Kleine und mittelständische Betriebe haben meist einen anderen Informationsbedarf als große Unternehmen. Kleine Tipps können deshalb schon einen großen Nutzen bringen. Auf dieser Doppelseite möchten wir Ihnen wertvolle Hinweise geben – und sind Ihnen dankbar für Ihre Fragen, die wir Ihnen gerne beantworten (beck@vs.ihk.de).
Nicht nur Transportunternehmen, sondern sämtliche Unternehmen mit eigenem Fuhrpark müssen bereits heute eine ganze Reihe von Nachweisen erbringen und Dokumentationspflichten erfüllen. Seit Mitte August 2020 ist das neue EU-Mobilitätspaket in Kraft. Damit ändern sich viele Vorschriften im Werk-, Güterkraft- und Personenverkehr.
Lenk- und Ruhezeiten und Rückkehrpflicht für Fahrer
Seit August 2020 sind die Regelungen bei den Lenk- und Ruhezeiten sowie zum Fahrtenschreiber in Kraft. Künftig dürfen Wochenruhezeiten über 45 Stunden nicht mehr im Fahrzeug, sondern müssen entweder am Wohnort oder in einer vom Arbeitgeber bezahlten und angemessenen Unterkunft verbracht werden. Im grenzüberschreitenden Güterverkehr gelten Ausnahmen. Eine neue Rückkehrpflicht verpflichtet die Fahrer, innerhalb von vier Wochen mindestens einmal an den Wohnort oder an den Unternehmensstandort zurückzukehren.
Geringfügig darf von den Lenkzeiten abgewichen werden, wenn dadurch der Wohn- oder Unternehmensstandort erreicht wird, um die Wochenruhezeit zu verbringen. Künftig dürfen Wochenruhezeiten unter bestimmten Umständen auch unterbrochen werden, um auf den Zug oder auf die Fähre auf- und abzufahren. Wichtig für die Praxis ist die Klarstellung, wie Urlaubs- und Krankheitstage im Fahrtenschreiber erfasst werden.
Grenzübertritte
Ab Februar 2022 muss jeder Grenzübertritt von Fahrzeugen mit digitalem Fahrtenschreiber dokumentiert werden – bei Grenzübertritten mit analogem Fahrtenschreiber muss der Grenzübertritt bereits ab August 2020 handschriftlich auf der Tachoscheibe vermerkt werden.
Rückkehrpflicht für Fahrzeuge
Neben der Rückkehrpflicht für das Fahrpersonal gilt ab Februar 2022 auch eine Rückkehrpflicht für Fahrzeuge in den Mitgliedstaat der Niederlassung: einmal binnen jeder freien Kombination von acht zusammenhängenden Kalenderwochen.
Anpassung der Kabotage-Bestimmungen
Auch die Kabotage wird ab Februar 2022 angepasst. An den Grundregeln ändert sich nichts. Neu ist, dass infolge eines ausgereizten Kabotagekontingents eine „Abkühlphase” von vier Tagen folgen muss. In dieser Zeit sind im selben „Aufnahmemitgliedstaat” keine weiteren Kabotagebeförderungen erlaubt.
IHK-Online-Erstberatung
Unter www.ihk-sbh.de/mobilitaetspaket finden Sie Dokumente und ausführliche Informationen zu den Neuerungen aus dem EU-Mobilitätspaket:
– Lenk- und Ruhezeiten
– Kabotage
– Entsendung
– Leichte Nutzfahrzeuge
– Fahrtenschreiber
– Mitführpflichten
Entsendung
Reiner Transit und bilaterale Beförderungen – vom Niederlassungsmitgliedstaat auf direktem Weg in den Zielstaat und von dort direkt wieder zurück – sind von den Entsendebestimmungen ausgenommen. Bei bilateralen Beförderungen sind unter bestimmten Bedingungen auch grenzüberschreitende Beiladungen möglich. Im Umkehrschluss unterliegen alle nicht bilateralen Beförderungen ab Februar 2022 in vollem Umfang den Entsendebestimmungen.
