Unter das Motto „Zukunft schaffen“ hatte die IHK ihren Neujahrstreff gestellt, zu dem Ende Januar knapp 2.000 Gäste in die Messehallen nach Schwenningen kamen.

Neujahrsrede von Birgit Hakenjos-Boyd
Der Neujahrsgruß war eine Premiere der IHK-Präsidentin, und die meisterte sie sehr souverän. Birgit Hakenjos-Boyd hielt eine motivierende Rede über Zukuft und Innovation sowie über Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem Silicon Valley und der Region „Black Forest-Baar-Heuberg“, wie sie sie nannte. „Wir können einen neidischen Blick über den großen Teich werfen und vor Ehrfurcht erstarren. Oder wir können selbstbewusst, mit Stolz und Blick auf unsere Stärken voneinander lernen und das Beste aus beiden Welten vereinen“, plädierte Hakenjos-Boyd. So diene der hiesige Perfektionismus der Produktqualität, doch den positiven Umgang mit Fehlern könne man dem Silicon Valley abschauen nach dem Motto „fail fast to innovate faster“.
Als nachahmenswert beschrieb die IHK-Präsidentin auch die Art, wie attraktiv sich Google & Co. Mitarbeitern präsentieren mit kreativen Arbeitsplätzen oder flexiblen Arbeitszeiten. Dagegen sorgten die hiesigen Unternehmen in großem Maße für eigenen Nachwuchs mit dem System der dualen Ausbildung, um das die ganze Welt uns beneide. Auch könnten viele Firmen aus der Region mit ihrer oft langen Tradition punkten. „Wir blicken auf einen reichen Schatz an Know-how, Strukturen, Exzellenz und Erfahrung zurück“, betonte Hakenjos-Boyd. Sie glaubt nicht, dass diese Geschäftsmodelle von der scheinbaren Übermacht des Silicon Valley bedroht würden, sondern sieht die Digitalisierung im Gegenteil als „Chance für den Mittelstand, der schon immer Ideen und Produkte für konkrete Probleme lieferte“. Das Silicon Valley möge zwar gut darin sein, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, „aber es versteht kaum etwas von industriellen Prozessen“, betonte die Unternehmerin, die den Schwenninger Werkzeugbauer Hakos führt. Sie bezeichnete die Unternehmenskultur als wesentliche Stellschraube für die Zukunft der hiesigen Wirtschaft. „Lassen Sie uns alte Strukturen aufbrechen, Fehler tolerieren, Gründer feiern und neue Wege gehen“, appellierte Birgit Hakenjos-Boyd.
Google-Vordenker Frederik G. Pferdt gibt Anleitungen zur Kreativität
Er nennt sich Evangelist und predigt über Innovationen. Frederik G. Pferdt ist in Tuttlingen geboren, in Ravensburg aufgewachsen, er hat in Wirtschaftspädagogik promoviert und arbeitet seit acht Jahren als Kreativchef des Internetgiganten Google. Seine Mission ist es, die Mitarbeiter des Suchmaschinenriesen und die Menschen insgesamt zur Kreativität zu ermutigen. Pferdt gilt als einer der einflussreichsten Deutschen im Silicon Valley, er lehrt parallel an der Stanford University und hält regelmäßig Vorträge. Das merkt man. Der 42-Jährige ist ein Vollprofi auf der Bühne und sein Vortrag beim Neujahrstreff äußerst kurzweilig, obwohl er fast doppelt so lang wie die angekündigten 30 Minuten dauert. Das liegt auch daran, dass Pferdt seine Zuhörer aktiv sein lässt. Sie dürfen schreiben, zeichnen und am Ende sogar einen selbst gefalteten Papierflieger starten lassen.
Alles dient zur Unterstützung von Pferdts Thesen: Die Zukunft kommt schneller auf uns zu, als wir uns vorstellen können – das zeigen die exponentiellen Trends der jüngsten Vergangenheit. Statt immer evolutionsgeprägt auf Fehler zu schauen, sollten wir uns auf das Positive konzentrieren, die Chancen erkennen. Das können wir von Kindern lernen, sagt der dreifache Vater. Die haben eine unglaubliche Vorstellungskraft, sind kreativ und stellen viele Fragen. Pferdt ermutigt seine Zuhörer, „Was wäre, wenn“-Fragen zu stellen und so die Zukunft zu denken. Er plädiert für mehr Zutrauen in die eigene Kreativität, für Offenheit, Transparenz und eine „gesunde Missachtung des Unmöglichen“. Wenige Buchstaben können dabei seiner Meinung nach einen großen Unterschied machen, „Ja, und“ statt „Ja, aber“. Neuen Ideen sollten wir nicht ablehnend begegnen und im Keim ersticken, sondern sie bekräftigen. Und zwar unabhängig davon, ob sie funktionieren. „Die Antwort muss sein: Fantastisch, was hast Du gelernt“, erklärt Pferdt. Das habe viel mit Empathie zu tun: Teams seien nur dann besonders kreativ, wenn die Mitarbeiter sich psychologisch sicher fühlten. „Ein empathisches Mindset hilft, Zukunftsvisionen zu entwickeln, Zukunft gemeinsam zu gestalten, die Unsicherheit der Zukunft gemeinsam zu navigieren“, betont der Vordenker und fasst seine Botschaft zusammen: „Große Fragen stellen, offen, transparent und empathisch sein, Mut haben und Spaß.“
Text: kat, Bilder: Marc Eich
Das gute Vernetzen könnten Unternehmen hierzulande von den Hightech-Firmen im Silicon Valley lernen, sagte IHK-Präsidentin Birgit Hakenjos-Boyd in ihrer Grußrede. Diesem Appell folgten die fast 2.000 Gäste des Neujahrstreffs vor und nach dem offiziellen Programm bei Häppchen und Getränken. Eindrücke dieser Begegnungen zeigen wir auf dieser und der folgenden Seite.