CyberLago e.V. und IHK beleuchten in einer neuen Veranstaltungsreihe die Facetten des Internethandels. Vorab haben wir mit Tim Schleyer von der Firma eClear über die Entwicklungen im E-Commerce gesprochen.
Hat die Pandemie den E-Commerce in Deutschland verändert?
Sie hat dem Onlinehandel auf jeden Fall noch einmal einen kräftigen Booster verpasst. Mittlerweile tätigen 42 Prozent der deutschen Erwachsenen den Großteil ihrer Einkäufe online. 61 Prozent der Einkäufe finden über die großen Onlinemarktplätze wie Amazon oder eBay statt, einfach, weil die Auswahl riesig und der Einkauf bequem ist. Während der Pandemie gab es in einigen Bereichen deutliche Onlinezuwächse, dazu gehörten Lebensmittel, Kleidung und elektronische Geräte. Hier gab es im besonderen Maße eine Verschiebung von offline zu online.
Wie tritt man gegenüber großen Plattformen an? Geht Erfolg auch ohne sie?
Das kann man nicht pauschal beantworten. Es kommt darauf an, welche Produkte man verkauft, in welchem Preissegment man unterwegs ist, welche Customer Experience und Servicestandards man anstrebt. Unterm Strich ist es sicherlich für viele Unternehmen sinnvoll, auf großen Marktplätzen präsent zu sein. Aber man sollte sich bewusst sein, dass die großen Marktplätze zum Teil sehr viel Marge einbehalten und ihre Geschäftsmodelle so gestalten, dass sich die einzelnen Händler immer mehr in die Abhängigkeit begeben. Gerne wird zum Beispiel das erfolgreiche Verkaufen erschwert, wenn nicht plattformeigene Rechnungsservices genutzt werden.
Welche E-Commerce-Strategien gibt es?
Das kann ein hybrides Modell sein. Hier wird das stationäre Geschäft mit Hilfe eines Onlineshops ergänzt. Manche betreiben dabei einen eigenen Onlineshop, andere nutzen zusätzlich Marktplätze wie Amazon, Kaufland oder Otto. Bei einem Omnichannel-Konzept (kanalübergreifendes Geschäftsmodell) ist eine nahtlose Integration aller Aktivitäten absolut notwendig, um nicht den Überblick über Lagerbestände, unterschiedliche Preise, Services und Lieferbedingungen zu behalten. Es gibt genug Softwarelösungen, die das ermöglichen. Ein anderes wichtiges Thema, dass zu jeder guten E-Commerce-Strategie gehört, ist Big Data. Die Nutzung und Optimierung von Daten helfen, die eigenen Kunden und deren Kaufverhalten besser zu verstehen und daraus die richtige Marketingstrategie zu entwickeln.
Welche Zukunftstrends sehen Sie?
Es gibt einige. Einkaufen mit Spracherkennung (Alexa oder Siri) wird weiter zunehmen, ebenso das Einkaufen mit dem Smartphone, gerade bei den jüngeren Generationen. Wir sehen außerdem Potenziale bei der Nutzung von Chatbots. Das sind Programme für eine automatisierte Kommunikation mit den Kunden. Das wichtigste Feld aus meiner Sicht ist aber die Internationalisierung. 31 Prozent der Waren, die online gekauft wurden, stammen von Händlern aus einem anderen EU-Land. Die Tendenz ist steigend. Für die Händler ist der Handel innerhalb der EU aber wegen der unterschiedlichen Steuersysteme und Regulierungen gar nicht so unproblematisch. Der Bedarf an Lösungen ist daher ungebrochen.
Interview: hw
Bild: Blue Planet Studio – stock.adobe.com
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