Wer Büroräume mietet oder Gewerbeflächen pachtet, schließt in der Regel Verträge mit einer festen Laufzeit – zur besseren Planung. In der Praxis genügen solche Mietverträge aber allzu oft nicht den Formvorschriften. Dadurch können sich unbemerkt Laufzeit und Kündigungsfrist ändern.
Grundsätzlich sind Vermieter und Mieter beim Abschluss eines Mietvertrages nicht an eine bestimmte Form gebunden – auch nicht, wenn das Mietverhältnis befristet sein soll. Das große Aber folgt allerdings auf dem Fuß: Denn wird der Vertrag für länger als ein Jahr geschlossen und verzichten die Beteiligten auf die Schriftform und die dabei geltenden Regularien, so gilt das Mietverhältnis automatisch dann doch auf unbestimmte Zeit. Die vereinbarte Befristung greift nicht. So sieht es § 550 Satz 1 BGB vor.
Hintergrund dieser Norm ist, dass ein späterer Grundstückserwerber, der ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis „übernimmt“, dessen Bedingungen allein aus dem Mietvertragsdokument ersehen kann (BGH-Urteil vom 30. April 2014, Az. XII ZR 146/12). Zusätzlich will § 550 BGB die Beweisbarkeit langfristiger Abreden sicherstellen und als Übereilungsschutz die Vertragsparteien vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen warnen (BGH-Urteil vom 26. Februar 2020, Az. XII ZR 51/19).
Dieser Automatismus wird unmittelbar auf Mietverträge über Wohnraum angewendet, nach §§ 578 und 581 BGB greift er aber auch bei Miet- und Pachtverträgen über Räume, die nicht zum Wohnen gedacht sind, also Gewerbeflächen, Grundstücke und Teile davon.
Die Crux: Gilt der Mietvertrag – egal, was ursprünglich vereinbart war – auf unbestimmte Zeit, so kann er jederzeit durch ordentliche Kündigung mit der gesetzlichen Frist aus § 580a BGB sowohl vom Vermieter als auch vom Mieter beendet werden. Für gewerbliche Mieter stellt das ein erhebliches Planungsrisiko für Investitionen und unternehmerische Entscheidungen dar.
Schriftlich allein reicht nicht
Voraussetzung für die Einhaltung des Schriftformerfordernisses ist, dass sich die für den Abschluss des Vertrags notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere über den Mietgegenstand, die Miete, die Mietdauer und die Parteien des Mietverhältnisses, aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt (BGH-Urteil vom 13. November 2013, Az. XII ZR 142/12). Ist dies bei nur einer wesentlichen Vertragsbedingung nicht der Fall, so liegt ein Schriftformmangel vor und die gesetzliche Fiktion aus § 550 Satz 1 BGB greift, sprich, das Mietverhältnis gilt als unbefristet. Von der Schriftform ausgenommen sind lediglich solche Abreden, die für den Inhalt des Vertrags, auf den die Parteien sich geeinigt haben, von nur nebensächlicher Bedeutung sind.
Besondere Vorsicht ist zudem geboten, wenn eine wesentliche Vertragsbedingung nachträglich geändert wird, denn auch sie muss der Schriftformerfordernis entsprechen (BGH-Urteil vom 11. April 2018, Az. XII ZR 43/17). Ist die nachträgliche Änderung nicht formgerecht, so überträgt sich dieser Mangel auf den Ursprungsvertrag, sodass der Gesamtvertrag ordentlich kündbar wird.
Nachträgliche Heilung möglich
Fällt den Mietvertragsparteien auf, dass der Mietvertrag ein Schriftformmangel aufweist, können sie diesen einvernehmlich durch einen formgerechten Nachtrag, der auf die ursprüngliche Urkunde Bezug nimmt, heilen. Mit der Heilung entsteht dann ein insgesamt formwirksamer Mietvertrag (BGH-Urteil vom 29. April 2009, Az. XII ZR 142/07).
Nicht möglich ist es jedoch, sogenannte Schriftformheilungsklauseln in den Gewerbemietvertrag mitaufzunehmen, um so das Risiko einer vorzeitigen ordentlichen Kündigung zu minimieren. Darin verpflichten sich die Parteien gegenseitig alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um der gesetzlichen Schriftformerfordernis zu genügen und das Mietverhältnis nicht unter Berufung auf die fehlende Schriftform vorzeitig zu kündigen.
Solche Klauseln sind in der Praxis zwar häufig anzutreffen, sie sind trotzdem mit der nicht abdingbaren Vorschrift des § 550 BGB unvereinbar und daher unwirksam. Sie können eine Vertragspartei nicht daran hindern, einen Mietvertrag unter Berufung auf einen Schriftformmangel ordentlich zu kündigen (BGH-Urteil vom 11. April 2018, Az. XII ZR 43/17).
Text: Miriam Kluge, Friedrich Graf von Westphalen & Partner
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