Der Industrie- und Umweltausschuss der IHK kam im März zu seiner Frühjahrssitzung zusammen, diesmal aufgrund der Coronalage virtuell. Neben der Konjunkturentwicklung sowie Innovations- und Förderprogrammen befasste sich der Ausschuss unter der Leitung des Vorsitzenden Oliver Maier von der Wefa Inotec GmbH besonders mit dem Thema „Klimawandel und welche Auswirkungen das für Unternehmen nach sich zieht“. Michael Zierer, Referent für Energie und Umwelt der IHK, hat dazu im Ausschuss referiert. Mit ihm haben wir über den Klimaschutz in Unternehmen gesprochen.
Wie ist es um das Thema Klimaschutz in den Unternehmen im IHK-Bezirk Hochrhein-Bodensee bestellt?
Die Unternehmen wissen um das Thema, und dennoch handeln sie nicht konsequent in diese Richtung. Das war auch der Grund, warum wir uns nochmal intensiv mit dem Klimaschutz in Unternehmen beschäftigt haben. Die Botschaft war klar: Unternehmen, die den Klimaschutz heute nicht berücksichtigen oder nur halbherzig umsetzen, werden irgendwann nicht mehr am Markt wettbewerbsfähig sein.
Ganz neu ist das Thema ja nicht.
Nein. Mit den ersten Studien in den 1970er-Jahren hätte man ahnen können, was auf uns zukommt. Im grünen Umfeld hat man das auch gesehen, aber in der Politik ist das Thema erst seit einigen Jahren präsent. In den 1990er-Jahren kamen erste Gesetze, die man aber maximal als erste Schritte bezeichnen kann. Die aktuelle Gesetzeslage sieht schon etwas anders aus. Da ist zum einen der von der EU geplante Green Deal, ein Konzept mit dem Ziel, bis 2050 die Europäische Union zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen und die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null zu reduzieren. Wir haben ein Bundesklimaschutzgesetz mit dem Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 um mindestens 55 Prozent schrittweise zu senken, und wir haben ein Klimaschutzgesetz in Baden-Württemberg, das die Bundesvorgaben umsetzt und in Teilen noch darüber hinaus geht. Hinzu kommen weitere Gesetze wie das Brennstoffemissionshandelsgesetz. Es wird dazu führen, dass die Kosten für Energie aus fossilen Rohstoffen in die Höhe schnellen werden. Es geht jetzt nicht mehr um kleine Schritte, sondern fundamentale Veränderungen.
Was sollten Unternehmen in Sachen Klimaschutz nun machen?
Die Unternehmen müssen das Thema in alle Bereiche ihrer Unternehmenskultur integrieren. Nur Strom sparen reicht nicht. Das denken aber immer noch viele Unternehmen. Statistisch liegt bei den meisten Unternehmen der Anteil der direkten Energiekosten an den Gesamtkosten bei ein bis drei Prozent. Das ist nicht viel im Vergleich zu Personalkosten von circa 30 Prozent und Materialkosten von circa 40 Prozent. Aber gerade Materialien werden unter Energieaufwand hergestellt. Mit steigenden Energiekosten steigen also auch die Materialkosten, und das merkt ein Unternehmen dann deutlich. Auch Transportkosten werden steigen und die Anfahrtskosten für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Die Energiekosten steigen also nicht nur in einem Bereich, sondern in nahezu allen.
Der Klimaschutz betrifft alle Unternehmensbereiche?
Ja, vom Drucker bis zur großen Maschine. Deswegen müssen Unternehmen ihre Investitionen auf ihre Klimaverträglichkeit überprüfen. Wenn ein Unternehmen heute eine Maschine kauft, die nicht energieeffizient ist, aber Jahrzehnte im Betrieb zum Einsatz kommt, könnte das ziemlich teuer werden. Leider wird bei Neuanschaffungen selten berücksichtigt, ob ein Modell energieeffizient ist. Die Einkaufsabteilung hat den Auftrag, möglichst günstig zu bestellen. Richtig wäre es deswegen, Investitionen langfristig und ganzheitlich vor allem aber mit der Relevanz auf Klimaschutz neu zu denken.
Welche Auswirkungen könnte es für ein Unternehmen haben, das sich dem Klimaschutz entzieht?
Unternehmen, die das Thema ignorieren, werden am Markt nicht bestehen können. Sie geraten in vielen Bereichen ins Hintertreffen. Ein Beispiel sind EU-Hilfsgelder, die aufgrund der Coronakrise ausgebeben werden. Viele EU-Gelder werden an Bedingungen geknüpft – in diesem Fall an den Klimaschutz. Das wird künftig der Standard für Zuschüsse und Fördergelder sein. Ein weiteres Beispiel sind die Kreditfähigkeit beziehungsweise Taxonomie. Die EU und die europäische Zentralbank planen, dass die Bewertungen der Kreditfähigkeit von Unternehmen den Klimaschutz berücksichtigen, andernfalls gibt es zwar auch einen Kredit, aber mit höheren Zinsen. Ein klarer Wettbewerbsnachteil. Unternehmen fordern zunehmend von ihren Zulieferern einen Nachweis über den ökologischen Fußabdruck, und der sollte gegen Null gehen. Der Druck wird weiter zunehmen. Ausreden wird es dann nicht geben. Das Thema mag abstrakt sein, aber es ist der Job eines jeden Managements, sich mit abstrakten Perspektiven und langfristigen Entwicklungen auseinandersetzen.
Was bietet die IHK dazu an?
Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder Veranstaltungen zur Energieeffizienz angeboten. Es gibt Informationen auf unserer Homepage wie zum Beispiel einen CO2-Rechner für das Brennstoffemissionshandelsgesetz. Auf Anfrage sind auch Merkblätter verfügbar.
Die Weiterbildung hat Angebote für Energiescouts, um auch schon den Auszubildenden das Thema nahe zu bringen. In kompakter Form ist das auch für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Form einer Tagesveranstaltung auf Anfrage im Angebot.
Interview: hw
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