Dass sich Generationen gegenseitig irritierend finden, ist so alt wie die Menschheit. Im Privaten wie im Beruf gab und gibt es da stets Reibereien. Doch während sich Arbeitgeber in der Vergangenheit für Babyboomer, Generation X und die Millennials eher sanft weiterentwickeln mussten, um die neuen Kollegen gut einzugliedern, wird der Nachwuchs nun die Beschäftigungswelt revolutionieren. Das kann man finden wie man will, Unternehmen müssen sich trotzdem auf ihn einstellen, wenn sie ihren Fortbestand sichern wollen. Managementtrainer Felix Behm hat dazu in den IHKs Schwarzwald-Baar-Heuberg und Südlicher Oberrhein referiert und erklärt hier, wie Betriebe die Generation Z am besten abholen und einsetzen.
Herr Behm, dass die Älteren die Jüngeren etwas komisch finden, ist nicht neu. Auch nicht in Unternehmen. Warum schlägt die Ankunft der Generation Z in der Arbeitswelt plötzlich so hohe Wellen?
Felix Behm: Was die Generation Z, also die um die Jahrtausendwende Geborenen, so besonders macht, hat zunächst mal nur mittelbar mit ihr zu tun. Es ist ein simples Zahlenspiel: Demnächst gehen 18 Millionen Babyboomer in Rente, elf Millionen Gen Zett-ler rücken nach. Dass das nicht aufgeht, ist klar. Also können die Jungen wählerisch sein und Rosinen picken. Diesen Luxus hatte keine Generation vor ihnen. Das ist der eigentliche Gamechanger.
Dass die Jugend nun von dieser „Macht“ Gebrauch macht, kann man ihr nicht wirklich vorwerfen. Ansprüche hätten frühere Mitarbeitergenerationen sicher auch gerne stärker gestellt, mussten aber wegen der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt Abstriche machen. Dass eine junge Generation so frei raus ihre Wünsche kommuniziert – und einfordert – ist deshalb neu und ungewohnt für Arbeitgeber.
Felix Behm
… ist von Konstanz aus internationaler Keynote Speaker, Managementtrainer, Buchautor und Vater einer pubertierenden Tochter. In der Summe macht ihn das zu einem gefragten Experten rund um die Generation Z. Er berät bundesweit Unternehmen zu dem Thema und möchte die Wirtschaft zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit mit dem Nachwuchs inspirieren. Vor Kurzem erschien dazu sein neues Buch „Generation Z – Ganz anders als gedacht“ (Verlag Business Village, 243 Seiten, 24,95 Euro (Print), 22,95 Euro (eBook)).
Ungewohnt ist es aber auch, weil die Wünsche und Forderungen so anders sind als die der älteren Semester, oder?
Ja, die Generation Z tickt tatsächlich anders. Sie legen auf andere Dinge Wert. Mal als Beispiel der Klassiker Gehalt: Nach Umfragen ist die Gen Z seit Jahren die erste Generation, die sich da maßgeblich unterscheidet, auch schon von denen davor, der Generation Y, die an sich ja nicht viel älter sind: Die Zett-ler sagen: ‚Uns ist Gehalt gar nicht so wichtig‘. Und an dieser Stelle wird es interessant: Denn das nimmt Unternehmen ein immer noch gern verwendetes Werbeargument: ‚Komm zu uns, bei uns verdienst du mehr.‘ Ich denke oft bei richtig klassischen Stellenanzeigen: Wer soll sich darauf noch bewerben?
Was wollen die Zett-ler dann?
In erster Linie, so zeigen Studien, eine Arbeit, die Spaß macht, die ihnen sinnhaft erscheint, die ihren Werten entspricht – und die ihnen Freiräume lässt. Die Jugend hat ihre Eltern erlebt, die zwar gutes Geld verdient haben, aber wenig Freizeit hatten und allzu oft im Burn-out landeten. Sie sagen: ‚Wir wollen nicht so hart arbeiten, wenn am Ende nichts dabei rumkommt.‘
Mal gemein gefragt: Ist ihnen Geld wirklich nicht wichtig oder gehen sie davon aus, dass sie ohnehin gut bezahlt werden?
Ich habe neulich mit Zett-lern bei einer Podiumsdiskussion gesessen und sie stellten die Gegenfrage: Warum sollen wir denn viel verdienen? Bei diesen Preisen für Häuser oder Wohnungen können wir uns die doch ohnehin nicht leisten. Erlebnisse sind den heute 15- bis 25-Jährigen wichtiger als Produkte. Seit sie zehn sind, folgen sie im Schnitt sechs Stunden am Tag über Social Media Influencern rund um den Globus und teilen deren Welt. Sie wollen lieber erleben als besitzen. Natürlich braucht es dafür Geld, aber eben nicht so viel.
Okay, Geld ist es nicht, was wirklich zieht. Womit punktet man als Unternehmen denn stattdessen?
Mit Sinnhaftigkeit zum Beispiel. Der junge Mitarbeiter will wissen, wofür er etwas tut, wie sich seine Arbeit auswirkt. Wenn jemand ein Auto repariert, sieht er einen zufriedenen Kunden vom Hof fahren. Wenn ein anderer dagegen drei Jahre am Außenspiegel eines neuen Fabrikates tüftelt, dann wird das schon schwieriger zu sehen, was davor und danach passiert – und warum das eine coole Sache ist.
