Es sind nicht immer die Auszubildenden, die mit ihren Problemen auf Markus Keßner zugehen. Bei etwa der Hälfte der Fälle ist es der Ausbildungsbetrieb, der den Kontakt zum IHK-Ausbildungsbegleiter sucht. In Teil 3 der WiS-Serie über Keßners Arbeitsalltag berichten Sprachlehrerin Nadine Czeschla und Ausbildungsleiter Michael Enderle von der BAG in Kehl, wie Keßners Unterstützung zwei Ausbildungsverhältnisse gerettet hat.
BAG, das Ausbildungszentrum der BSW-Gruppe im Kehler Rheinhafen, bildet seit 1989 den Nachwuchs der Badischen Stahlwerke aus. 30 bis 40 Auszubildende starten hier jedes Jahr im September. Die Ausbildungsberufe reichen vom Verfahrenstechnologen über den Fachlageristen bis zum Fachinformatiker Anwendungsentwicklung. Auch Bachelor-Anwärter sind über drei duale Studiengänge dabei. Und so vielfältig die Berufe, so bunt gemischt der Hintergrund der jungen Leute, die hier zusammenkommen: Hauptschüler, Abiturienten, Studienabbrecher, Franzosen mit geringen Deutschkenntnissen oder Geflüchtete ohne Schulbildung. Michael Enderle: „Jeder bringt seine Vorteile und Talente mit, allerdings muss jeder auch anders motiviert werden.“ Ein Phänomen, das immer weiter zunimmt, weiß IHK-Ausbildungsbegleiter Markus Keßner: „Die Gruppe der Auszubildenden wird immer heterogener. Auch die Bedürfnisse der Azubis sind heute ganz andere, entsprechend anspruchsvoller ist die Aufgabe auch für die Ausbilder inzwischen geworden.“
Unterstützung über die gewöhnlichen Ausbildungsinhalte hinaus gibt es für die Auszubildenden der BAG schon lange. „Ich gebe Deutschkurse für unsere französischen Auszubildenden“, sagt Nadine Czeschla. Ohne dieses Angebot müsste das Stahlwerk auf einige Auszubildende verzichten, erklärt die Sprachlehrerin. „Elsässisch sprechen die jungen Leute heute nicht mehr.“ Insgesamt knapp jeder zehnte Mitarbeitende der Badischen Stahlwerke kommt von der anderen Rheinseite. Die Anzahl ist jedoch deutlich zurückgegangen. Czeschla: „Vor einigen Jahren war noch jeder Fünfte Franzose.“ Die BAG beteiligt sich außerdem am sogenannten Offenburger Modell, einer Initiative der Jugendberufshilfe Ortenau, in der jungen Leuten eine gestufte Ausbildung ermöglicht wird.
„Echte Problemfälle gibt es bei der BAG trotz der sehr unterschiedlichen Hintergründe der Auszubildenden äußerst selten“, sagt Michael Enderle. Doch in drei Fällen in den vergangenen Jahren wusste auch der erfahrene Ausbildungsleiter nicht weiter. Bei allen drei waren es viele Fehlzeiten oder sich ständig wiederholende extreme Verspätungen, die Sorge bereiteten. „Teilweise waren die Fehltage zwar entschuldigt, doch letztendlich fehlt am Ende ja auch die Zeit, um dem Azubi etwas beizubringen. Eine gute Ausbildung ist dann schlicht nicht mehr möglich.“ Gespräche brachten gar nichts; Versprechungen hielten maximal zwei oder drei Tage, dann war es wieder vorbei mit Pünktlichkeit oder Anwesenheit. Das war der Punkt, als Enderle Markus Keßner hinzuzog. Schmunzelnd erinnert er sich daran, wie er den Azubis den Termin mit dem IHK-Ausbildungsbegleiter vorschlug: „Die dachten alle, jetzt kommt der Bewährungshelfer.“
Ganz so war es dann nicht. Im Gegenteil. Keßner: „Ich habe mich mit allen drei Azubis daheim getroffen, habe ihnen ihr Verhalten gespiegelt, Unterhaltungen mit vertauschten Rollen geführt.“ Diese Perspektivwechsel seien oft sehr hilfreich, weiß der Experte, der unter anderem auf neun Jahre Tätigkeit bei der Jugendberufshilfe Ortenau zurückblickt. „Meist wird dann bald klar, dass das eigene Tun nicht unbedingt zu einem guten Verhältnis beiträgt.“ Zwei der drei jungen Männer erkannten schließlich, dass Keßner sie nicht wie verurteilte Straftäter behandelt, sondern ihnen wirklich helfen will. Sie fassten Vertrauen zu dem 58-Jährigen. „Die Probleme, die die beiden hatten, sind keine, die man mit seinem Ausbilder oder im Ausbildungsbetrieb bespricht“, bleibt Keßner vage. Deutlicher werden möchte er nicht.
Gemeinsam mit den beiden Azubis fand der IHK-Ausbildungsbegleiter am Ende Lösungen für ihre privaten Probleme. Beide sind noch in der Ausbildung bei der BAG. Fehlzeiten: Fehlanzeige. Enderle ist froh, dass der Zugang zu den Jugendlichen mit der externen Unterstützung so gut funktioniert hat. Er weiß: „Für uns als Betrieb ist das bei gravierenden persönlichen Problemen deutlich schwieriger.“ Keßner nickt: „Obwohl es hier im Haus pädagogisch geschulte Kräfte gibt, braucht es manchmal eben doch die Hilfe von außen. Wichtig ist nur, das frühzeitig zu erkennen – bevor das Tischtuch zerschnitten ist.“
Und der dritte Azubi? „Das Ausbildungsverhältnis wurde aufgelöst“, sagt der Ausbildungsleiter. In diesem Fall war auch Keßner machtlos. „Mir war schon nach dem ersten Gespräch klar, dass er nicht die Ausbildungsreife für dieses Berufsbild mitbringt.“ Trotz des unguten Ausgangs ist Enderle froh, dass er Markus Keßner hinzugezogen hat: „Die Meinung einer neutralen Person, dass dieses Ausbildungsverhältnis nicht zu retten ist, hat uns doch sehr geholfen.“ Und ein kleines Happy End gab es schließlich doch noch: Mit Unterstützung des IHK-Ausbildungsleiters ermöglichte die BAG dem jungen Mann den Abschluss in einem zweijährigen Ausbildungsberuf.
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Kontakt zu Markus Keßner für Ausbildungsbetriebe und Azubis:
Mail: markus.kessner@freiburg.ihk.de
Telefon: 0761 3858-164
Alle Informationen zum IHK-Ausbildungsbegleiter auch unter www.suedlicher-oberrhein.ihk.de ( 4351384)