Studien zeigen, dass sich Jobinteressierte mittlerweile stark an Einschätzungen auf Portalen wie Kununu und Glassdoor orientieren. Diesen Trend als Arbeitgeber links liegen zu lassen, wäre also unklug. Richtig eingesetzt, können sich diese Tools aber sogar gewinnbringend in eine Recruitingstrategie einfügen.
Ob Abendessen, Urlaub oder Elektrogerät – die Generation Internet googelt, bevor sie reserviert, bucht oder kauft. Das gilt inzwischen auch bei der Jobsuche. Auf Arbeitgeberbewertungsportalen wie Jobvoting oder Glassdoor können Jobsuchende recherchieren, wie andere den potenziellen Arbeitgeber sehen. Auch Stellenbörsen wie Stepstone und Indeed haben solche Features integriert.
Das im deutschsprachigen Raum wohl bekannteste Portal ist Kununu. 2013 in Wien gegründet, später vom Karrierenetzwerk Xing übernommen, hat sich die Plattform inzwischen zu einer reichweitenstarken Informationsplattform für Jobsuchende entwickelt. Nach Angaben des Unternehmens wurden dort bis heute über fünf Millionen Bewertungen hinterlassen und mehr als eine Million Arbeitgeber sind mit einen Eintrag vertreten. All diese Bewertungen von Arbeitnehmern, Bewerbern oder Auszubildenden sind frei im Netz einsehbar. Nur um selbst eine Bewertung abzugeben, müssen sich Nutzer registrieren. Die Kommentare selbst sind anonymisiert.
„Ich höre von vielen Unternehmen, dass sie so ein bisschen ‚Kununu‘-geplagt sind“, sagt Silke Masurat. Sie ist Geschäftsführerin der Zeag GmbH – Zentrum für Arbeitgeberattraktivität und leitet das Projekt „Top Job“, das mittelständische Unternehmen auszeichnet, die sich um attraktive Arbeitsplätze bemühen. Die Möglichkeit, anonym zu bewerten, lade insbesondere Menschen ein, „die ein bisschen was zu meckern haben“, so Masurat. „Als Unternehmer muss ich Zeit und Geld investieren, um diese Bemerkungen zu managen. Das kann stressig werden“, sagt Masurat. Gleichzeitig ließen sich die Portale durch ihre enorme Präsenz schlecht ignorieren.
Patricia Winterhalter leitet das Employer Branding bei der Haufe Group, Verlagsgruppe und Beratungsunternehmen zur digitalen Transformation in Freiburg. Sie meint: „Auf Kununu vertreten zu sein, empfinde ich als Chance und nicht als Zwang.“ Das Unternehmen hat aktuell 683 Bewertungen, erreicht vier von fünf möglichen Sternen, und eine Weiterempfehlungsrate von 94 Prozent. Offenbar sind sowohl die Beschäftigten als auch Personen in Bewerbungsprozessen überwiegend zufrieden mit der Haufe Group. Die Haufe-Mitarbeiter werden in regelmäßigen Abständen gebeten, ihren Arbeitgeber zu bewerten. Aber es gibt auch Einträge, die deutlich Kritik üben. Wie mit so etwas umgehen?
How to Kununu & Co.
Auf schlechte Bewertungen reagieren:
Ob gerechtfertigt oder nicht, Bewertungen sind für die Welt sichtbar. Potenzielle neue Mitarbeiter, aber auch Kunden, können von negativen Kommentaren abgeschreckt werden. Deshalb empfiehlt sich, Einträge ernst zu nehmen – und sich als Arbeitgeber auf der Plattform zu Vorwürfen zu äußern. Auch intern sollte offen darüber gesprochen werden, wenn Mitarbeiter ihren Unmut online äußern. Als Feedbackangebot eignen sich analoge oder digitale anonyme „Kummerkästen“.
Mitarbeiter ermutigen, selbst zu bewerten:
Für ein ausgeglichenes Bild werden möglichst viele Bewertungen benötigt. Deshalb sollten Mitarbeiter regelmäßig ermuntert werden zu bewerten – etwa nach dem Jahresgespräch. Auch Bewerber und Praktikanten können um eine faire Bewertung gebeten werden. Druck ausüben verbietet sich, denn sowas spricht sich schnell rum. Auch von einer „Bewertung gegen Entlohnung“ sollte man Abstand nehmen. Das ist zum einen unredlich. Zudem gehen Kununu & Co. Hinweisen darauf nach.
