Es ist ein Mammutprojekt für die Stadt und den Sportclub Freiburg: Für rund 80 Millionen Euro entsteht zurzeit am Flugplatz ein neues Fußballstadion für den Bundesligisten mit rund 35.000 Plätzen. Ende März wird die Grundsteinlegung gefeiert.
Es tutet und brummt, nur die Schreie von Krähen und die Motoren der startenden Kleinflugzeuge durchbrechen an diesem Februarmorgen den Baulärm. Mehrere Bagger holen Erde aus dem Boden und befördern sie auf Kipplader, die diese am Rand des riesigen umzäunten Areals zwischen Freiburger Messe, Flugplatz, Mooswald und Technischer Fakultät abladen. Hier entsteht das neue Fußballstadion des Bundesligisten SC Freiburg – rund 200 Meter lang, circa 160 Meter breit und etwa 25 Meter hoch. In der Baugrube, die jeden Tag größer wird, ist bereits das Spielfeld zu erkennen. „Jetzt ist die Schlussetappe eingeläutet“, sagt Oliver Leki, der beim Sportclub Freiburg als Vorstand Finanzen, Organisation und Marketing verantwortet. In etwa eineinhalb Jahren, zum Start der übernächsten Saison im August 2020, soll es eröffnet werden. Ungemein länger als die geplante Bauzeit ist die Vorgeschichte (siehe Kasten Seite 9). Sie begann mit Gedankenspielen über die Zukunft des bestehenden SC-Stadions an der Dreisam während der Weltmeisterschaft 2006 und reichte über die Gründung einer Arbeitsgruppe von Stadt und Verein im Jahr 2011 sowie den Bürgerentscheid im Jahr 2015 bis hin zur Baugenehmigung, die das Regierungspräsidium vergangenen November erteilte.
![Die Stadionbaustelle Mitte Februar vom Wolfsbuck aus betrachtet. Bild: Maerz](https://www.wirtschaft-im-suedwesten.de/wp-content/uploads/2019/02/wis3_19_Titel_Baustelle-480x320.jpg)
Für das neue Stadion gibt es sowohl wirtschaftliche als auch sportliche Gründe. Seit mehreren Jahren darf der Bundesligist im 1955 gebauten und immer wieder erweiterten Schwarzwaldstadion nur noch mit einer Ausnahmegenehmigung spielen, die die Deutsche Fußballliga (DFL) bislang jedes Jahr verlängert hat. Denn das Spielfeld ist etwa fünf Meter zu kurz, fällt Richtung Dreisam etwa einen Meter ab, und die Medieninfrastruktur entspricht nicht mehr den aktuellen Anforderungen. „Die Ausnahmegenehmigung wird von Jahr zu Jahr nur deshalb verlängert, weil absehbar ist, dass es ein neues Stadion geben wird“, sagt Leki und nennt einen weiteren Grund für den Neubau: „Wir brauchen angemessene Vermarktungsmöglichkeiten.“ Diese habe der Sportclub im Schwarzwaldstadion mit seinen 24.000 Plätzen nicht. Es ist praktisch immer ausverkauft, rund 6.000 Anfragen für Dauerkarten müssen jede Saison abgelehnt werden, und auch die 1.150 Businessplätze reichen nicht aus. „Wir als SC Freiburg müssen wachsen können. Sonst verlieren wir in der Bundesliga endgültig den Anschluss“, sagt Leki. Die allermeisten Wettbewerber hätten diesen Kurs längst eingeschlagen.
Chronologie
Sommer 2006: Interne Überlegungen zur Zukunft des Stadions angestoßen von der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland.
August 2009: Die Führung des SC Freiburg lässt öffentlich verlauten, sie denke über ein neues Stadion nach.
September 2009: Der SC Freiburg gibt eine Machbarkeitsstudie zu Um- oder Neubau eines Stadions in Auftrag.
März 2011: Stadt und SC gründen eine Arbeitsgruppe, die klären soll, wo der SC Freiburg in Zukunft Fußball spielt – im bestehenden, aber umgebauten Stadion an der Schwarzwaldstraße oder in einem Neubau an einem anderen Ort.
November 2011: Stadt und SC Freiburg veröffentlichen ein Gutachten zum neuen Stadion mit 24 möglichen Standorten.
November 2012: Der Umbau des bestehenden Stadions ist vom Tisch, die Zeichen stehen auf Neubau.
Dezember 2012: Der Freiburger Gemeinderat entscheidet,
3 der 24 vorgeschlagenen Standorte für einen Stadionneubau genauer zu prüfen.
April 2013: Bei der Analyse der Gutachter schneidet der Standort Wolfswinkel/Flugplatz am besten ab.
