Der Rhein ist es, was sie verbindet. Doch machen unterschiedliche Regularien in Deutschland, Frankreich und der Schweiz es nicht immer leicht, diese Verbindung auch tatsächlich zu sehen und zu leben. Das Spitzentreffen der Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammern am Oberrhein Ende November in Lahr zeigte jedoch, dass die Wirtschaft schon viel gemeinschaftlicher denkt, als rechtliche Verordnungen es glauben lassen würden.
„Herzlich willkommen, Bienvenue und Grüezi“, begrüßte Eberhard Liebherr, Präsident der IHK Südlicher Oberrhein, als Gastgeber die Vertreterinnen und Vertreter der acht Kammern, die an diesem Tag vor Ort waren. Er entdeckte gleich eine Gemeinsamkeit: „Wir alle haben ein Herz für diese Region.“ Dabei würde sein Herz, sowohl als Präsident als auch als Unternehmer mit einer Geschäftsstelle in Frankreich in der Nähe von Mulhouse, „grenzüberschreitend schlagen“. Erheitert lauschten die Anwesenden Liebherrs Ausführungen von den Reisen seiner Kindheit ins europäische Ausland. „Setzt Euch gerade hin, die Zöllner verstehen keinen Spaß“, wäre da der Ruf auf die Rückbank im elterlichen Opel Kapitän geschallt. Wie leicht sei da doch heute das Reisen innerhalb der trinationalen Region, freute sich der Präsident, um direkt noch einmal sehr ernst zu werden. „Mit Schrecken denke ich an die Pandemie und die sich daraus ergebenden Grenzschließungen zurück – so etwas darf es nie wieder geben.“
„Mit Blick auf das aktuelle Weltgeschehen, wo Grenzen zu Gewalt und Krieg führen, bin ich stolz und dankbar, dass wir uns hier mit viel Engagement dafür einsetzen, dass Grenzen bei uns tatsächlich keine Rolle mehr spielen“, schaute der IHK-Präsident auf den Hintergrund des Treffens. Wenngleich es noch einige Hürden zu überwinden gelte. Liebherr: „So gibt es noch immer viel zu viele bürokratische Hemmnisse. Aber schauen wir doch auf das Erreichte. Manchmal glaube ich, dass uns gar nicht klar ist, welche Errungenschaften wir schon gemacht haben.“
Dieter Salomon, Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein, hob in seiner Einleitung den Zwiespalt hervor: „Zuletzt gab es doch vielerlei Belastungen zwischen den Ländern. Aber wir hier in unseren Einrichtungen können es gut miteinander.“
Eine Region, die Maßstäbe setzen kann
Diese Atmosphäre lobte auch Yannick Bury, CDU-Bundestagabgeordneter für den Wahlkreis Emmendingen-Lahr, der dem Spitzen-treffen als Gast und Vortragender beiwohnte. Bury ist außerdem Mitglied der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung. Das Gremium setzt sich aus 100 Mitgliedern zusammen, darunter 50 Abgeordnete des Deutschen Bundestages sowie 50 Abgeordnete der Assemblée nationale. Zweimal im Jahr, abwechselnd in Deutschland und Frankreich, tagt die Versammlung. Der Politiker lobte den bereits im Aachener Vertrag festgelegten Laborcharakter deutsch-französischer Grenzregionen. „Es gibt hier einige Experimentierklauseln, die wir jedoch noch nicht genutzt haben.“ Diese seien gut und sinnvoll, um Gesetzgebungen erst „aufzubohren und dann auszuweiten“. Gerade auf dem Arbeitsmarkt sieht der Experte an dieser Stelle „Bedarf und Möglichkeiten“. So sei ein „Präqualifizierungsverfahren“ für die Entsendung deutscher Mitarbeitender nach Frankreich derzeit im Gespräch, um die aktuell sehr bürokratischen Regelungen zu vereinfachen. Bury: „Spätestens in der ersten Sitzung im Jahr 2024 wird das in der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung thematisiert werden. Und damit wird es auch zum Arbeitsauftrag für die beiden nationalen Parlamente.“ Dass der französische Staat seit dem im Juli 2023 unterzeichneten deutsch-französischen Abkommen über die grenzüberschreitende Berufsausbildung die Kosten für die Berufsschule der Schülerinnen und Schüler trage, sei „nicht selbstverständlich“. – „Das ist ein Zeichen, dass es der französischen Regierung wichtig ist.“ Diesseits des Rhein, so Burys Feststellung, würde das Verständnis für diese Themen „mit jedem Kilometer von der Grenze entfernt weiter verloren gehen“.
