In einer neuen Serie erläutern wir fortan aktuelle Themen und Stichworte rund um das Gewinnen und Beschäftigen von Fachkräften. Fragen, die einem im unternehmerischen Alltag immer wieder über den Weg laufen, Antworten, die einem wertvolles Know-how für die Praxis liefern. Zum Start geht es um die Beschäftigung von Arbeitnehmern aus Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Serbien und der Türkei per Werkvertrag – und wie das ganz konkret funktioniert.
Im Rahmen von Regierungsvereinbarungen haben Unternehmen aus Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Serbien und der Türkei über das Werkvertragsverfahren die Möglichkeit, ihre Arbeitnehmer für die Ausführung von Werkverträgen nach Deutschland zu entsenden. Hierfür gibt es fest vereinbarte Höchstzahlen, sogenannte Beschäftigungskontingente.
Ein deutsches Unternehmen beauftragt also ein in den obigen Staaten ansässiges Unternehmen für ein Projekt. Dafür benötigt das ausländische Unternehmen eine Kontingentbestätigung der zuständigen ausländischen Stelle.
Ein ausländisches Unternehmen, das noch nie am Werkvertragsverfahren teilgenommen hat, muss sich erst bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) in Stuttgart anmelden, damit es eine Kundennummer, eine Vertragsgegenstandsnummer und eine Auftragsnummer erhält, um am Verfahren teilnehmen zu können. Danach kann es bei der ZAV die entsprechenden Anträge stellen.
Zunächst muss das ausländische Unternehmen die Werkvertragsunterlagen einreichen. Es wird geprüft, ob ein gültiges Kontingent vorliegt, der vorgelegte Werkvertrag den Kriterien der §§ 631 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entspricht, ob die Lohnbedingungen der Arbeitnehmer denen vergleichbarer inländischer Mitarbeiter entspricht und ob der Arbeitnehmer seinen Verpflichtungen in Deutschland nachkommt.
Bei positiver Entscheidung wird ein Zusage- und Gebührenbescheid mit allen relevanten Informationen erstellt. Die Teilnahme am Werkvertragsverfahren ist gebührenpflichtig. Die Überprüfung der Unterlagen kostet 200 Euro Grundgebühr, für Nachträge werden in der Regel 100 Euro berechnet. Im Zusage- und Gebührenbescheid selbst wird der Gebührenrahmen für die Laufzeitgebühren festgelegt. Sie betragen für jeden Arbeitnehmer und angefangenen Kalendermonat im Rahmen eines Werkvertrages 75 Euro. Die Laufzeitgebühren werden dann fällig, wenn die Werkvertragsarbeitnehmerkarten für die Arbeitnehmer beantragt werden. Mit den bestätigten Karten können die Einreisevisa bei der deutschen Auslandsvertretung beantragt beziehungsweise später in Deutschland bei der Ausländerbehörde verlängert werden. Mit Abschluss der Tätigkeit im Rahmen der Werkverträge müssen die Arbeitnehmer wieder ausreisen.
Die zuständige Stelle für die Entscheidung über den Werkvertrag und das Erteilen der Werkvertragsarbeitnehmerkarten ist die ZAV Stuttgart. Empfohlen wird, Anträge sechs bis acht Wochen vor Arbeitsbeginn an die ZAV zu richten.
Keine Weisungsbefugnis des hiesigen Unternehmens
Wichtig ist, dass das ausländische Unternehmen in der Lage ist, den Auftrag eigenständig zu planen, zu organisieren und mit seinen eigenen Fach- und Führungskräften auszuführen. Die Werkvertragsarbeitnehmer sind nicht beim deutschen Auftraggeber in den Betrieb eingebunden. Sie dürfen nur den Weisungen ihres eigenen Arbeitgebers unterworfen sein. Andernfalls liegt kein Werkvertragsarbeitnehmerverhältnis vor.
Da das Mindestlohngesetz in Deutschland auch für ausländische Unternehmen gilt, die in Deutschland Arbeiten verrichten, müssen die Werkvertragsarbeitnehmer entsprechend durch ihren Arbeitgeber entlohnt werden. Darüber hinaus gilt innerhalb der Regierungsvereinbarungen ein Nettostundenlohn (Infos zu Höhe siehe Link im Infokasten).
Auftraggeber sollten darauf achten, dass bei Vertragsschluss mit dem ausländischen Unternehmen eine Klausel aufgenommen wird, in der das Unternehmen zusichert, den Mindestlohn zu zahlen und darüberhinaus auch die sonstigen Mindestarbeitsbedingungen in Deutschland zu beachten. Verstöße gegen deutsche Arbeitsregelungen können zur Mithaftung des deutschen Auftraggebers führen.
Vor allem für Fachkräfte gedacht
Das Werkvertragsverfahren ist für Unternehmen möglich, die Aufträge erhalten, die den überwiegenden Einsatz von Fachkräften erfordern. Das bedeutet nicht, dass geringqualifizierte Personen keine Werkvertragsarbeitnehmerkarte erhalten können. Geringqualifizierte können neben den Fachkräften in einem Werkvertrag eingesetzt werden, wenn die auszuführenden Tätigkeiten dies zulassen. In der Regel wird ein Verhältnis von bis zu zehn Prozent gering qualifizierter Arbeitskräfte zu allen eingesetzten Arbeitskräften akzeptiert.
Text: mc
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