November 2014: Der Freiburger Gemeinderat stimmt für ein neues Stadion am Flugplatz.
Februar 2015: Beim Bürgerentscheid votieren die Freiburger mit 58,2 Prozent für ein neues Fußballstadion am Flugplatz.
Juni 2015: Die Entwürfe der Bebauungspläne liegen aus.
Februar 2016: Das Land sagt einen Zuschuss von 16 Millionen Euro für die das Stadion umgebende Infrastruktur zu.
August 2017: Der Siegerentwurf des Stadions wird vorgestellt.
Juli 2018: Der Freiburger Gemeinderat beschließt den Bebauungsplan für das neue Stadion.
November 2018: Das Regierungspräsidium Freiburg erteilt die Baugenehmigung, und Anwohner reichen Klage ein.
März 2019: Feierliche Grundsteinlegung; Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg über einen Baustopp erwartet.
Sommer 2020: geplante Einweihung/Fertigstellung.
In der Saison 2017/18 hat der SC Freiburg einen Rekordumsatz von 100,3 Millionen Euro und einen Jahresüberschuss von 11,1 Millionen Euro erwirtschaftet. Mit 15 Prozent haben die Sponsoringeinnahmen nur einen kleinen Anteil am Umsatz. Den größten Brocken machen die Fernsehgelder mit rund 40 Prozent aus. Diese „relativ starke Abhängigkeit“ möchte Leki verringern. „Der Anteil durch Sponsoring muss steigen“, sagt er. Im neuen Stadion soll es einen größeren und vor allem zusammenhängenden VIP-Bereich für insgesamt 2.000 Personen auf drei Ebenen geben, zu dem 20 Logen mit je zehn Plätzen für Firmenkunden und deren Gäste gehören (siehe Kasten Seite 10). Außerdem können Unternehmen oder andere Interessenten die Räumlichkeiten für Events mit 50 bis zu 2.000 Gästen buchen. Bislang finden etwa ein Dutzend Veranstaltungen mit maximal 200 Personen pro Jahr im Stadion statt. „Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten lässt sich dies im aktuellen Stadion nicht weiter ausbauen“, so Leki.
Einen Großteil der Einnahmen mit ein bis zwei großen Sponsoren zu erwirtschaften, wie dies manchen Spitzenvereinen gelingt, sei für den Sportclub nicht möglich. „Wir können nur erfolgreich sein, wenn wir viele Unternehmen aus der Region an unserer Seite haben“, sagt Leki. Insgesamt rund 280 Sponsoren hat der SC Freiburg zurzeit. Die meisten von ihnen kommen aus einem Radius von rund 200 Kilometern, aber auch etliche überregionale sind darunter, Tendenz steigend. Während regionale Partner gerne die Spiele besuchen und dies mit dem Pflegen ihrer Netzwerke verbinden würden, sei beispielsweise überregionalen Sponsoren vor allem die Fernsehpräsenz und damit die Bandenwerbung wichtig. Eines eint jedoch alle: „Die Unternehmen möchten durch ihr Engagement beim Sportclub ihre Bekanntheit erhöhen und versprechen sich einen positiven Imagetransfer“, betont Leki. Dem Verein sei die Pflege dieser Partnerschaften wichtig. „Es gibt aber viele Unternehmen in der Region, die noch nicht beim Sportclub engagiert sind. Diese wollen wir von einer Zusammenarbeit überzeugen“, sagt Leki. „Dabei spielen auch Partnerschaften mit Unternehmen aus Frankreich und der Schweiz eine Rolle.“
Offen ist noch, wie das neue Stadion heißen soll. „Der Verein befindet sich in Verhandlungen“, berichtet Leki. Entschieden sei noch nichts. Zu Verträgen und deren Laufzeiten, ob von Sponsoren oder Spielern, äußert sich der Sportclub grundsätzlich nicht. Unklar ist ebenfalls, ob die externen Unternehmen, die im Schwarzwaldstadion arbeiten, auch im neuen Stadion zum Zug kommen. Die 25 Kioske am bestehenden Standort pachtet das Freiburger Gastronomieunternehmen Bellini, das eine Handvoll selbst betreibt und die übrigen weiter verpachtet. Am Gastronomiekonzept fürs neue Stadion arbeitet der Verein noch. Ebenfalls steht noch nicht fest, ob der zurzeit beauftragte Sicherheitsdienst, der an Spieltagen die Fans am Eingang kontrolliert – die weiteren Aufgaben der Ordner organisiert der Verein selbst – weiterbeschäftigt wird. Diese und weitere Ausschreibungen sollen in den nächsten Monaten nach und nach folgen. Sicher ist indes, dass die Verwaltung des Sportclubs und damit 80 SC-Mitarbeiter ins neue Stadion ziehen werden. Insgesamt hat der Verein rund 340 Beschäftige – dazu zählen auch die Spieler, Trainer und Mitarbeiter des Ordnungsdienstes.
