Dual ausgebildete Fachkräfte sind das Rückgrat der Wirtschaft. Deshalb stiften zahlreiche Persönlichkeiten und Unternehmen im Bezirk der IHK Südlicher Oberrhein jedes Jahr Förderpreise für herausragende Ausbildungsabsolventen – Gesamtsumme stets rund 100.000 Euro. Das Geld ist dabei zweckgebunden für die persönliche und berufliche Weiterentwicklung und soll bei der „Karriere mit Lehre“ hilfreich sein. Drei ehemalige Förderpreisträger berichten, was sie mit dem Geld gemacht haben und was inzwischen aus ihnen geworden ist.
In Meisterkurs investiert
Catherina Wörner war lange nicht klar, wie ihre berufliche Zukunft aussehen soll. „Ich wusste eigentlich nur, dass ich nicht den ganzen Tag vor dem Computer sitzen will“, sagt die 26-Jährige rückblickend. Da dieses Wissen noch nicht für den finalen Entschluss zu einem Beruf reichte, machte sie nach dem Realschulabschluss erst einmal ihr technisches Abitur. Und suchte wieder in alle Richtungen. Schließlich fand sie über eine Onlineanzeige im April 2015 zu einem einwöchigen Praktikum bei der Spedition Decker & Co in Achern als Berufskraftfahrerin. „Mein Vater ist auch Lkw gefahren“, berichtet sie, wie sie dazu kam, diesen Beruf auszuprobieren. Und nach den wenigen Tagen, an denen sie bei anderen Fahrern mitfahren durfte, war für sie klar, dass hier ihre Zukunft liegt. „Ich bin einfach total aufgeblüht“, erinnert sie sich, wie die Entscheidung nach der langen Zeit der Unklarheit dann so schnell fiel.
Drei Jahre später beendete Wörner ihre Ausbildung nicht nur mit dem Zeugnis in der Tasche. Hinzu kam der Förderpreis der Straßenverkehrs-Genossenschaft Baden, dotiert mit 2.500 Euro. Decker und Co übernahm die junge Frau. Und noch immer schwärmt sie von ihrem Beruf: „Für mich ist der Job ideal, ich bin für mich, habe aber trotzdem Kontakt mit Menschen.“ Anfangs war sie mit einem 7,5- oder 15-Tonner unterwegs, später dann mit einem 40-Tonner. „Und natürlich waren manche Kunden erst einmal skeptisch: eine kleine, recht junge Frau? Packt die das?“, sagt sie lachend. Die Vorurteile beseitigte Wörner aber schnell durch ihr Können und Auftreten.
Bald wollte sie mehr Verantwortung. Ihr Weg: Der Meisterkurs für den Kraftverkehrsmeister. Mit dem Geld aus dem Förderpreis plus Unterstützung ihres Arbeitgebers, der den Restbetrag übernahm, ging es im September 2020 los. Knapp sieben Monate drückte sie Vollzeit die Schulbank in Ulm – beziehungsweise coronabedingt per Homeschooling. „Ohne den Förderpreis hätte ich den Meisterkurs definitiv nicht so schnell gemacht“, ist sie dankbar für das Geld der Straßenverkehrs-Genossenschaft Baden – aber auch die Unterstützung ihres Betriebs. Decker und Co zahlte außerdem noch ein kleines Gehalt, obwohl sie während der Monate des Meisterkurses gar nicht im Betrieb tätig war. „Das zahle ich später zurück“, berichtet sie von der Abmachung zwischen ihr und ihrem Arbeitgeber.
In Zukunft wird Catherina Wörner den Fuhrparkleiter der Spedition unterstützen, auch ihr Gehalt macht einen Sprung. Trotzdem muss sie nicht tagtäglich am Rechner sitzen. „Ich werde unter anderem neue Fahrer anlernen. Und da ich mit dem Meisterkurs die Ausbildereignungsprüfung gemacht habe, kann ich mich auch um unsere Azubis kümmern.“
Anerkennung im Betrieb erworben
Das möchte auch Niklas Schindler. Auch er ist ausgebildeter Berufskraftfahrer, auch er erhielt den Förderpreis der Straßenverkehrs-Genossenschaft Baden. Das war 2016, damals war Schindler gerade einmal 18 Jahre alt. „Und dann wollte ich erst einmal fahren, nichts anderes“, erzählt er von dieser Zeit und über den Reiz, auf der Straße zu sein. Überhaupt fühlte er sich für einen Meisterkurs zu jung. „Den Ausbilderkurs wollte er machen, er war auch angemeldet, aber der kam dann nicht zustande“, erinnert sich sein Arbeitgeber Sascha Klumpp (im Bild links) von der Spedition Klumpp in Renchen. „Und dann war die Luft einfach raus.“ Letztlich nutzte Schindler die zweckgebundenen 2.500 Euro, die der Förderpreisträger innerhalb von zwei Jahren nutzen muss, nicht. Das Geld verfiel für den jungen Mann.
Sascha Klumpp macht seinem Mitarbeiter keinen Vorwurf. Im Gegenteil: Die Urkunde zum Förderpreis hängt noch immer im Besprechungsraum der Spedition. Förderung erhält Schindler nun von Klumpp. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Niklas eines Tages Nachfolger unseres jetzigen Fuhrparkleiters wird. Er hat ein Know-how, davor ziehe ich den Hut. Tatsächlich weiß er besser Bescheid als ich, wenn es um die Frage geht, wie sich das Unternehmen technisch weiterentwickeln soll.“
Und auch bei der Betreuung der Azubis setzt Klumpp auf Schindler: „Niklas ist durch sein Alter einfach viel näher an den Azubis dran, das macht viel aus.“ Dass nun Klumpp den Ausbilderkurs zahlen muss, stört ihn nicht. „Das ist eine Investition für mich als Unternehmer.“
Industriefachwirtin geworden
Ganz unabhängig von ihrem Betrieb nutzte Miriam Holler das Förderpreisgeld. Sie erhielt im Herbst 2019 nach dem Abschluss ihrer verkürzten Ausbildung zur Industriekauffrau Anfang desselben Jahres den Förderpreis der Armin und Ruth Stolzer Stiftung, ebenfalls dotiert mit 2.500 Euro.
„Ich hatte den Kurs zum Indus-triefachwirt schon begonnen, als ich den Preis erhielt“, sagt sie. Das Geld durfte sie trotzdem für die Weiterbildung nutzen. „Aber ich hätte es auch ohne die finanzielle Unterstützung gemacht“, betont die heute 27-Jährige. „Ich wollte einfach unbedingt noch weitermachen nach der Ausbildung, meinen Horizont erweitern“, nennt sie ihre Beweggründe. Ein Studium kam für sie jedoch nicht infrage. Lachend erzählt sie: „Ich hatte vor der Ausbildung schon ein Studium angefangen, aber schnell wieder beendet. Immer nur Theorie – das war nichts für mich. Ich brauche die Praxis!“
Die Ausbildung machte Holler bei Ada Cosmetics in Kehl, inzwischen ist sie bei Meiko in Offenburg tätig.
2020 gab es dann noch ein Stipendium der Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung für sie. Mit diesem Geld zahlte sie den Rest des Industriefachwirts. Die Summe, die dann noch übrig ist, möchte sie für den Ausbilderschein nutzen. Und plant schon die nächste Weiterbildung: „Ich überlege, ob ich Ende des Jahres den Data Analyst (IHK) beginne, da mich die Inhalte sehr interessieren.“
Text: naz
Bilder: Nathalie Butz/Privat