
Endingen: Die Pfarrwirtschaft
Endingen-Kiechlinsbergen: Dutters Stube
Feldberg: Adler Bärental
Freiamt: Zur Krone
Freiburg: Gasthaus zur Linde neu
Friesenheim: Mühlenhof
Gengenbach: Ponyhof
Die Reichsstadt
Glottertal: Wirtshaus zur Sonne,
Zum Goldenen Engel
Gottenheim: Zur Krone
Grenzach-Wyhlen: Rührberger Hof
Heitersheim: Landhotel Krone
Hüfingen: Landgasthof Hirschen
Inzlingen: Krone neu
Ihringen: Bräutigam
Holzöfele
Kandern: Pfaffenkeller
Kappelrodeck: Zum Rebstock
Kenzingen: Scheidels Restaurant zum Kranz
Kirchzarten: Schlegelhof
Sonne
Kleines Wiesental: Sennhütte
Klettgau: Landgasthof Mange
Königsfeld: Café Rapp
Lahr-Reichenbach: Adler – Gasthaus
Lautenbach: Sonnenhof
Lörrach: Wirtshaus Mättle neu
March: Jauch‘s Löwen
Oberried: Die Halde
Gasthaus Sternen Post
Offenburg: Blume
Ringsheim: Heckenrose
Sankt Märgen: Zum Kreuz
Sasbachwalden: Badische Stuben & Restaurant Fallert im Hotel Talmühle
Der Engel
Schopfheim: Mühle zu Gersbach
Schramberg: Gasthof Hirsch
Staufen: Die Krone
Stühlingen: Gasthaus Schwanen
Geng‘s Linde
Sulzburg: Landgasthof Rebstock
Tengen-Wiechs: Gasthof zur Sonne
Todtnau: derWaldfrieden
Villingen-Schwenningen: Rindenmühle
Waldkirch: Zum Storchen
Zell im Wiesental: Berggasthof Schlüssel neu
Nachhaltiger Genuss
Er sieht ein bisschen aus wie ein Kleeblatt: der grüne Stern, den der Guide Michelin seit einem Jahr für nachhaltige Konzepte vergibt. 35 Restaurants haben ihn 2021 deutschlandweit erhalten, vier allein in dieser Region. Das ist vielleicht kein Zufall. „Hier im Schwarzwald ist es eine Selbstverständlichkeit so zu wirtschaften, nachhaltig mit den Ressourcen umzugehen“, sagt Wolfram Hegar. Er leitet zusammen mit seiner Frau Karen Hegar Küche und Betrieb der Sommerau, die zur Stadt Bonndorf zählt, aber weit außerhalb am Ende eines schmalen Waldsträßchens auf einer hellen Lichtung liegt. Hier haben Wolfram Hegars Großeltern in den 1950er-Jahren einen Bauernhof mit einfacher Gaststätte übernommen. Haus und Hof brannten 1988 komplett ab, 1991 wurde der von der Werkgruppe Lahr geplante Holzneubau eröffnet, ein Wegweiser für moderne Schwarzwaldarchitektur. Seither liegt der Schwerpunkt auf der Gastronomie. Wolfram und Karen Hegar haben in Ein- und Zwei-Sternehäusern gearbeitet, ehe sie 2011 heimkehrten in die Sommerau und seither peu à peu das Ruder übernommen haben. Die klassische Sternegastronomie entspricht nicht ihrer Philosophie. „Der Aufwand und der Ressourcenverbrauch sind da sehr hoch“, sagt Karen Hegar. „Ungezwungen und hochwertig“ lautet ihr Anspruch. Sie gehen bewusst und respektvoll mit ihren Produkten um, die Tiere kommen zum Teil aus eigener Haltung und werden komplett verwertet. Dass der Guide Michelin diesen Einsatz, den sie seit Langem betreiben, nun würdigt, freut sie.Auch Viktoria Fuchs hat einen besonderen Bezug zu den Tieren, die sie verarbeitet. Vater Karl-Josef Fuchs und Freund Johannes Schneider jagen – „wir verarbeiten superviel eigenes Wild“, erzählt Viktoria Fuchs. Dafür ist die Küche des Romantik-Hotels Spielweg im Münstertal bekannt. Die 30-Jährige, die 2016 nach der Erkrankung ihres Vaters heimkehrte und die Küche übernahm, geht dabei andere Wege, weit über den klassischen Rehrücken hinaus. Viele ihrer neuen Klassiker wie das Wildschwein-Dim-Sum hat sie jüngst in ihrem Kochbuch „Fuchsteufelswild“ vorgestellt. Selbstverständlich nutzt man das ganze Tier. Was nicht auf dem Teller landet, kommt in die hausgemachte Wurst. Außerdem gibt es eine eigene Käserei, und die übrige Molke landet im selbstgebackenen Sauerteigbrot. Den wichtigsten Aspekt in Sachen Nachhaltigkeit sieht Viktoria Fuchs indessen in der Ausbildung: Jedes Jahr stellt das Spielweg allein in der Küche drei Lehrlinge ein, neun sind es also insgesamt. So erhält das Haus sein Küchenwissen und arbeitet aktiv gegen den Fachkräftemangel in der Branche.