Änderungen für leichte Nutzfahrzeuge
Ab Mai 2022 unterliegen alle grenzüberschreitenden Beförderungen im gewerblichen Güterkraftverkehr mit Fahrzeugen ab 2,5 Tonnen zulässige Höchstmasse der Genehmigungspflicht.
Ab 1. Juli 2026 unterliegen auch leichte Nutzfahrzeuge (mit Schlafkabine) dem EU-Fahrpersonalrecht. Die Fahrtenschreiberpflicht betrifft grundsätzlich nur den grenzüberschreitenden Einsatz. Für den grenzüberschreitenden Werkverkehr und die Werkverkehrskabotage mit Fahrzeugen bis 3,5 Tonnen zulässiger Höchstmasse gelten Ausnahmen, sofern das Lenken nicht die Haupttätigkeit ist.
Text: MS
Bild: Milos Muller
Nachgefragt bei Martin Schmidt
IHK-Projektleiter Verkehr | Logistik | Infrastruktur
Herr Schmidt, mit welchen Konsequenzen müssen Unternehmer und Fuhrparkleiter bei Verstößen rechnen?
Fehler und Transportschäden können im operativen Geschäft passieren. Entscheidend ist aber, dass bei Verstößen die Einhaltung der Melde-, Kontroll- und Schulungspflichten lückenlos nachgewiesen werden kann. Andernfalls drohen empfindliche Bußgelder bis hin zum Entzug der Güterkraftverkehrserlaubnis oder schlimmstenfalls Freiheitsstrafen.
Der neue intelligente Fahrtenschreiber kommt. Wie ist dort die zeitliche Perspektive?
Ab etwa Sommer 2023 müssen in Neufahrzeugen digitale Fahrtenschreiber, zweite Version der zweiten Generation, verbaut sein. Diese müssen zusätzliche Ortspunkte bei jeder Grenzüberfahrt und bei jeder Be- oder Entladung speichern.
Spätestens am 31. Dezember 2024 müssen alle grenzüberschreitend eingesetzten Fahrzeuge, die mit einem analogen oder einem digitalen Fahrtenschreiber der 1. Generation ausgestattet sind, ebenfalls umgerüstet sein. Für Fahrzeuge mit dem aktuellen intelligenten Fahrtenschreiber endet die Frist im Sommer 2025.
Welche Konsequenzen hat die Einführung für die Mitführungspflichten?
Ab dem 31. Dezember 2024 müssen bei aufzeichnungspflichtigen Fahrten Nachweise für den aktuellen Tag und die vorausgehenden 56 Kalendertage ausgehändigt werden können. Durch die Umrüstpflicht auf die neuen intelligenten Fahrtenschreiber wird dieser Zeitraum in den meisten Fällen dann ohnehin digital aufgezeichnet. Für Aushilfs- und Gelegenheitsfahrer wird der Aufwand für den lückenlosen Nachweis allerdings deutlich höher.
Das Interview führte Christian Beck
IHK-Veranstaltung zum EU-Mobilitätspaket
1. Dezember: Praxisseminar Digitales Kontrollgerät & EU-Sozialvorschriften
IHK-Fachveranstaltungen aus dem Bereich Verkehr | Logistik
Um die vielen Vorgaben aus dem Verkehrsrecht im Unternehmen zu implementieren, beantworten Experten in unseren Seminaren sämtliche Fragen aus den Bereichen Fuhrparkmanagement und Transport:
7. Oktober: Ladungssicherung für Verlader
4. November: Gefahrgutschulung ADR
16. November: Gefahrgutschulung IMDG Seeverkehr
17. November: Beförderung von Lithium Batterien: Straße, See, Luft
28. Januar: Ladungssicherung für Verlader
24. Februar: Gefahrgutschulung ADR