Freiburg war nie eine Handelsmetropole wie über viele Jahrhunderte die benachbarten oberrheinischen Städte Basel und vor allem Straßburg, konnte sich aber trotz seiner Grenzlage recht gut behaupten, wenn auch mit vielen Auf- und Abschwüngen.
Die ersten zwei bis drei Jahrhunderte nach der Gründung waren geprägt von einem relativen Wohlstand, der es unter anderem ermöglichte, das für eine Stadt dieser Größenordnung (circa 5.000 Einwohner) monumentale Münster zu bauen – und dies als Stadt- und nicht als Bischofskirche. Gründer der Stadt waren die Herzöge von Zähringen. Berthold II. ließ ab circa 1090 auf dem heutigen Schlossberg eine Burg erbauen und gründete unterhalb am Kreuzungspunkt zweier wichtiger Handelsstraßen eine Siedlung. Sein Sohn Konrad verlieh ihr 1120 (dem Gründungsdatum der Stadt) das Markt- und Stadtrecht. Er warb Kaufleute an und gewährte ihnen gute Bedingungen, damit sie sich hier ansiedelten. Sie erhielten ein Grundstück zum Hausbau gegen geringen Zins, sie durften nach Belieben darüber verfügen und bekamen damit quasi Privateigentum an Grund und Boden. Außerdem waren sie von Zöllen befreit. Diese Kaufleute, die teils über weitreichende Beziehungen verfügten, gewannen bald Einfluss in städtischen Gremien und stiegen teilweise durch Heirat in den Adelsstand auf.
Silberbergbau
Vermutlich waren sie als Pfründner auch recht bald an der Gewinnung und Vermarktung des Silbers aus dem Schauinsland beteiligt, die eigentlich ein herrschaftliches Privileg, also der Zähringer und später der Grafen von Freiburg, waren. Der Bergbau begann im frühen 13. Jahrhundert mit der Siedlung Dieselmuot (in der Nähe des Haldenhofs südwestlich von Hofsgrund) und dauerte – mit Unterbrechungen – bis 1954. Er ist beziehungsweise war die wohl früheste Form einer Industrie in und um Freiburg. Der Bergbau erlitt zwar immer wieder Rückgänge, zum Beispiel aufgrund von Kriegen (etwa dem Dreißigjährigen Krieg ab 1618), Epidemien wie dem wiederholten Auftreten der Pest und wegen Holzmangels zum Abstützen der Stollen und Schächte. Er hat aber doch in fast acht Jahrhunderten den Berg in einer Höhe von circa 900 Metern und einer Stollenlänge von rund 100 Kilometern durchlöchert wie einen Schweizer Käse. Seit Anfang des 18. Jahrhunderts wurden auch Grünbleierz und Bleiglanz abgebaut, später Zink. Gut zwanzig Jahre nach Einstellung des Abbaus nahm 1976 der Freiburger Juwelier Berthold Steiber mit seiner Forschungsgruppe Erkundungsaktivitäten auf, die 1997 zur Eröffnung eines der heute deutschlandweit größten Schaubergwerke führten.
Goldschmiede und Steinschleifer
Mitte des 16. Jahrhunderts stellte ein Chronist fest, dass von den drei wesentlichen Faktoren, die die Stadt groß gemacht hätten – der Silberbergbau, der Safrananbau sowie das Steinschleifergewerbe –, die beiden ersten keinen Gewinn mehr abwarfen und nur noch Steinschleifer und Goldschmiede auskömmlich arbeiten konnten. Diese Gewerbe fertigten ab circa 1500 bis etwa 1800 vor allem für wohlhabende Bürger, den Breisgauer Adel und die Geistlichkeit. Ihre Produkte waren Schmuckstücke, Tafelgeschirr, Prunkgefäße, vor allem aber liturgisches Gerät, von dem in der Folgezeit zwar vieles verloren ging oder eingeschmolzen wurde, in fürstlichen Sammlungen aber noch einiges vorhanden ist. Ein Goldschmiedemeister hatte eine vierjährige Lehrzeit sowie zwei Gesellenjahre zu absolvieren, er musste sein Meisterstück innerhalb von drei Monaten fertigen, ehelich geboren sowie verheiratet sein – was wiederum die Grundlage bildete für einen funktionierenden Haushalt, der auch die Lehrlinge zu versorgen hatte. Nicht mehr als fünf Personen durften in der Werkstatt arbeiten. Ähnlich die Vorschriften für die Schleifer. Sie befassten sich mit der Bearbeitung von Kristallen und Halbedelsteinen wie etwa Kalzedonen, Achaten, Jaspisen und Granaten. Um 1600 waren 119 Steinschleifer- und Steinbohrermeister in der Stadt tätig, viele gingen später nach Waldkirch und nach Böhmen. Ganz nebenbei erwähnte ein Zeitgenosse, dass die Habsburger zwar gute, aber auch säumige Kunden waren. Die Goldschmiede und Schleifer waren häufig Nachbarn, etwa in der Konviktstraße.