Entworfen hat die neue Spielstätte das Büro HPP Architekten aus Düsseldorf, als Totalunternehmer fungiert die Köster GmbH aus Osnabrück. Köster und HPP Architekten haben bereits mehrere Fußball- oder Sportarenen gebaut beziehungsweise modernisiert. Zu ihren gemeinsamen Projekten zählen das Steigerwaldstadion in Erfurt und die „BayArena“ in Leverkusen. Ob beziehungsweise mit welchen regionalen Firmen das Unternehmen in Freiburg zusammenarbeitet, konnte Köster-Sprecher Björn Plantholt Anfang Februar nicht sagen, betonte aber: „Interessierte Unternehmen können sich noch einbringen. Für Köster ist die Einbindung regionaler Firmen wünschenswert, da die örtliche Nähe verschiedene Vorteile mit sich bringt.“ Für die zurzeit laufenden, von der Stadt vergebenen Infrastrukturmaßnahmen sind drei regionale Baufirmen zugange: Vogel-Bau aus Lahr, die Schleith GmbH aus Waldshut-Tiengen und die Firma Joos aus Hartheim.
![Visualisierung: HPP Architekten/WillMore](https://www.wirtschaft-im-suedwesten.de/wp-content/uploads/2019/02/HPP_WillMore_Vogelperspektive_Stadion_Freiburg-480x383.jpg)
Bauherr und Besitzer des neuen Stadions ist die Stadion Freiburg Objektträgergesellschaft GmbH & Co. KG (SFG), an der die Stadt und der Sportclub beteiligt sind. Das Grundstück gehört der Stadt. Rund 80 Millionen kostet die neue Spielstätte inklusive der stadioneigenen Infrastruktur wie Trainingsplätze und einem Teil der Parkplätze. Davon steuert der Sportclub knapp 30 Millionen Euro aus seinen Rücklagen bei, 10 Millionen Euro für die dortige Infrastruktur kommen als Zuschuss vom Land, und 40 Millionen Euro laufen über Darlehen, die über die Pachteinnahmen finanziert werden, die der Sportclub an die SFG zahlt. Ein möglicher Abstieg in die zweite Bundesliga ist mit einkalkuliert. Sollte der SC Freiburg aber in die dritte Liga absteigen (dort spielte die Mannschaft zuletzt in der Saison 1977/78), dort länger bleiben und die Pacht nicht mehr bezahlen können, dann, so steht es im Vertrag, müssen beide Parteien Gespräche führen, um eine gemeinsame Lösung zu finden.
Dass die Stadt Freiburg dieses Risiko eingeht und gemeinsam mit dem Sportclub ein neues Stadion baut, hat mehrere Gründe: „Der Sportclub Freiburg ist neben der Stadt, der Universität und dem Münster ein wahnsinniger Sympathie- und Imageträger für die Stadt“, sagt der Freiburger Baubürgermeister Martin Haag. Außerdem verschaffe der Verein der Stadt Bekanntheit. „Deshalb ist es wichtig, dass wir dem Sportclub Freiburg die Chance bieten, auch langfristig in der Bundesliga bestehen zu können.“ Das neue Stadion sei für diesen nun mal eine Frage des sportlichen Überlebens. Für die Stadt Freiburg ist das Stadion zurzeit eines von mehreren großen Bauprojekten. „Zwar nicht von den Kosten, aber von der Gebäudegröße und der späteren Sichtbarkeit, ist es das bedeutendste“, sagt Martin Haag. Die Stadt zahlt rund 50 Millionen Euro für die Infrastruktur um das Stadion herum. Darin enthalten sind rund 6 Millionen Euro Landeszuschüsse. Das Geld wird beispielsweise für Straßen und Wege verwendet, um das Areal auch für die Anlieger Universität und Fraunhofer IPM, die dort zurzeit ebenfalls bauen, zu erschließen. Dazu kommen weitere Parkplätze für Pkw und Fahrräder, die an spielfreien Tagen auch Besucher von Universität und Messe nutzen können, verschiedene Bushaltestellen für Heim- und Gästefans sowie die neue Stadtbahnhaltestelle „Stadion“, die die Linie zur Messe erhalten wird. Diese wird zeitgleich gebaut.
