Einige Unternehmen in der EU sind nach der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) bereits verpflichtet, Nachhaltigkeitsberichte, in denen es etwa um Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelange geht, zu erstellen und zu veröffentlichen. Sehr viele weitere Firmen werden dies in den kommenden Jahren ebenfalls tun müssen. In der Corporate Sustainability Reporting Directive, oder kurz CSRD, ist das geregelt. Doch wie genau diese Bestandsaufnahme zu erfolgen hat, war noch nicht festgelegt. Nun ist man auch da einen Schritt weiter.
Am 31. Juli hat die Europäische Kommission in einem delegierten Rechtsakt einen ersten Teil der verbindlichen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU veröffentlicht. In diesem sogenannten Set 1 der European Sustainability Reporting Standards, kurz ESRS, wird geregelt, wie Nachhaltigkeitsberichterstattung in Zukunft zu erfolgen hat. Das Ganze stand zwar noch nicht im EU-Amtsblatt und ist damit nicht ganz in trockenen Tüchern – die Vorschriften treten erst final mit der Bekanntmachung in Kraft –, aber das ist wohl nur eine Frage der Zeit. Betroffene Unternehmen sollten daher mit Hochdruck beginnen, die neuen Regeln zu studieren. Für einige geht es zum nächsten Geschäftsjahr auch schon los mit den neuen Pflichten.
Infos und Termine
Die ersten europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS Set 1) in der am 31.7.2023 von der EU-Kommission angenommenen Version zum Herunterladen über diesen Link (im unteren Teil der Seite unter „Annahme durch die Kommission)
Onlineseminare zu den ESRS: drei mal 90 Minuten, 10 bis 11.30 Uhr am 25. Oktober (Einführung in die CSRD und ESRSs, Fokusthema: Doppelte Wesentlichkeit), 15. November (Environmental Standards ESRS E1-5) und 6. Dezember (Social Standards ESRS S1-4 und Governance ESRS G1). Anmeldung unter www.ihk.de/freiburg – 5924224
Onlineinformation „EU-Klimapolitik: EU Green Deal – Auswirkungen auf den Mittelstand Pragmatischer Einstieg ins Nachhaltigkeits-Reporting“: IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, am 23.November, 17-18 Uhr. Anmeldung unter https://veranstaltungen-ihk-sbh.de/euklimapolitikeugreendealfolgenfrdenmittelstand23
Workshop-Reihe „CSRD im Konvoi“: Fünf bis zwölf Unternehmen können sich ab Januar 2024 gemeinsam auf den Weg machen, das erste Mal die Anforderungen der CSRD und ESRS im eigenen Unternehmen umzusetzen. In fünf Workshops – online und Präsenz – wird das Know-how zur CSRD vermittelt. Anmeldung unter www.ihk.de/freiburg – 5896918
Onlineseminar „Nachhaltigkeitsberichterstattung – Der Weg zum eigenen Bericht“: IHK Hochrhein-Bodensee, drei mal 1 ½ Stunden, jeweils 16.30 bis 18 Uhr, Start des Zyklus in 2024 am 15. Februar, 9. April, 11. September und 6. November. Infos und Anmeldung ab demnächst unter www.ihk.de/konstanz – 14073
Ansprechpartner bei den IHKs
IHK Hochrhein-Bodensee Heike Wagner 7531 2860-190 heike.wagner@konstanz.ihk.de und Dirk Schroff, Telefon: 07531 2860-165, mail: dirk.schroff@konstanz.ihk.de
IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg Marcel Trogisch 07721 922-170 trogisch@vs.ihk.de
IHK Südlicher Oberrhein Jil Munga, Telefon: 0761 3858 263, Mail: jil.munga@freiburg.ihk.de
Infos und Services speziell zum Thema Klima
BWIHK Ecocockpit: Kostenfreies Klimabilanzierungstool der zwölf IHKs in Baden-Württemberg. Infos unter www.ecocockpit-bw
Online-Seminar „Einstieg in die Klima-Bilanz und ins Klimamanagement“, IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, 11. Oktober, 9 Uhr. Infos und Anmeldung unter www.ihk.de/sbh – 4812106
Wer ab wann nach der CSRD berichten muss
Die Pflicht zur „neuen“ Nachhaltigkeitsberichterstattung tritt gestaffelt in Kraft und bestimmt sich nach der Größe und bestimmten Eigenschaften des Unternehmens. So sieht der aktuelle Zeitplan aus:
- ab dem Geschäftsjahr 2024 alle Unternehmen, die bereits jetzt zur nichtfinanziellen Berichterstattung nach § 289b HGB verpflichtet sind, zudem Unternehmen von öffentlichem Interesse mit durchschnittlich 500 Beschäftigten und mehr. Die CSRD löst ab 2024 die Non-financial Reporting Directive (NFRD) ab.
