2020 beginnt für die Unternehmen in Südbaden mit der Hoffnung, dass sie auch in diesem Jahr von einer Rezession verschont bleiben. Nachdem der Index der Geschäftserwartung im Herbst mit -6 Punkten erstmals seit sechs Jahren in den negativen Bereich abgeglitten war, stabilisiert er sich zum Jahresbeginn nun wieder bei 12 Punkten. So übersteigt der Anteil der optimistischen Unternehmen mit 24 Prozent wieder jenen der pessimistischen mit 12 Prozent.
Dazu beigetragen haben dürfte die Entspannung im Handelsstreit zwischen den USA und China. Auch der Drohung, Strafzölle auf europäische Autoimporte zu verhängen, hat die amerikanische Regierung bisher keine Taten folgen lassen. Dies würde insbesondere die baden-württembergische Automobilindustrie und das weitverzweigte Netzwerk von Zulieferbetrieben hart treffen – eine Branche, die derzeit ohnehin bereits mit Veränderungen zu kämpfen hat. Anzumerken ist jedoch, dass im Zeitraum der Umfrage das Ausmaß der Coronavirus-Epidemie noch nicht absehbar war. Diese sorgt in China für große Einschnitte ins Wirtschaftsleben. In welchem Maße diese sich im Exportgeschäft baden-württembergischer Betriebe niederschlagen werden, bleibt daher abzuwarten.
Geschäftslage: leichte Verluste
Während der Blick auf die kommenden zwölf Monate also etwas weniger düster erscheint als im Herbst, gilt dies nicht für die aktuelle Geschäftslage. Der entsprechende Index verliert das vierte Mal in Folge an Boden. Im Vergleich zum Herbst büßt er 3 Punkte ein und steht nun bei 33 Punkten. Mit 44 Prozent kann aber noch immer ein großer Teil der Betriebe eine gute Geschäftslage vorweisen, während nur 11 Prozent diese aktuell als schlecht bezeichnen. Grundsätzlich haben die zunehmend skeptischen Ausblicke der vergangenen Umfragen also durchaus Recht behalten, dramatisch sind die Einbußen bei der Geschäftslage der südbadischen Unternehmen allerdings bisher noch nicht.
Arbeitsmarkt: wenige Effekte
Dies lässt sich auch daran ablesen, dass die konjunkturelle Eintrübung bisher wenig Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlässt. Zwar ist die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Januar 2019 um 818 auf 21.894 gestiegen. Mit 3,5 Prozent bleibt die Arbeitslosenquote im Kammerbezirk aber weiter sehr niedrig. Auch der plötzliche Anstieg von Anträgen auf Kurzarbeit im vergangenen Herbst hat sich in den vergangenen Monaten nicht fortgesetzt. Im September 2019 schnellte ihre Zahl in Baden-Württemberg von 4.700 auf 13.100 hoch. Auf diesem Niveau haben sich die Antragszahlen aber seitdem stabilisiert. Damit ist man weit entfernt von den Zahlen aus den Jahren der globalen Finanzkrise, als die Zahl der Anträge bis zu zehnmal höher lag. Bei der Personalplanung stehen die Zeichen eher auf Stabilität. Zwar gewinnt der Index der erwarteten Beschäftigung 8 Punkte hinzu, verharrt aber mit -5 Punkten im negativen Bereich. 13 Prozent der Unternehmen möchten zusätzliches Personal einstellen, 18 Prozent kalkulieren mit weniger Angestellten in den kommenden zwölf Monaten.
Investitionspolitik: verhalten
Auch wenn wieder etwas mehr Optimismus als zuletzt bei den Unternehmen vorhanden ist: Einen nachhaltigen Impuls auf ihre Investitionsentscheidungen bietet dies noch nicht. Der Index der Inlandsinvestitionen gewinnt lediglich 4 Punkte hinzu und liegt nun mit 3 Punkten wieder knapp über dem Strich. 26 Prozent der Betriebe wollen ihre Investitionen ausweiten, 23 Prozent planen sie zurückzufahren. Kapazitätserweiterungen sind zwar mit nun 26 Prozent wieder häufiger als im Herbst (21 Prozent). In den konjunkturellen Hochphasen der vergangenen Jahre lag dieser Wert allerdings deutlich über 30 Prozent.
Fachkräfte: wieder mehr Sorgen
Bei der Frage nach den wirtschaftlichen Risiken hingegen kann man den leicht verbesserten konjunkturellen Ausblick stärker beobachten. Nachdem zuletzt die Sorge um die Nachfrage aus dem In- und Ausland nach oben geschnellt war, geben diese beiden Risikofaktoren leicht nach, während Fachkräftemangel und Arbeitskosten wieder hinzugewinnen. Der Anteil der Unternehmen, die sich um Fachkräfte sorgen, steigt von 56 Prozent auf 62 Prozent an und bleibt die größte Sorge. Die damit einhergehenden steigenden Arbeitskosten nennen nun 45 Prozent der Unternehmen (plus 5 Prozent) als Risikofaktor. Während also in konjunkturell schwierigen Phasen kurzfristig die Nachfrage in den Vordergrund rückt, bleiben Fachkräftemangel und Arbeitskosten langfristig die dominanten Problemfelder der Unternehmen der Region.
Text: Norbert Uphues
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