Viele Unternehmen sind von der Novelle des Verpackungsgesetzes betroffen, welche nach der am 14. Juni erfolgten Verkündung stufenweise in Kraft tritt, teilweise schon am 3. Juli dieses Jahres. Damit ist auch eine Vielzahl von bürokratischen Pflichten verbunden. Eine Übersicht über die anstehenden Änderungen:
Neue Pflichten im „rein gewerblichen Bereich“ (§ 15)
Hersteller und alle nachfolgenden Vertreiber im „rein gewerblichen Bereich“, also Verkäufer von Waren für rein gewerbliche Endverbraucher, werden im ergänzten Paragraf 15 ab 1. Januar 2022 zusätzlichen Anforderungen unterworfen. Der rein gewerbliche Bereich im Rahmen des Verpackungsgesetzes liegt dann vor, wenn – grob gesagt – Hersteller und Vertreiber sich nicht an „private Endverbraucher“ richten. Dieser private Endverbraucher wird im Verpackungsgesetz weiterhin recht weit ausgelegt und reicht von Privathaushalten bis zu diversen Unternehmen wie etwa Hotels, Freiberuflern oder den Kulturbereich.
Hersteller und Vertreiber, die dagegen im rein gewerblichen Bereich unterwegs sind, müssen sich nun auf Änderungen durch die Gesetzesnovelle einstellen: Bisher konnten sie ihre Verpackungsrücknahmepflichten in Abstimmung mit ihren Kunden auf diese delegieren oder sonstige Vereinbarungen treffen. Dies wird zwar nicht verboten, aber alle Lieferanten in dieser rein gewerblichen Lieferkette werden neu verpflichtet, über die Erfüllung ihrer Rücknahme- und Verwertungsanforderungen Nachweis zu führen. (Nicht gemeint sind hier Nachweise im Sinne der Abfall-Nachweis-Verordnung für gefährliche Abfälle). Erwartet wird eine interne Dokumentation. Diese Forderung wird untermauert durch Sätze wie „Zur Bewertung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Dokumentation sind geeignete Mechanismen zur Selbstkontrolle einzurichten“ sowie der Forderung nach „finanziellen und organisatorischen Mitteln zur Einhaltung der Pflichten“.
Dies könnte dazu führen, dass Unternehmen häufiger ihre Lieferanten zur Rücknahme gebrauchter Verpackungen auffordern, was jedoch insgesamt für alle Beteiligten zu höheren Kosten und noch mehr Dokumentationsaufwand führen würde.
Außerdem wird in Paragraf 15 eine neue ausdrückliche Informationspflicht nicht aller Beteiligten, aber der Letztvertreiber (also auf der letzten Handelsstufe) aufgenommen, die sogar schon am 3. Juli dieses Jahres in Kraft tritt: „Letztvertreiber von Verpackungen nach Satz 1 müssen die Endverbraucher durch geeignete Maßnahmen in angemessenem Umfang über die Rückgabemöglichkeit und deren Sinn und Zweck informieren.“
Ausweitung der Einweggetränkepfandpflichten
Die oben genannten neuen Nachweispflichten gelten ab Anfang 2022 auch für alle Hersteller und Vertreiber von pfandpflichtigen Einweggetränkeverpackungen.
Ebenfalls zum 1. Januar 2022 werden die bestehenden Pfandpflichten für bestimmte Getränke in definierten Einweggetränkeverpackungsarten erweitert. Die Pflicht zur Pfanderhebung auf allen Handelsstufen gilt dann – über die bisherigen Regelungen hinaus – unabhängig vom Inhalt für alle Getränkedosen und Einwegkunststoffgetränkeflaschen. Lediglich bei Milch und Milcherzeugnissen gilt dies erst ab 1. Januar 2024.
Dies bedeutet de facto eine Teilnahmepflicht am bundesdeutschen Einwegpfandsystem ( www.dpg-pfandsystem.de). Damit verknüpft ist die Kennzeichnung mit dem bekannten Getränkeeinwegpfandlogo. Im Hinblick auf Getränke, die im zweiten Halbjahr 2021 vom Abfüller oder Importeur in Verkehr gebracht, aber gegebenenfalls Ende 2021 noch nicht beim Endkunden angelangt sein werden, gilt eine Übergangsfrist bis 30. Juni 2022: Wer nicht Erstinverkehrbringer ist, kann derartige Getränke also noch im ersten Halbjahr 2022 ohne Pfanderhebung abverkaufen.
Registrierpflicht der Nutzer von Serviceverpackungen
Als Serviceverpackungen gelten wie bisher diejenigen Verpackungen, die erst auf der letzten Handelsstufe (vom Letztvertreiber) mit Ware befüllt werden zur Übergabe an die Kunden, zum Beispiel Papiertüten in Bäckereien oder auf dem Wochenmarkt. Diese Letztvertreiber müssen sich nun neu bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister registrieren (www.verpackungsregister.de). Gebühren entstehen dabei nicht. Einzutragen ist neben den üblichen Kontaktdaten auch eine Steuernummer. Außerdem müssen die besagten Nutzer von Serviceverpackungen bestätigen, dass ihre Lieferanten diese Serviceverpackungen bei einem anerkannten dualen Entsorgungssystem „beteiligen“, also anmelden und abrechnen.
Stichtag für diese Registrierung ist der 1. Juli 2022 und nicht bereits der 3. Juli 2021, wie es zunächst vorgesehen war und da und dort publiziert wurde.
