Die Wirtschaft zwischen Stuttgart und Zürich hofft, dass mit den neuen Planungen zum Deutschlandtakt auch der Ausbau der zentralen Nord-Süd-Schienenachse vorangetrieben wird. Gleichzeitig sehen die Kammern und Verbände aus Deutschland und der Schweiz erheblichen Gesprächsbedarf, weil zentrale Fragen zur Infrastruktur, zur Neigetechnik und zur Finanzierung weiterhin nicht verbindlich geklärt sind.
Zusammen mit dem deutsch-schweizerischen Wirtschaftsbündnis zum Ausbau der Schienenachse Stuttgart-Zürich wendet sich die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg deshalb direkt an den Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Steffen Bilger. Die gemeinsame Forderung lautet, dass nach Jahren des Stillstandes endlich Bewegung in diese internationale Strecke kommen muss.
Birgit Hakenjos, Präsidentin der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, zählt die bisherigen Versäumnisse auf: „Auch ein Jahr nach dem Zusammenschluss unserer Verbände ist die bereits für Ende 2019 angekündigte Untersuchung zum Einsatz von Neigetechnik noch immer nicht öffentlich. Darüber hinaus sind noch immer keine konkreten Planungsfortschritte bei den Doppelspuren Rottweil-Neufra beziehungsweise Spaichingen-Rietheim-Wurmlingen, bei der Singener Kurve oder beim Profilausbau für den Schienengüterverkehr erzielt.“
Die Industrie- und Handelskammern entlang der Strecke warnen deshalb vor weiteren Verzögerungen. „Die vielen, nicht abgeschlossenen Planungen wecken in Kombination mit neuen, unverbindlichen Überlegungen berechtigte Zweifel daran, dass der Ausbau mit Ablauf des Bundesverkehrswegeplans im Jahr 2030 tatsächlich abgeschlossen wird. Aus Sicht der Wirtschaft zwischen Stuttgart und Zürich sind viele Fragen offen,“ so das Fazit von Marjoke Breuning, Präsidentin der IHK Region Stuttgart, Claudia Gläser, Präsidentin der IHK Nordschwarzwald, Thomas Conrady, Präsident der IHK Hochrhein-Bodensee sowie Wolfgang Epp, Hauptgeschäftsführer der IHK Reutlingen.
Die Wirtschaftsvertreter wollen wissen, wie das bereits zwischen dem Land Baden-Württemberg und der DB AG abgestimmte und mit dem Deutschlandtakt weiterentwickelte Betriebs- und Angebotskonzept konkret aussieht. Daran schließt sich die Frage an, welche Infrastrukturmaßnahmen der Deutschlandtakt auf der Schienenachse zwischen Stuttgart und Zürich vorsieht und welche Konsequenzen für die bisherigen Planungen zu erwarten sind. Letztlich gehe es auch um die entscheidende Frage, wie und wann die Finanzierung final geklärt wird.
„Die Wirtschaft in der Schweiz und in den Nachbarländern hat ein großes Interesse daran, dass Deutschland als wichtiger Handelspartner und zentrales Transitland einen leistungsfähigen Schienenkorridor zwischen Stuttgart und Zürich schafft“, erklären unisono Lukas Federer vom schweizerischen Dachverband economiesuisse sowie Ralf J. Bopp, Direktor der Handelskammer Deutschland Schweiz, und Nino Feltscher, bei der Zürcher Handelskammer verantwortlich für Verkehrspolitik.
Auch die Transportwirtschaft beiderseits der Grenze ist sich einig, dass beim Ausbau der Achse Stuttgart-Zürich erheblicher Ausbau- und Nachholbedarf besteht. „Es wird höchste Zeit, dass das Bekenntnis zum Schienenausbau auf der Nord-Süd-Achse aus dem Jahr 1996 endlich umgesetzt wird. Die langen Planungszeiträume für die Strecke sind im neuen Güterverkehrskonzept des Landes Baden-Württemberg explizit als Hemmnis genannt,“ so Andrea Marongiu, Geschäftsführer des Verbandes Spedition und Logistik Baden-Württemberg.
Zustimmung kommt aus der Schweiz: „40 Millionen Tonnen werden dank erheblichen Investitionen in der Schweiz jährlich im Schienengüterverkehr verlässlich und klimafreundlich über die Alpen transportiert – das ist allerdings nur halb so viel wert, wenn der Güterverkehr nördlich und südlich der Alpen keine genügenden Kapazitäten hat,“ sagen Thomas Schwarzenbach, Direktor des Verbandes schweizerischer Speditions- und Logistikunternehmen Spedlogswiss und Hans-Rudolf Werner von der IVS Industrie- und Wirtschaftsvereinigung Schaffhausen.
Text: MS
Bild: Deutsche Bahn AG
Martin Schmidt, Fachbereich Standortpolitik
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