Die Wirtschaft immer mit ins Boot holen
Jean-Luc Heimburger, Präsident der CCI Alsace Eurométrople und Sprecher der Säule Wirtschaft der Trinationalen Metropolregion Oberhein, kurz TMO, mahnte: „Nehmt die Wirtschaft mit bei Euren Überlegungen!“ Urs Grütter, Vizepräsident der Handelskammer beider Basel, erkannte, wie Bury für Deutschland und Frankreich, auch für die Schweiz gewisse Verständnisprobleme: „Von Basel nach Bern ist es nicht so weit. Aber dazwischen ist der Jura, was es nicht leichter macht.“
Beim Thema Mobilität betonte Martin Dätwyler, Direktor der Handelskammer beider Basel, wie enorm wichtig das S-Bahn-Netz für die Trinationalität der Region sei. Den Arbeitsmarkt in der TMO nahm sich anschließend Andrea Wagner, BAK Economics AG, vor. Sie nannte Fakten und Zahlen zur Region. Wagner, selbst Grenzpendlerin, informierte über die „wohlhabende, wachsende, dynamische Wirtschaftsregion, in der der Fachkräftemangel unübersehbar sei.“ Zur Frage, welche Lösungen es gegen den Fach- und Arbeitsmangel gebe, betonte die Expertin: „Inzwischen sind auch die Unternehmen gefordert, ihre Attraktivität gegenüber potenziellen Mitarbeitenden zu steigern. Sie müssen die Bedürfnisse derer befriedigen, die sie haben wollen.“ Von der Politik verlangte Wagner, dass sie die Rahmenbedingungen setze.
Neue Mitarbeiterkreise erschließen
Claudius Marx, Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee, sah beim Kampf um Fachkräfte die Antwort nicht in der Steigerung der Arbeitgeberattraktivität. „Das ist keine volkswirtschaftliche Strategie.“ Wenn eine Ressource knapp sei, gebe es eben nur zwei Möglichkeiten: „Die Erschließung anderer Quellen oder ein besserer Umgang mit den vorhandenen Ressourcen.“ Zwar seien die Industrie- und Handelskammern mit ihren Ausbildungsberufen die Gewinner bei den Studienabbrechern, doch herrsche hier eben eine Ineffizienz. Wolfgang Grenke, Präsident der IHK Karlsruhe, sah bei der Lösung des Fachkräfteproblems Unterstützung durch Frauen, die ihre Erwerbstätigkeit nach Mutterschutz und Elternzeit wieder auf 100 Prozent anheben könnten. „Vielleicht sollte man an dieser Stelle überlegen, Hilfskräfte aus dem Ausland zu holen, um bei der Hausarbeit zu unterstützen.“
Bei der Vorstellung der TMO führte Philippe Fraunhofer, Koordinator der Säule Wirtschaft der TMO, aus, welch großes Potenzial das Feld der Gründungen und Start-ups am Oberrhein bieten würde. Fraunhofer: „Das sind die Unternehmerinnen und Unternehmer von morgen. Das sind die, die von Anfang an grenzüberschreitend denken.“
Frank Baasner, Direktor des Deutsch-Französischen Instituts, bildete mit seinem Vortrag den Abschluss und stellte das Paradoxe der Region heraus: „Der Lebensraum funktioniert, ist mit hier wohnen, drüben ins Nachtleben, drüben leben, hier einkaufen Lebensrealität.“ Kollisionen gebe es allerdings doch, ob auf dem Arbeitsmarkt oder beim Planungsrecht. Gerade hier gelte es, mit einer Stimme zu sprechen. Natalie ButzHerzlich willkommen, Bienvenue und Grüezi“, begrüßte Eberhard Liebherr, Präsident der IHK Südlicher Oberrhein, als Gastgeber die Vertreterinnen und Vertreter der acht Kammern, die an diesem Tag vor Ort waren. Er entdeckte gleich eine Gemeinsamkeit: „Wir alle haben ein Herz für diese Region.