Zum zweiten Mal hat die IHK einen Ausbildertag angeboten, zum ersten Mal als Barcamp. „Wir bieten heute nur den Rahmen für Ihre Themen, der Rest kommt von Ihnen“, erklärte Simon Kaiser, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs Aus- und Weiterbildung. Dieser Rahmen wurde von den rund 200 Teilnehmern mehr als gefüllt.
Dass die besten Gespräche auf Tagungen und Seminaren oft in der Pause stattfinden, hatte der amerikanische Softwareentwickler Tim O’Reilly festgestellt, der als Erfinder der Barcamps gilt. Grundgedanke des Veranstaltungsformats: Wer etwas zu sagen hat, sagt es; wer mitdiskutieren will, diskutiert mit. So baten die beiden Moderatorinnen, Susanne Stuckmann von der IHK und Solveig Schwarz von der Stadt Freiburg, die Gäste – die in einem Barcamp Teilgeber genannt werden – zum Beginn des Nachmittags im Freiburger Konzerthaus, ihre Themen vorzubringen. Ob es sich um eine Frage, eine Anregung oder die Vorstellung einer eigenen Idee handelte, spielte keine Rolle. 25 Mutige präsentierten nach und nach ihre Anliegen. Diese reichten von „Wie finde ich Azubis?“, „Wie binde ich Azubis?“ oder „Wie gehe ich mit schwierigen Azubis um?“ bis zu Informationen über grenzüberschreitende Ausbildung, duales Studium und Integration von Geflüchteten. Diese Überschriften wurden anschließend in 25 Sessions, moderiert von demjenigen, der das Thema vorgeschlagen hatte, jeweils 45 Minuten diskutiert. Sechs bis acht Sessions liefen parallel, drei Runden gab es. Abhängig vom Inhalt hockten dann ein paar wenige Teilgeber in einer Nische auf dem Flur, oder es wurden drei Konferenzräume zusammengelegt, um allen Interessenten Platz zu bieten. Zwar wurde in den Sessions die Regel Nummer eins des Barcamps – „alle duzen sich während der Veranstaltung“ – meist nicht eingehalten. Doch das schadete den Diskussionen nicht.
„Vom Ausbilder zum Coach“ – dieser Entwicklung und der Frage, ob sie notwendig ist, widmeten sich rund 60 Personen. Hier kamen Ausbilder zu Wort, die laut eigener Aussage seit 24 Jahren Azubis betreuen oder auf einem Schiff auf hoher See den jungen Leuten ihre Tätigkeiten beibringen. Manche sprachen sich für den Ausbilder als Coach aus, andere hielten Coaching für die Hilfe zur Selbsthilfe. Die Session „Basiswissen 4.0“ wurde von den drei Interessierten kurzerhand in „Azubi 4.0“ umbenannt. Sie motivierten sich gegenseitig, den auf allen lastenden Veränderungsdruck positiv zu nutzen, um gemeinsam Neues zu gestalten. Etwa 25 Teilgeber suchten den idealen Weg der Akquise von Auszubildenden. „Facebook ist tot, heißt es immer. Aber wissen wir das wirklich?“, lautete eine Frage. Eine Antwort gab es zwar nicht, doch immerhin die Feststellung, dass diese angebliche Kenntnis vielleicht nicht immer für die Zielgruppe eines Unternehmens zutreffe. Dazu wurden gute Erfahrungen ausgetauscht – „halte persönlich Kontakt zum Mitarbeiter der Arbeitsagentur statt nur das Onlineformular auszufüllen“ oder „nutze die Beziehungen zu Schulen und Lehrern“.
Zwei Punkte tauchten unabhängig vom Thema regelmäßig auf: die Schwierigkeit, überhaupt Auszubildende zu finden, und der gestiegene Betreuungsaufwand des Nachwuchses. Diese Sorgen ließen die Gespräche auch in den echten Pausen nicht abebben. Still wurde es für den Vortrag von Volker Busch. Der Neurologe, Psychiater und Psychotherapeut an der Universitätsklinik Regensburg nahm die Teilgeber mit auf eine Reise durchs Gehirn. Er zeigte, wie digitale Medien das Denken verändern und welche Auswirkungen sie auf Konzentrationsfähigkeit und intellektuelle Leistungen haben. „Das Springen zwischen Aufgaben kostet uns 30 Prozent mehr Zeit und wir machen dabei 20 Prozent mehr Fehler, als wenn wir fokussiert an einer Aufgabe bleiben“, erklärte Busch und gab Tipps für den Alltag: Nach dem Meeting eine kleine Pause machen oder in ruhigen Momenten Blick und Gedanken schweifen lassen, statt aufs Mobiltelefon zu starren.
naz