Teure Kriegswirren
Seit dem Dreißigjährigen Krieg erlebten die Freiburger immer wieder Belagerungen und Einnahmen durch fremde und dann wieder die eigenen Truppen in der Gegenbewegung – meist verbunden mit Verwüstungen oder aber hohen Zahlungen, um Zerstörungen zu vermeiden. Die Wiederaufbauten waren ebenfalls teuer. Diese Zeit der Kriegswirren, die durch die Grenzlage Freiburgs verstärkt wurde, dauerte bis fast Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Schuldenlast der Stadt war um diese Zeit drückend, auch hatte sie französische und später österreichische Garnisonen aufzunehmen. Der Festungsbau verschlang ebenfalls große Summen: Die mehr als 400-jährige vorderösterreichische Zeit wurde mehrfach durch französische Besetzungen unterbrochen. Die längste dauerte 20 Jahre (1677-1697). Während dieser Zeit umgab Sébastien Vauban, Festungsbaumeister von Ludwig XIV, die Stadt mit mächtigen Wällen und (Wasser-)Gräben. Die Franzosen zogen zwar wieder ab, überrannten aber noch zweimal in den folgenden Jahren erfolgreich die Stadt und damit ihre eigenen Wälle. Als sie 1744 endgültig abzogen – Freiburg war inzwischen Hauptstadt von Vorderösterreich – sprengten und schleiften sie die Wälle vollständig, auch die starken Befestigungen des Schlossbergs, die sie ebenfalls 50 Jahre zuvor errichtet hatten. Die dadurch gewonnenen Flächen inklusive des davor liegenden mehr oder weniger freien Schussfeldes (Glacis) ermöglichten der Stadt in der Folge ihre Ausdehnung. Noch heute heißt ein Stadtteil nach diesen Flächen: Beurbarung.
Freiburgs Wirtschaftsstruktur heute
Freiburg konzentriert sich seit über 100 Jahren auf Dienstleistungen inklusive Handel und Gastronomie/Hotellerie. Das verarbeitende Gewerbe spielt dagegen eine verhältnismäßig kleine Rolle. Im Jahr 2017 lag die gesamte Bruttowertschöpfung im Stadtkreis Freiburg bei 10,457 Milliarden Euro, davon entfielen 82,2 Prozent (8,595 Milliarden Euro) auf die Dienstleistungen, 17,5 Prozent (1,836 Milliarden Euro) auf das produzierende Gewerbe einschließlich des Baugewerbes und 0,25 Prozent (26 Millionen Euro) auf die Land- und Forstwirtschaft. Um einen Vergleich zum Land zu ziehen: Dort trugen die Dienstleistungsbereiche im Jahr 2017 zu 58,9 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei, das produzierende Gewerbe zu 40,5 Prozent. Die jeweiligen Steigerungsraten sprechen ebenfalls für die Stärke des Freiburger Dienstleistungsbereichs. Gegenüber dem Jahr 2008, demjenigen unmittelbar vor der weltweiten Wirtschaftskrise, nahm seine Bruttowertschöpfung um nominal 38,6 Prozent zu, diejenige des produzierenden Gewerbes um 19,2 Prozent.
Beschäftigte und Arbeitgeber
Gemessen an den Arbeitskräften fällt das Bild ähnlich aus. In der Stadt mit ihren ziemlich genau 230.000 Einwohnern wurden 2018 knapp 126.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gezählt. Fast 87 Prozent davon arbeiteten in den Dienstleistungsbereichen, im produzierenden Gewerbe knapp 13 Prozent. Auch hier gab es gegenüber dem Jahr 2008 eine bemerkenswerte Zunahme: Sie lag bei 29,4 Prozent der in den Dienstleistungsbereichen Tätigen, bei 2,45 Prozent unter denjenigen, die im produzierenden Gewerbe tätig waren.
Und wo arbeiten diese vielen Menschen im Dienstleistungsbereich? An erster Stelle ist da die Uni und vor allem – als größter Arbeitgeber – die Uniklinik zu nennen. Aber auch die Stadt, das Regierungspräsidium, die fünf Fraunhofer Institute, die Pädagogische Hochschule und die Hochschulen für Soziale Arbeit beschäftigen viele Mitarbeiter. Nicht zu vergessen die Erzdiözese und die Caritas. Unter den privaten Arbeitgebern sind die Banken, die Verlage, die Gastronomie und Hotellerie, die Einzel- und Großhändler sowie IT-Häuser und viele andere aufzuführen. Auch Verkehrsbetriebe gehören zu den Dienstleistern wie die VAG, Südbaden Bus, die Deutsche Bahn und Speditionen sowie Busbetriebe.