“ Dabei würde sein Herz, sowohl als Präsident als auch als Unternehmer mit einer Geschäftsstelle in Frankreich in der Nähe von Mulhouse, „grenzüberschreitend schlagen“. Erheitert lauschten die Anwesenden Liebherrs Ausführungen von den Reisen seiner Kindheit ins europäische Ausland. „Setzt Euch gerade hin, die Zöllner verstehen keinen Spaß“, wäre da der Ruf auf die Rückbank im elterlichen Opel Kapitän geschallt. Wie leicht sei da doch heute das Reisen innerhalb der trinationalen Region, freute sich der Präsident, um direkt noch einmal sehr ernst zu werden. „Mit Schrecken denke ich an die Pandemie und die sich daraus ergebenden Grenzschließungen zurück – so etwas darf es nie wieder geben.“
„Mit Blick auf das aktuelle Weltgeschehen, wo Grenzen zu Gewalt und Krieg führen, bin ich stolz und dankbar, dass wir uns hier mit viel Engagement dafür einsetzen, dass Grenzen bei uns tatsächlich keine Rolle mehr spielen“, schaute der IHK-Präsident auf den Hintergrund des Treffens. Wenngleich es noch einige Hürden zu überwinden gelte. Liebherr: „So gibt es noch immer viel zu viele bürokratische Hemmnisse. Aber schauen wir doch auf das Erreichte. Manchmal glaube ich, dass uns gar nicht klar ist, welche Errungenschaften wir schon gemacht haben.“
Dieter Salomon, Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein, hob in seiner Einleitung den Zwiespalt hervor: „Zuletzt gab es doch vielerlei Belastungen zwischen den Ländern. Aber wir hier in unseren Einrichtungen können es gut miteinander.“
Eine Region, die Maßstäbe setzen kann
Diese Atmosphäre lobte auch Yannick Bury, CDU-Bundestagabgeordneter für den Wahlkreis Emmendingen-Lahr, der dem Spitzen-treffen als Gast und Vortragender beiwohnte. Bury ist außerdem Mitglied der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung. Das Gremium setzt sich aus 100 Mitgliedern zusammen, darunter 50 Abgeordnete des Deutschen Bundestages sowie 50 Abgeordnete der Assemblée nationale. Zweimal im Jahr, abwechselnd in Deutschland und Frankreich, tagt die Versammlung. Der Politiker lobte den bereits im Aachener Vertrag festgelegten Laborcharakter deutsch-französischer Grenzregionen. „Es gibt hier einige Experimentierklauseln, die wir jedoch noch nicht genutzt haben.“ Diese seien gut und sinnvoll, um Gesetzgebungen erst „aufzubohren und dann auszuweiten“. Gerade auf dem Arbeitsmarkt sieht der Experte an dieser Stelle „Bedarf und Möglichkeiten“. So sei ein „Präqualifizierungsverfahren“ für die Entsendung deutscher Mitarbeitender nach Frankreich derzeit im Gespräch, um die aktuell sehr bürokratischen Regelungen zu vereinfachen. Bury: „Spätestens in der ersten Sitzung im Jahr 2024 wird das in der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung thematisiert werden. Und damit wird es auch zum Arbeitsauftrag für die beiden nationalen Parlamente.“ Dass der französische Staat seit dem im Juli 2023 unterzeichneten deutsch-französischen Abkommen über die grenzüberschreitende Berufsausbildung die Kosten für die Berufsschule der Schülerinnen und Schüler trage, sei „nicht selbstverständlich“. – „Das ist ein Zeichen, dass es der französischen Regierung wichtig ist.“ Diesseits des Rhein, so Burys Feststellung, würde das Verständnis für diese Themen „mit jedem Kilometer von der Grenze entfernt weiter verloren gehen“.