Und ein Unternehmen muss das schon beim Stellenangebot richtig rüberbringen. Wenn ich als junger Mensch über Linkedin jeden Tag fünf Angebote bekomme und bei dreien nicht verstehe, was ich dort bewirken kann, schaue ich mir nur die anderen beiden an.
Das gleiche beim Thema Nachhaltigkeit: Das ist den Jüngeren sehr wichtig. Also sollte man als Betrieb sagen und zeigen, was man in dem Bereich draufhat. All diese Zusammenhänge sind vielen Unternehmen noch gar nicht klar.
Was wäre noch wichtig zu wissen?
Die Themen Wertschätzung und Feedback sind den Jüngeren immens wichtig – und in deutschen Unternehmen nicht gut ausgeprägt. Sie müssen verstehen: Die Digital Natives sind mit Likes groß geworden, sie bekommen im Privaten permanent Feedback und Anerkennung über die Sozialen Medien. Die sind damit aufgewachsen und sowas prägt. Die Realität in unseren Unternehmen ist aber eine andere. Babyboomer kommen mit viel weniger Rückmeldung aus – und führen auch entsprechend mit weniger Feedback. Das müssen Sie ändern. Ohne Anerkennung, Wertschätzung und Sinnhaftigkeit keine Generation Z.
Wenn sich jetzt alles um die Zett-ler drehen soll, wo bleibt dann der Rest der Belegschaft?
Eine oft gestellte Frage. Und berechtigt. Aber bei Wertschätzung, Feedback, lebensfreundlicheren Arbeitsmodellen und beruflichen Perspektiven – da sagt doch keiner der Älteren: ‚Ach danke, das brauche ich nicht.‘
Für die Babyboomer ist es irritierend, dass die Jungen jetzt fordern und damit erfolgreich sind, aber von den Effekten profitieren auch sie. Und das muss man entsprechend kommunizieren.
Worauf kann man sich bei der jungen Generation denn freuen?
Sie sind erstklassig digital unterwegs. Warum das also nicht nutzen? Kein Unternehmen kommt mehr ohne gute Social-Media-Kanäle aus. Darum könnten sich zum Beispiel die Azubis kümmern oder um Künstliche Intelligenz im Unternehmen. Oder man kann sie als IHK-Digi-Scouts weiterbilden. Die ziehen aus dem Netz so viel cleveren Input…
Die Jungen sind von Kindesbeinen an meinungsstark, wollen sich beteiligen, mitmachen, mitentscheiden. Auch das lässt sich aktiv nutzen. Man muss nicht erst 40 sein, um einen wichtigen Input liefern zu können. Aber Chefs müssen da vielleicht erst über ihren Schatten springen.
Was mache ich, wenn ich wirklich schreckliche Jobs zu besetzen habe?
Ich hatte mal mit einem Schädlingsbekämpfer zu tun, der berichtete, dass er keine Probleme habe, junge Leute zu finden. Und wer, bitte schön, will schon Schädlingsbekämpfer werden? Sein „Trick“? Er interessiert sich wirklich für seine Mitarbeiter und baut eine Bindung auf – auch nach der Arbeit. Er geht zum Beispiel am Wochenende regelmäßig mit seinem Team ins Fußballstadion und bezahlt die Tickets.
Ihr Fazit?
Das Wichtigste als Unternehmen ist, sich auf die junge Generation einzulassen und sie nicht als Störenfried zu betrachten. Man sollte überlegen, wo man ihnen entgegenkommen kann. Das Umsetzen ist oft gar nicht so schwer. Man kann da sehr kreativ sein.
Es geht vor allem erstmal um die Sensibilisierung, ums Verstehen, dass sich da jetzt wirklich grundlegend und dauerhaft etwas verändert, so dass man nicht weitermachen kann wie bisher. Jedes Unternehmen mit Mitarbeitern muss aktiv werden. Denn ganz ehrlich, Sie haben gar keine Alternative. Eine andere Jugend bekommen Sie nicht. Diese – oder keine.
Das Gespräch führte Ulrike Heitze.
Bild: Adobe Stock/oneinchpunch
- Podiumsdiskussion in der IHK Südlicher Oberrhein: „Wenn die Boomer weg sind – Neue Arbeitskräfte, andere Regeln?“ am 21. November in Freiburg. Anmelden unter veranstaltungen.freiburg.ihk.de/wenndieboomerwegsind
- Umfrage der IHK Hochrhein-Bodensee unter Millenials und der Generation Z. „Lust auf Arbeit oder Bock auf Freizeit?“ zum Herunterladen unter www.ihk.de/konstanz 5924022
Die Ansprechpartner bei den IHKs rund ums Ausbildungsmarketing
IHK Hochrhein-Bodensee:
Alexandra Thoß
Telefon: 07531 2860-131
Mail: alexandra.thoss@konstanz.ihk.de
IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg:
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IHK Südlicher Oberrhein:
Simon Kaiser
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