Hanspeter Rombach war vor einem Jahr, als der Guide Michelin den grünen Stern erstmals verliehen hat, enttäuscht, dass er dabei nicht zum Zuge kam. Denn der Inhaber und Küchenchef der Sonne in St. Peter, die 15 Jahre lang einen klassischen Michelinstern trug, hatte sich schon vor mehr als zehn Jahren bewusst gegen die Sterneküche und für Nachhaltigkeit entschieden. Sein „Biohotel“ hat eine Umwelterklärung erstellt, in der Restaurantküche kommen regionale Zutaten, wenn möglich bio, statt weitgereiste Exoten zum Einsatz, und das Haus ist klimaneutral. Die Freude über die nun unverhoffte Auszeichnung in diesem Jahr ist groß, wird allerdings von Unsicherheit getrübt. Im März war noch nicht abzusehen, wann und wie die Gastronomie wieder öffnen kann. Bis dahin betreibt Rombach weiter einen Liefer- und Abholservice – vor allem als Beschäftigung für seine fünf Auszubildenden.
Volker Hupfer hat der grüne Stern überrascht. „Wir haben nicht damit gerechnet, glauben aber, dass es gut zu uns passt“, sagt der Inhaber und Küchenchef vom Waldfrieden in Todtnau-Herrenschwand. Denn sein Haus habe schon sehr früh den regionalen Weg eingeschlagen und konsequent weiter getragen, von der Kulinarik bis zur Architektur. Die Seniorchefin Irmgard Hupfer zählte um die Jahrtausendwende zu den Gründern der Naturparkwirte, die heimische Landwirte bei der Direktvermarktung unterstützen. „Nachhaltigkeit und Regionalität sind ja sehr wichtig für unsere Kulturlandschaft“, erklärt Volker Hupfer. „Wir ziehen deshalb das regionale Produkt immer vor.“ Er verwendet beispielsweise Wild, Pilze oder Heidelbeeren aus den umliegenden Wäldern und Hinterwälderrind, das direkt hinterm Haus weidet. Derzeit brutzelt es allerdings selten in den Pfannen des Waldfriedens. Take-away lässt sich auf dem idyllischen Hochplateau nur sporadisch, nicht dauerhaft wirtschaftlich betreiben. Deshalb freut Hupfer sich auf die Öffnung – hoffentlich nach Ostern. Die Auszeichnung motiviere dafür.