Die Wirtschaft immer mit ins Boot holen
Jean-Luc Heimburger, Präsident der CCI Alsace Eurométrople und Sprecher der Säule Wirtschaft der Trinationalen Metropolregion Oberhein, kurz TMO, mahnte: „Nehmt die Wirtschaft mit bei Euren Überlegungen!“ Urs Grütter, Vizepräsident der Handelskammer beider Basel, erkannte, wie Bury für Deutschland und Frankreich, auch für die Schweiz gewisse Verständnisprobleme: „Von Basel nach Bern ist es nicht so weit. Aber dazwischen ist der Jura, was es nicht leichter macht.“
Beim Thema Mobilität betonte Martin Dätwyler, Direktor der Handelskammer beider Basel, wie enorm wichtig das S-Bahn-Netz für die Trinationalität der Region sei. Den Arbeitsmarkt in der TMO nahm sich anschließend Andrea Wagner, BAK Economics AG, vor. Sie nannte Fakten und Zahlen zur Region. Wagner, selbst Grenzpendlerin, informierte über die „wohlhabende, wachsende, dynamische Wirtschaftsregion, in der der Fachkräftemangel unübersehbar sei.“ Zur Frage, welche Lösungen es gegen den Fach- und Arbeitsmangel gebe, betonte die Expertin: „Inzwischen sind auch die Unternehmen gefordert, ihre Attraktivität gegenüber potenziellen Mitarbeitenden zu steigern. Sie müssen die Bedürfnisse derer befriedigen, die sie haben wollen.“ Von der Politik verlangte Wagner, dass sie die Rahmenbedingungen setze.
Neue Mitarbeiterkreise erschließen
Claudius Marx, Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee, sah beim Kampf um Fachkräfte die Antwort nicht in der Steigerung der Arbeitgeberattraktivität. „Das ist keine volkswirtschaftliche Strategie.“ Wenn eine Ressource knapp sei, gebe es eben nur zwei Möglichkeiten: „Die Erschließung anderer Quellen oder ein besserer Umgang mit den vorhandenen Ressourcen.“ Zwar seien die Industrie- und Handelskammern mit ihren Ausbildungsberufen die Gewinner bei den Studienabbrechern, doch herrsche hier eben eine Ineffizienz. Wolfgang Grenke, Präsident der IHK Karlsruhe, sah bei der Lösung des Fachkräfteproblems Unterstützung durch Frauen, die ihre Erwerbstätigkeit nach Mutterschutz und Elternzeit wieder auf 100 Prozent anheben könnten. „Vielleicht sollte man an dieser Stelle überlegen, Hilfskräfte aus dem Ausland zu holen, um bei der Hausarbeit zu unterstützen.“
Bei der Vorstellung der TMO führte Philippe Fraunhofer, Koordinator der Säule Wirtschaft der TMO, aus, welch großes Potenzial das Feld der Gründungen und Start-ups am Oberrhein bieten würde. Fraunhofer: „Das sind die Unternehmerinnen und Unternehmer von morgen. Das sind die, die von Anfang an grenzüberschreitend denken.“
Frank Baasner, Direktor des Deutsch-Französischen Instituts, bildete mit seinem Vortrag den Abschluss und stellte das Paradoxe der Region heraus: „Der Lebensraum funktioniert, ist mit hier wohnen, drüben ins Nachtleben, drüben leben, hier einkaufen Lebensrealität.“ Kollisionen gebe es allerdings doch, ob auf dem Arbeitsmarkt oder beim Planungsrecht. Gerade hier gelte es, mit einer Stimme zu sprechen. Natalie ButzHerzlich willkommen, Bienvenue und Grüezi“, begrüßte Eberhard Liebherr, Präsident der IHK Südlicher Oberrhein, als Gastgeber die Vertreterinnen und Vertreter der acht Kammern, die an diesem Tag vor Ort waren. Er entdeckte gleich eine Gemeinsamkeit: „Wir alle haben ein Herz für diese Region.