Nicht alles hinnehmen:
Was, wenn gekündigte Mitarbeitern auf Portalen unangemessen Frust ablassen? Als Arbeitgeber muss man weder Lügen, Beleidigungen noch rechtswidrige Inhalte wie die Preisgabe von Firmeninterna hinnehmen. In einem solchen Fall sollte man die Löschung direkt beim Portal beantragen oder einen auf Reputationsrecht spezialisierten Anwalt beauftragen. Sowohl die Portale als auch ein Rechtsbeistand prüfen dann, ob die Äußerungen noch zulässig sind oder gelöscht werden müssten.
Lehrreiches Feedback
„Die vielen Kommentare und Rückmeldungen geben uns wichtige Einblicke und Impulse, an welchen Stellen wir intern aufmerksamer hinhören sollten und wo unsere Bewerbungsprozesse nicht optimal laufen. Wer an seiner Employer Brand und Arbeitgeberattraktivität arbeiten möchte, findet auf Kununu ehrliche Anhaltspunkte, die so möglicherweise in nicht-anonymen Feedbackrunden nicht geteilt würden,“ sagt Winterhalter.
Die Pflege des Profils sei in das Tagesgeschäft eingebettet. In der Regel nehme die Beantwortung der Bewertungen zwischen ein bis drei Stunden pro Woche in Anspruch. „Wir orientieren uns an der Faustregel: Wer sich für eine Bewertung viel Zeit nimmt und einen ausführlichen Kommentar hinterlässt, bekommt eine ausführliche und reflektierte Antwort von uns“, erklärt Patricia Winterhalter das Vorgehen.
Für die Beantwortung hat das Unternehmen einen Leitfaden entwickelt. Einmaliges negatives Feedback werde entweder mit dem zugehörigen Recruitingteam oder dem HR Business Partner abgesprochen und abgewogen, ob eine Maßnahme ergriffen wird. „Werden indiskutable Themen wie Mobbing angesprochen, klären wir dies direkt“, sagt Winterhalter. Häufe sich negatives Feedback von Beschäftigten, werde eine Taskforce, bestehend aus Führungskraft, HR Business Partner sowie dem Learning and Development Team aktiviert, das in Konfliktsituationen als Moderator auftritt. „So versuchen wir, aufkommende Themen intern zu besprechen, in Klärung zu gehen und die Konflikte aufzulösen.“ Auch positives Feedback werde mit den entsprechenden Teams geteilt, sofern sich die Bewertung zuordnen lässt.
Wie können auch kleine Unternehmen gewinnbringend mit solchen Portalen arbeiten? „Solitär würde ich das Anlegen eines Eintrages nicht unbedingt empfehlen“, sagt Silke Masurat. Wichtig sei, dass potenzielle Bewerber, die ein Kununu-Eintrag neugierig auf das Unternehmen macht, auch beim Weitersurfen abgeholt werden. „Wenn man dann eine altbackene Webseite ohne Infos vorfindet, bringt der Kununu-Eintrag gar nichts.“
Die Expertin plädiert für eine wohlüberlegte Recruitingstrategie. Dazu gehöre eine informative Karriereseite oder ein solcher Auftritt in den sozialen Medien. Hat das Unternehmen aussagekräftige Auszeichnungen erhalten wie etwa das „Beruf und Familie“-Audit der Hertie-Stiftung oder auch Masurats „Top Job“-Siegel, sollten diese unbedingt sichtbar sein. „Dann ergibt sich gemeinsam mit den Bewertungen ein gutes Gesamtbild“. Richtig eingesetzt, kann die Plattform also eine nützliche Ergänzung sein. Kununu extrahiert zudem aus den Daten immer wieder Rankings wie „Bester Arbeitgeber“. Landet man auf solch einer Liste, kann das positive Aufmerksamkeit generieren. In Zeiten von Fachkräftemangel ein wichtiger Aspekt für eine Arbeitgebermarke.
Text: db
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