Finanziell profitiert Freiburg umgekehrt auch vom Sportclub: Die sogenannte direkte ökonomische Wertschöpfung an Spieltagen beträgt für die Stadt aufs Jahr gerechnet 3,2 Millionen Euro. So viel Geld geben die Stadionbesucher außerhalb der Spielstätte in Freiburg aus. Sie teilen sich folgendermaßen auf: 800.000 Euro entfallen auf Übernachtungen in Hotels, 770.000 Euro auf Verpflegung und damit Gaststätten, Restaurants und Lebensmittelhändler. Mit rund 660.000 Euro profitiert der lokale Einzelhandel im Jahr von den shoppenden Stadiongängern. Und 740.000 Euro fließen für deren An- und Abreise in die Stadt – vor allem an örtliche Verkehrsbetriebe, die Stadt Freiburg selbst oder lokale Tankstellenbetreiber. Mit weiteren 260.000 Euro profitiert die sonstige lokale Wirtschaft. Dazu kommen 5,5 Millionen Euro, die SC-Fans beim Schauen der Spiele im Jahr in Kneipen ausgeben, und 3,15 Millionen Euro für Essen und Getränke beim Gucken der Spiele des SC zu Hause. All dies geht aus der Wertschöpfungsanalyse des Forschungs- und Beratungsunternehmens Nielsen Sports für die Saison 2017/2018 hervor. Dazu kommen laut der Analyse indirekte Einnahmen für die Stadt durch die mediale Berichterstattung über den Verein in Höhe von 64,5 Millionen Euro (sogenannter Quality-Index-Werbewert).
![Visualisierung: HPP Architekten/WillMore](https://www.wirtschaft-im-suedwesten.de/wp-content/uploads/2019/02/HPP_WillMore_Eingangssituation_Stadion_Freiburg-480x212.jpg)
Auch wenn zurzeit mit Hochdruck gebaut wird: Damit die beiden Bundesligateams des SC Freiburg – der Verein will das Schwarzwaldstadion nach dem Auszug der Männer ab der Saison 2020/21 für seine Frauen- und Mädchenmannschaften nutzen – tatsächlich in eineinhalb Jahren umziehen können, darf nichts mehr schiefgehen. Ob das gelingt, hängt auch von verschiedenen ausstehenden Gerichtsentscheidungen ab. Gegen die Baugenehmigung haben Anwohner beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage eingereicht und einen Baustopp beantragt, bis über ihre Klage entschieden ist. Über einen Baustopp entscheidet das Verwaltungsgericht voraussichtlich bis Ende März, hieß es von dessen Pressesprecher Klaus Döll Anfang Februar. Auch beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim stehen noch Entscheidungen aus. Zum einen haben Stadiongegner eine einstweilige Anordnung gegen den Bebauungsplan beantragt, zum anderen laufen zwei luftverkehrsrechtliche Verfahren, in denen es laut VGH-Pressesprecher Matthias Hettich um die Teilentwidmung des Verkehrslandeplatzes Freiburg geht. „Eine Aussage dazu, wann hierüber entschieden wird, kann derzeit nicht gemacht werden“, sagte er im Februar. Auch ein längerer Wintereinbruch könnte den ohnehin straffen Zeitplan ins Wanken bringen. „Für uns ist ein spielfertiges Stadion zum Saisonstart 2020/21 von großer Bedeutung“, sagt SC-Vorstand Oliver Leki. „Sicher wird dann noch nicht jeder Bordstein gelegt und jeder Baum gepflanzt sein.“
Text: Susanne Maerz, Visualisierungen: HPP Architekten/WillMore
Zahlen & Fakten
• Im neuen SC-Stadion gibt es insgesamt 34.700 überdachte Plätze, davon sind circa 18.400 Sitz- und circa 10.800 Stehplätze für Heimfans sowie circa 1.800 Sitz- und circa 1.600 Stehplätze für Gästefans.
• VIP-Bereich: Circa 2.000 Business-Plätze sind geplant: Circa 1.500 VIP-Plätze sowie 20 Logen für je zehn Gäste und eine Premium-Lounge für knapp 300 Gäste. Dazu kommt ein Eventbereich. Im Schwarzwaldstadion gibt es rund 1.200 VIP-Plätze.
• Anfahrt/Parken: Am Stadion werden circa 2.000 Park- und circa 3.000 Fahrradstellplätze. gebaut. Die Entfernung zu Stadtbahn und S-Bahn beträgt 800 beziehungsweise 900 Meter.
• Neben dem neuen Stadion entstehen zwei Trainings- und drei Torwarttrainingsplätze, im Stadion an der Dreisam sollen die Frauen- und Mädchenmannschaften ab Sommer 2020 trainieren und spielen. Und auch die U23-Mannschaft der Herren soll hier die Heimspiele austragen. Bislang spielen sie alle im Möslestadion.