“ Dabei würde sein Herz, sowohl als Präsident als auch als Unternehmer mit einer Geschäftsstelle in Frankreich in der Nähe von Mulhouse, „grenzüberschreitend schlagen“. Erheitert lauschten die Anwesenden Liebherrs Ausführungen von den Reisen seiner Kindheit ins europäische Ausland. „Setzt Euch gerade hin, die Zöllner verstehen keinen Spaß“, wäre da der Ruf auf die Rückbank im elterlichen Opel Kapitän geschallt. Wie leicht sei da doch heute das Reisen innerhalb der trinationalen Region, freute sich der Präsident, um direkt noch einmal sehr ernst zu werden. „Mit Schrecken denke ich an die Pandemie und die sich daraus ergebenden Grenzschließungen zurück – so etwas darf es nie wieder geben.“
„Mit Blick auf das aktuelle Weltgeschehen, wo Grenzen zu Gewalt und Krieg führen, bin ich stolz und dankbar, dass wir uns hier mit viel Engagement dafür einsetzen, dass Grenzen bei uns tatsächlich keine Rolle mehr spielen“, schaute der IHK-Präsident auf den Hintergrund des Treffens. Wenngleich es noch einige Hürden zu überwinden gelte. Liebherr: „So gibt es noch immer viel zu viele bürokratische Hemmnisse. Aber schauen wir doch auf das Erreichte. Manchmal glaube ich, dass uns gar nicht klar ist, welche Errungenschaften wir schon gemacht haben.“
Dieter Salomon, Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein, hob in seiner Einleitung den Zwiespalt hervor: „Zuletzt gab es doch vielerlei Belastungen zwischen den Ländern. Aber wir hier in unseren Einrichtungen können es gut miteinander.“
Eine Region, die Maßstäbe setzen kann
Diese Atmosphäre lobte auch Yannick Bury, CDU-Bundestagabgeordneter für den Wahlkreis Emmendingen-Lahr, der dem Spitzen-treffen als Gast und Vortragender beiwohnte. Bury ist außerdem Mitglied der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung. Das Gremium setzt sich aus 100 Mitgliedern zusammen, darunter 50 Abgeordnete des Deutschen Bundestages sowie 50 Abgeordnete der Assemblée nationale. Zweimal im Jahr, abwechselnd in Deutschland und Frankreich, tagt die Versammlung. Der Politiker lobte den bereits im Aachener Vertrag festgelegten Laborcharakter deutsch-französischer Grenzregionen. „Es gibt hier einige Experimentierklauseln, die wir jedoch noch nicht genutzt haben.“ Diese seien gut und sinnvoll, um Gesetzgebungen erst „aufzubohren und dann auszuweiten“. Gerade auf dem Arbeitsmarkt sieht der Experte an dieser Stelle „Bedarf und Möglichkeiten“. So sei ein „Präqualifizierungsverfahren“ für die Entsendung deutscher Mitarbeitender nach Frankreich derzeit im Gespräch, um die aktuell sehr bürokratischen Regelungen zu vereinfachen. Bury: „Spätestens in der ersten Sitzung im Jahr 2024 wird das in der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung thematisiert werden. Und damit wird es auch zum Arbeitsauftrag für die beiden nationalen Parlamente.“ Dass der französische Staat seit dem im Juli 2023 unterzeichneten deutsch-französischen Abkommen über die grenzüberschreitende Berufsausbildung die Kosten für die Berufsschule der Schülerinnen und Schüler trage, sei „nicht selbstverständlich“. – „Das ist ein Zeichen, dass es der französischen Regierung wichtig ist.“ Diesseits des Rhein, so Burys Feststellung, würde das Verständnis für diese Themen „mit jedem Kilometer von der Grenze entfernt weiter verloren gehen“.