Ausweitung der Registrierungspflicht auf weitere Hersteller im Sinne des Gesetzes
Zum 1. Juli 2022 wird die Registrierungspflicht auch für alle Unternehmen zur Pflicht, die
- entweder Mehrwegverpackungen mit Ware befüllen und so in Verkehr bringen
- oder pfandpflichtige Einweggetränkeverpackungen befüllen und in Verkehr bringen
- oder schadstoffhaltige Füllgüter im Sinne des Gesetzes in verpackter Form in Verkehr bringen
- oder Waren für gewerbliche Endverbraucher verpacken und so erstmals in Verkehr bringen.
Die letztgenannten Betroffenen im „rein gewerblichen Bereich“ hatten bisher im Wesentlichen nur den Paragraf 15 zu beachten.
Nicht von der neuen Registrierungspflicht betroffen sind Unternehmen, die verpackte Ware im Inland einkaufen und unverändert weitergeben, das heißt ohne Hinzufügen einer zusätzlichen Verpackung, zum Beispiel einer Versandverpackung. Dies kann beispielsweise auf Getränkehändler zutreffen.
Weitere Angaben im Zuge der Registrierung
Ebenfalls ab 1. Juli 2022 müssen bei der Registrierung einige zusätzliche Pflichtfelder ausgefüllt werden, zum Beispiel Steuernummern oder Angaben dazu, ob neben privaten auch gewerbliche Endverbraucher beliefert werden. Dies wird voraussichtlich auch die aktuell oder bis dahin neu registrierten Unternehmen betreffen.
E-Commerce und Fulfillment-Dienstleister
Elektronische Marktplätze und Fulfillment-Dienstleister werden erstmals in den Adressatenkreis des Verpackungsgesetzes aufgenommen und dazu in Paragraf 3 definiert. In den folgenden Paragrafen werden sie verpflichtet, darauf zu achten, dass ihre Kunden die Vorgaben des Gesetzes einhalten. Konkret genannt werden die Registrierungs- sowie die Systembeteiligungspflichten im Fall von Waren für private Endverbraucher. Gemeint sind zum einen diejenigen Kunden, die auf den elektronischen Marktplätzen inserieren und dadurch verpackte Waren in Verkehr bringen. Zum anderen handelt es sich um die Auftraggeber der Fulfillment-Dienstleister. Bei Missachtung bestehen für die neuen Adressaten jeweils ein Vertriebsverbot sowie die Gefahr eines Bußgelds. Diese Neuregelungen gelten ebenfalls ab 1. Juli 2022.
Mehrwegalternative im „to-go“-Bereich
Ab 1. Januar 2023 gilt eine wesentliche Neuerung im gastronomischen Bereich, die einer rechtzeitigen Vorbereitung bedarf. Wer „to-go“-Getränke oder „take-away“-Essen anbietet und dazu Einwegkunststofflebensmittelverpackungen oder Einweggetränkebecher nutzt, muss seinen Kunden ab Anfang 2023 zwingend eine Mehrwegalternative anbieten. Diese darf nicht teurer als das gleiche Produkt in der Einwegkunststoffverpackung sein.
Der Mehrwegbegriff wird im Verpackungsgesetz definiert, wobei betont wird, dass eine tatsächliche Rücknahme und Wiederverwendung durch eine entsprechende Logistik ermöglicht werden muss und dazu Anreize an den Kunden geschaffen werden müssen, in der Regel durch Erheben von Pfand. Hierzu sind zwar deutschlandweit einige – zunächst eher regional ausgerichtete – Systeme im Aufbau; dennoch dürfte die konkrete Umsetzung schwierig werden.
Kleinere Unternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern und einer Verkaufsfläche von nicht mehr als 80 Quadratmetern können anstelle der oben genannten Mehrwegvariante den Weg wählen, ihren Kunden deren mitgebrachte Behältnisse zu befüllen. Hierbei sind jedoch hygienische Aspekte zu beachten.
Weitere Änderungen absehbar
Die Gesetzesnovelle enthält weitere Neuregelungen, die sich unter anderem an duale Entsorgungssysteme oder an ausländische Unternehmen, die verpackte Waren nach Deutschland liefern, richten und ab Juli dieses Jahres greifen. Sie enthält außerdem Vorgaben an die Hersteller von Einwegkunststoffgetränkeflaschen, da diese Flaschen ab 2025 und verstärkt ab 2030 zum Teil aus Kunststoffrecyclat hergestellt werden müssen.
Bis dahin ist jedoch mit weiteren Änderungen und eher Verschärfungen zu rechnen, die aktuell schon diskutiert werden.
Text: ba
Bild: akf – Adobe Stock
Veranstaltungshinweis
Der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag e. V. (BWIHK) lädt deshalb zu einer online-Veranstaltung via TEAMS ein:
https://www.suedlicher-oberrhein.ihk.de/system/vst/1346892?id=366816&terminId=627507
HK Hochrhein-Bodensee
Michael Zierer
Telefon: 07622 3907-214
Mail: michael.zierer@konstanz.ihk.de
IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg
Marcel Trogisch
Telefon: 07721 922-170
Mail: trogisch@vs.ihk.de
IHK Südlicher Oberrhein
Wilfried Baumann
Telefon: 0761 3858-265
Mail: wilfried.baumann@freiburg.ihk.de
Der Text der Novelle des Verpackungsgesetzes ist bei den IHKs erhältlich. Diese stehen auch für weitere Fragen zur Verfügung.