- ab dem Geschäftsjahr 2025 alle großen Kapitalgesellschaften, alle Personenhandelsgesellschaften, die per §246a HGB gleichgestellt sind, sowie zur Konzernrechnungslegung verpflichtete Unternehmen
- ab dem Geschäftsjahr 2026 alle kapitalmarktorientierten Unternehmen. Ausnahme: Kleinstunternehmen. Zudem können – unter bestimmten Voraussetzungen – kapitalmarkt- orientierte KMU einen Aufschub bis 2028 erhalten. Sie müssen dann in ihrem Lagebericht angeben, warum sie sich für das Opt-out entschieden und die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht vorgelegt haben.
- ab dem Geschäftsjahr 2028 stoßen gewisse Unternehmen aus Drittstaaten mit großen Töchtern in einem EU-Land hinzu.
Aber auch Firmen, die (noch) nicht an der Reihe sind, können (früher) betroffen sein, etwa wenn sie Geschäftspartner der berichtspflichtigen Unternehmen sind. Denn diese werden zur Erfüllung der eigenen gesetzlichen Berichtspflicht auf Informationen ihrer Zulieferer entlang der Lieferkette zurückgreifen müssen und sie auffordern, entsprechende Angaben zu liefern. Wer sich hier sperrt oder schlicht keine Auskünfte geben kann, läuft möglicherweise Gefahr ersetzt zu werden.
Eine weitere Betroffenheit auch für kleine Unternehmen kann sich über die Finanzströme ergeben: Weil auch Banken und Versicherungen mit der CSRD transparent machen müssen, wohin ihr Geld fließt, könnten solche Daten nötig werden, um eine Finanzierung oder Versicherungsschutz zu bekommen.
Eine schwere Geburt
Die Veröffentlichung zum 31. Juli bedeutet zugleich, dass die finalen Standards nun in 23 Sprachen, darunter natürlich auch in Deutsch, vorliegen (Downloadlink für die Verordnung nebst Anhängen siehe Kasten). In der Entwurfsphase gab es sie nur in Englisch zu bestaunen.
Das Set 1 war von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entworfen worden und – nach erstem sehr kritischen Feedback unter anderem von Seiten der DIHK – im November 2022 in einer überarbeiteten Version an die europäische Kommission gegangen. Nach diversen internen Runden mit Veränderungen (und Erleichterungen) veröffentlichte die EU-Kommission dann im Juni einen ersten Entwurf des delegierten Rechtsakts und rief die Öffentlichkeit zur Konsultation auf. Über 600 Rückmeldungen von Wirtschaftsverbänden wie der DIHK, aber auch von besorgten Einzelpersonen gingen ein – und können online noch eingesehen werden (Link im Kasten). Die Kommission nahm daraufhin weitere Änderungen vor und ergänzte den Entwurf um Klarstellungen, bevor der Rechtsakt dann am 31. Juli das Licht der Welt erblickte.
Das steht im Set 1
Im Set 1 der ESRS geht es um das große Ganze. Das Regelwerk besteht aus zwölf einzelnen ESRS und erstreckt sich über vier Bereiche: die übergreifenden Standards sowie themenspezifische Standards zu Umweltthemen, allen sozialen Belange und der Unternehmenspolitik (Governance) (siehe Tabelle).
Übergreifend werden die Standards und Grundsätze festgelegt, wer welche Informationen wie zu erheben und zu veröffentlichen hat. Dazu gehört etwa, welche Informationen über das Unternehmen und seine Organisation nötig sind, welche für alle Unternehmen verpflichtend sind, welche nur bei Wesentlichkeit erforderlich sind, was unter doppelter Wesentlichkeit zu verstehen ist. Außerdem sind Grundsätze darüber enthalten, auf welche Informationen in den ersten Jahren verzichtet werden kann, sowie ob und welche Verweise möglich oder Vergleichswerte erforderlich sind.
Set 2 folgt noch
Im kommenden Jahr wird die EU-Kommission noch ein sogenanntes Set 2 veröffentlichen, das die EFRAG in gleicher Weise für sie erarbeitet hat. Darin geht es um Berichterstattungsstandards für Unternehmen in bestimmten Sektoren. Auch für die Mutterunternehmen mit Sitz in einem Staat außerhalb der EU, die unter bestimmten Voraussetzungen einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen und offenlegen müssen, sollen noch separate Standardentwürfe vorgelegt werden.
Zudem sieht die CSRD Erleichterungen für kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen sowie bestimmte kleine und nicht komplexe Institute und bestimmte firmeneigene Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen vor. Diese können den Umfang ihres Nachhaltigkeitsberichts beschränken – für diesen Zweck sollen nach der CSRD spezifische europäische KMU-Nachhaltigkeitsberichtsstandards (Set 2) erlassen werden.
Die einzelnen Regelungen und Feinheiten der neuen Berichterstattungspflichten an dieser Stelle zu erläutern, ist nicht möglich. Dazu wird es aber in den kommenden Monaten eine Flut von Veranstaltungen geben – und geben müssen –, auf denen sich betroffene Unternehmen informieren lassen können (siehe Kasten). Da die Auswirkungen voraussichtlich weit die Lieferketten entlang reichen werden, ist auch kleinen, (noch) nicht berichtspflichtigen Betrieben zu raten, sich wenigstens grob zu informieren, was ansteht.
Text: Ulrike Heitze (mit DIHK-Material)
Bild: Adobe Stock/MintBlak