Die Wirtschaft immer mit ins Boot holen
Jean-Luc Heimburger, Präsident der CCI Alsace Eurométrople und Sprecher der Säule Wirtschaft der Trinationalen Metropolregion Oberhein, kurz TMO, mahnte: „Nehmt die Wirtschaft mit bei Euren Überlegungen!“ Urs Grütter, Vizepräsident der Handelskammer beider Basel, erkannte, wie Bury für Deutschland und Frankreich, auch für die Schweiz gewisse Verständnisprobleme: „Von Basel nach Bern ist es nicht so weit. Aber dazwischen ist der Jura, was es nicht leichter macht.“
Beim Thema Mobilität betonte Martin Dätwyler, Direktor der Handelskammer beider Basel, wie enorm wichtig das S-Bahn-Netz für die Trinationalität der Region sei. Den Arbeitsmarkt in der TMO nahm sich anschließend Andrea Wagner, BAK Economics AG, vor. Sie nannte Fakten und Zahlen zur Region. Wagner, selbst Grenzpendlerin, informierte über die „wohlhabende, wachsende, dynamische Wirtschaftsregion, in der der Fachkräftemangel unübersehbar sei.“ Zur Frage, welche Lösungen es gegen den Fach- und Arbeitsmangel gebe, betonte die Expertin: „Inzwischen sind auch die Unternehmen gefordert, ihre Attraktivität gegenüber potenziellen Mitarbeitenden zu steigern. Sie müssen die Bedürfnisse derer befriedigen, die sie haben wollen.“ Von der Politik verlangte Wagner, dass sie die Rahmenbedingungen setze.
Neue Mitarbeiterkreise erschließen
Claudius Marx, Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee, sah beim Kampf um Fachkräfte die Antwort nicht in der Steigerung der Arbeitgeberattraktivität. „Das ist keine volkswirtschaftliche Strategie.“ Wenn eine Ressource knapp sei, gebe es eben nur zwei Möglichkeiten: „Die Erschließung anderer Quellen oder ein besserer Umgang mit den vorhandenen Ressourcen.“ Zwar seien die Industrie- und Handelskammern mit ihren Ausbildungsberufen die Gewinner bei den Studienabbrechern, doch herrsche hier eben eine Ineffizienz. Wolfgang Grenke, Präsident der IHK Karlsruhe, sah bei der Lösung des Fachkräfteproblems Unterstützung durch Frauen, die ihre Erwerbstätigkeit nach Mutterschutz und Elternzeit wieder auf 100 Prozent anheben könnten. „Vielleicht sollte man an dieser Stelle überlegen, Hilfskräfte aus dem Ausland zu holen, um bei der Hausarbeit zu unterstützen.“
Bei der Vorstellung der TMO führte Philippe Fraunhofer, Koordinator der Säule Wirtschaft der TMO, aus, welch großes Potenzial das Feld der Gründungen und Start-ups am Oberrhein bieten würde. Fraunhofer: „Das sind die Unternehmerinnen und Unternehmer von morgen. Das sind die, die von Anfang an grenzüberschreitend denken.“
Frank Baasner, Direktor des Deutsch-Französischen Instituts, bildete mit seinem Vortrag den Abschluss und stellte das Paradoxe der Region heraus: „Der Lebensraum funktioniert, ist mit hier wohnen, drüben ins Nachtleben, drüben leben, hier einkaufen Lebensrealität.“ Kollisionen gebe es allerdings doch, ob auf dem Arbeitsmarkt oder beim Planungsrecht. Gerade hier gelte es, mit einer Stimme zu sprechen.
Text: Natalie Butz
Bild: Michael Bode
Bild: Eberhard Liebherr, Präsident der IHK Südlicher Oberrhein, begrüßte als Gastgeber in Lahr die Kollegen von beiden Seiten des Rheins.