Der Blick über den Tellerrand inspiriert oft zu neuen Ideen. In unserem Format „Frisch gedacht“ stellen wir deshalb Firmen aus der Region vor, die Themen aus dem Betriebsalltag mal anders angehen. Zum Staunen und Nachmachen. Diesmal: Ein Spediteur und ein Telematiker tüfteln an „DOCTAG-Projekt“, einer Software, die die Hürde für digitale Transportdokumente deutlich senken soll.
Herr Adam, was steckt hinter Doctag?
Christian Adam: Wir haben – quasi als Feierabendprojekt – eine Software entwickelt, mit der sich Lieferpapiere so in die digitale Ära überführen lassen, dass das Ganze für alle Benutzer leicht und mit möglichst wenig Änderungen im Prozess zu handhaben ist. Bislang werden Liefer- und Frachtscheine noch sehr oft in Papierform vom Hersteller über den Transporteur und den Spediteur bis zum Empfänger transportiert, unterzeichnet und dann – an mehreren Stellen – wieder eingescannt.
Christian Adam, Geschäftsführer der Adam-Transporte GmbH und Mitglied im Verkehrsausschuss der IHK Südlicher Oberrhein, Neuried
Frank Englert, Chefentwickler bei der Logenios eG, Krombach
Gibt es noch keine digitalen Ansätze für so etwas?
Adam: Jein. In einigen Branchen, wie etwa im Lebensmittelhandel, ist die Digitalisierung schon recht weit. Weil die großen Akteure das dort vorantreiben und ihrer Supply Chain ihr System vorgeben. Insgesamt ist der Transportmarkt aber deutlich heterogener, mit einer Vielzahl von Akteuren. Es gibt dadurch niemanden, der das für die breite Masse mal angeht. Wir sind jetzt so etwas wie die Graswurzelbewegung für das Thema. Richtig erfolgreich kann unsere Idee aber nur sein, wenn die Leute es besser finden als ihr altes Prozedere.
Frank Englert: Viele Lösungen am Markt sind zudem zentral angelegt. Man speist per Login seine Daten in irgendein fremdes Portal, um sie dort weiterzuverarbeiten. Das bedeutet zum einen, jeder Beteiligte benötigt ein Login. Zum anderen schafft man so externe Silos mit den eigenen Frachtdaten. Da haben viele Menschen Berührungsängste. Eine kritische Infrastruktur ist es allemal.
Und Doctag macht das anders?
Adam: Ja, mit Doctag kann jeder seine Frachtdokumente auf dem eigenen Server lagern und jeden Transportschritt dort live verfolgen und automatisch verbuchen. Ganz praktisch sieht das so aus: Ein Transportdokument wird als PDF generiert und mit einem Link oder einem QR-Code versehen. Der nächste Akteur in der Kette erhält per Email den Link oder QR-Code, ruft per Smartphone oder Tablet die Daten ab, leistet seine digitale Signatur über den Erhalt – die dann auf dem zentralen Server verbucht wird – und gibt Ware und Link weiter zum Nächsten. Und das Schöne daran: Man kann diesen digitalen Prozess Stück für Stück mit verschiedenen Partnern einführen. Ein fließender Übergang war uns wichtig.
Was hat man sonst noch davon?
Englert: Alle sparen Papier, Medienbrüche und damit Geld. Zudem kann die Anwendung auf viele Sprachen eingestellt werden, so dass jeder auch international Beteiligte ohne Einweisung damit zurechtkommt.
Sie suchen jetzt Testnutzer?
Adam: Ja, wir laden alle Unternehmen ein, unseren Prototypen auszuprobieren. Nur so kann aus der Graswurzel eine Massenbewegung werden. Die Grundversion von Doctag wird immer kostenfrei sein, so dass vor allem kleinere Player teilnehmen können. Kosten entstehen nur für die jährliche digitale Signatur. Und wer für seine Frachtdaten keinen eigenen Server betreiben will, der kann das über uns als Dienstleistung erhalten. Aber wie gesagt, die Basisversion wird immer gratis bleiben, so dass sich die Transportbranche mit wenig Aufwand digitalisieren kann.
Das Gespräch führte Ulrike Heitze.
Bild: Adobe Stock – ipopba
Doctag-Projekt zum Ansehen und Ausprobieren unter www.doctag.de