Wichtig zu betonen ist indessen, dass die Dienstleistungsstärke der Stadt nicht möglich wäre ohne einen regen Austausch mit dem Umland des ganzen Regierungsbezirkes Freiburg, der teilweise stark industriell geprägt ist.
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Quellen: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder von 2017, Statistisches Landesamt, Agentur für Arbeit
Savoyarden und Österreicher
Aus der Zeit der französischen Besetzungen datiert eine Art Einwanderungswelle, deren Mitglieder beziehungsweise wiederum deren Nachfahren im wirtschaftlichen Leben Freiburgs bis ins 20. Jahrhundert eine Rolle spielten: Kaufleute aus Savoyen (Savoyarden), die in ihrer Heimat, den französischen Alpen, keine Ernährungsgrundlage mehr fanden, kamen nach Freiburg und erkauften sich hier die Zunftaufnahme. Namen jener Einwanderer sind beispielsweise Michon, Rosset, Montfort, Sautier. Im 18. Jahrhundert siedelten sich dann viele österreichische Beamte mit ihren Familien an (bis zu fünf Prozent der Bevölkerung Freiburgs) zum Beispiel die Kapferer, Wanker, Keller. Freiburg blieb vorderösterreichisch und damit habsburgerisch, bis 1806 das heutige Südbaden in das neu entstandene Großherzogtum Baden integriert wurde und neben Karlsruhe und Mannheim eine der drei Hauptstädte des Landes wurde – allerdings mit einer wesentlich verhalteneren ökonomischen Entwicklung als beispielsweise Mannheim, das äußerst verkehrsgünstig an Rhein und Neckar sowie großen Handelsstraßen gelegen und wichtiger Bestandteil des schnell entstehenden Eisenbahnnetzes war.
Industrialisierung
Nach Freiburg kam die Eisenbahn 1845 und war sicher ein wesentlicher Grund für die beginnende Industrialisierung (siehe auch Seite 20). In der Stadt entwickelte sich eine ganze Reihe von Betrieben mit teilweise mehreren hundert Beschäftigten: Mez (Nähseide), Risler (Porzellanknöpfe), Kuenzer (Zichorien), Fauler und Grether (Metallverarbeitung), Kromer (Schraubenspund- und Geldschrankschlösser), Herder, Wagner und Poppen (Druckereien), Löwen, Insel und Ganter (Bierbrauereien) sowie eine Reihe von Baufirmen, darunter als größte die Firma Brenzinger. Die Baufirmen lebten gut vom Aufschwung in der sogenannten Ära Winterer (benannt nach dem Oberbürgermeister Otto Winterer, Amtszeit von 1888 bis 1913).
Ursprung der Green City
In dieser Ära entschieden sich Stadtverwaltung und Gemeinderat, vorrangig die Wohn- und Lebensqualität Freiburgs anstelle eines industriellen Wachstums zu fördern – der Ursprung Freiburgs als Green City. Mit Herdern und der Unterwiehre entstanden ausgedehnte Villenviertel, in die gerne wohlhabende Neubürger aus anderen Teilen Deutschlands zuzogen. Dies nicht zuletzt, weil Freiburg früh für eine Straßenbahn, ein funktionierendes Wasser- und Abwassernetz, Parks und Grünflächen, ein Theater und den Ausbau der Universität sorgte. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg lebten in der Stadt 125 Millionäre, meistens sogenannte Rentiers, nach der Inflation waren es nur noch um die 20. In dieser Zeit hatte Freiburg wie ganz Deutschland eine hohe Arbeitslosigkeit zu verzeichnen, und der Stadtrat besann sich darauf, dass einige Industriebetriebe doch ganz gut seien. Da kam es 1927 zur Ansiedlung der Rhodiaseta, die 1.000 Arbeitsplätze in Aussicht stellte und zudem derjenigen der Schluchseewerk AG, die von Freiburg aus ihre Pumpspeicherkraftwerke im Schwarzwald und Flusswasserkraftwerke im Hochrhein verwaltete. Allerdings gab es auch Insolvenzen, wie diejenige der Firma Himmelsbach (unter anderem hölzerne Telegrafenmasten). 1926 entstand der Flugplatz, und im gleichen Jahr nahm in Freiburg ein Radiosender seine Ausstrahlungen auf. Anfang der 1930er-Jahre florierte der Wohnungsbau. 1930 wurden 881 Wohnungen in der Stadt fertiggestellt, das wäre auch heute kein schlechtes Ergebnis. Der Bauindustrie verhalf Anfang der 1930er-Jahre zudem der Neubau der Uniklinik zu Aufschwung.
Text: Ulrich Plankenhorn
Bilder: Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg i.Br., Bildarchiv, Aufnahme Peter Trenkle; Karl-Heinz Raach; FWTM/Schwerer
Quellen: Dreibändige Geschichte der Stadt Freiburg, Theiss-Verlag, 2. Auflage 2001/Kreuz und quer durch Freiburg, Silberburg-Verlag, 2019