Die Sternehäuser in der Region
Bad-Peterstal-Griesbach: Le Pavillon im Hotel Dollenberg (Küchenchef: Martin Hermann)
Donaueschingen: Ösch Noir im Öschberghof (Manuel Ulrich) neu
Konstanz: Ophelia im Hotel Riva (Dirk Hoberg)
Rust: Ammolite im Hotel Bell Rock/Europa-Park (Peter Hagen-Wiest)
Sulzburg: Hirschen (Douce Steiner & Udo Weiler)
Bad Krozingen: Storchen (Fritz & Jochen Helfesrieder)
Bad Säckingen: Genuss-Apotheke (Raimar Pilz)
Bodmann-Ludwigshafen: s´Äpfle im Seehotel Villa Linde (Kevin Leitner) neu
Efringen-Kirchen: Traube (Brian Wawryk) neu
Endingen: Merkles Restaurant (Thomas Merkle)
Freiburg: Wolfshöhle (Sascha Weiss)
Grenzach-Wyhlen: Eckert (Nicolai Wiedmer)
Horben: Gasthaus zum Raben (Steffen Disch)
Konstanz: San Martino (Jochen Fecht)
Lahr-Reichenbach: Adler (Daniel Fehrenbacher)
Öhningen: La Falconera (Johannes Wuhrer)
Pfaffenweiler: Zehner‘s Stube (Fritz Zehner)
Tuttlingen: Anima (Heiko Lacher)
Vogtsburg: Schwarzer Adler (Christian Baur) neu
Bonndorf: Sommerau (Wolfram und Karen Hegar)
Münstertal: Spielweg (Viktoria Fuchs)
St. Peter: Zur Sonne (Hanspeter Rombach)
Todtnau: derWaldfrieden (Volker Hupfer)
Rückkehr in die Sterneriege
Zwei dazu, zwei weg: In Summe ist die Zahl der klassischen Sterne im Regierungsbezirk Freiburg konstant geblieben (siehe Kasten links). Besonders groß war die Freude im Kaiserstuhl. „Der Stern ist zurück und wir freuen uns riesig“, vermeldete der Schwarze Adler in Oberbergen auf seiner Website. Das zum Weingut Franz Keller gehörige Gourmetrestaurant, das auf klassisch badisch-französische Küche setzt, hatte die Auszeichnung erst ein Jahr zuvor verloren – nach 51 Jahren mit Stern. In den zurückliegenden Monaten haben sich Küchenchef Christian Baur und sein Team ordentlich ins Zeug gelegt und freuen sich nun umso mehr über die Rückkehr in die Sterneriege.
In der war das Oscars nur sehr kurz. Das Fine-Dining-Restaurant des Parkhotels Adler in Hinterzarten hatte erst Ende 2018 eröffnet und vergangenen März schon einen Michelinstern erhalten. Doch es überlebte den ersten Coronalockdown 2020 nicht. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen entschied sich Adler-Chefin Katja Newmann zur Schließung. Deshalb taucht das Oscars im neuen Guide Michelin gar nicht mehr auf.
Auch der Adler in Häusern ist aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr unter den Ein-Sterne-Restaurants vertreten. „Seit der Wiedereröffnung nach dem ersten Lockdown lassen wir unser Küchenteam, wie im Arbeitsschutzstandard empfohlen, in zwei strikt getrennten Teams arbeiten“, erklärt Marketingdirektorin Angela Haslbeck-Zumkeller. Unter diesen Umständen sei es nicht möglich, zusätzlich zu den Abendmenüs im Hotel eine Gourmetkarte anzubieten. „Deshalb haben wir unser Gourmetrestaurant für die Dauer der Coronapandemie geschlossen“, sagt Haslbeck-Zumkeller. „Wir sind allerdings sehr zuversichtlich, dass wir mit dieser Maßnahme unsere Mitarbeiter schützen und als Betrieb mit unserem Mitarbeiterteam die Pandemie gut überstehen werden“. Sommer und Herbst 2020 hätten gezeigt, dass die Gäste diese Entscheidung verstehen. Derzeit denke man über neue Konzepte für die Zeit nach der Pandemie nach. Ob und wann es wieder ein extern zugängliches Gourmetrestaurant geben werde, stehe noch nicht fest. Damit endet womöglich die längste Sternegeschichte eines deutschen Restaurants. Denn der Adler hatte als bundesweit einziges Haus ununterbrochen seit 1966 und über drei Generationen einen Stern.
Sehr viel jünger ist das Ösch Noir, dessen Start dem des Oscars gleicht. Auch dieses Gourmetrestaurant ist Teil eines Schwarzwälder Hotels, des Öschberghofs in Donaueschingen. Auch hier hat man einem jungen talentierten Koch, in diesem Fall Manuel Ulrich, Raum für Spitzenküche gegeben. Und auch dieses Projekt wurde schon ein Jahr nach seiner Eröffnung mit einem Michelinstern geehrt. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten. Denn während das Oscars schließen musste, durfte Manuel Ulrich weitermachen und hat nun nach nur zwei Jahren bereits seinen zweiten Michelinstern erkocht. Der 34-Jährige hat im Öschberghof gelernt und ist nach einigen Stationen – unter anderem in der Schwarzwaldstube in Baiersbronn, die in der aktuellen Michelinausgabe wieder drei Sterne trägt – in die Heimat zurückgekehrt.
Text: kat
Bild: derWaldfrieden