Nicht auf Wunder warten, sondern gemeinsam aktiv werden und neue Studienlösungen zur Zukunftssicherung der Wirtschaftsregion Heuberg-Donautal erarbeiten – unter diesem Motto haben sich circa 35 Industrieunternehmen sowie die Hochschule Furtwangen, die Clusterinitiative Zerspanungstechnik und der Schulförderverein der Erwin-Teufel-Schule zusammengefunden. Zu den Firmen gehören Chiron, Gewatec, Hammerwerk, Häring, Hermle, Münch, Karl Storz, Schuler, SKF, SW, TR Electronic und Zetec. Sie haben die Arbeitsgruppe „Revision der Studiengänge Maschinenbau und Mechatronic“ ins Leben gerufen. Sie wollen Studienformen etablieren, die maßgeschneidert auf die Industrie 4.0-Anforderungen sind, und damit die Nachwuchskräfte in der Region halten sowie aus anderen Regionen herholen. Sie haben erkannt, dass Studiengänge mit fest integriertem Praxisanteil mehr und mehr an Bedeutung und Beliebtheit unter den jungen Leute gewinnen. Doch, so heißt es in einem Papier der Arbeitsgruppe „während in der Wirtschaft Themen wie Digitalisierung und Industrie 4.0 zunehmend in den Fokus rücken, werden viele Studiengänge dieser Entwicklung nicht mehr gerecht“. Auch werde es zunehmend schwieriger, in diesen komplexen interdisziplinären Themenfeldern an der Hochschule Praxis zu vermitteln.
Die Lösungsvorschläge der Arbeitsgruppe gehen nun in Richtung neuer Studiengänge und Studieninhalte, eines neuartigen Campuskonzeptes und einer neuen regionalen und vor allem gemeinschaftlichen Zusammenarbeit der Industrieunternehmen und der Hochschule. Die Hochschulbasis bildet dabei der Campus Tuttlingen der Hochschule Furtwangen (HFU). Der Campus entstand vor zehn Jahren, dort studieren circa 600 der 6.000 Studenten der HFU. Der Campus wird von einem Förderverein mit jährlich 2,5 Millionen Euro maßgeblich unterstützt, in dem über 100 Firmen der Region Mitglieder sind. Die Lehrenden an dem Tuttlinger Campus kommen bereits heute aus der Industrie.
Die Arbeitsgruppe möchte nun die Campus-Studiengänge in den Bereichen Materialwirtschaft, Maschinenbau, Fertigungstechnik und Mechatronik neu ausrichten und dafür ein Modell mit zwei Studiengängen mit jeweils zwei Vertiefungsrichtungen einrichten. Jeder Studiengang soll eine inhaltliche Fokussierung auf die Themen erhalten, die die Fachkräfte in der Wirtschaft zukünftig beschäftigen werden: beispielsweise die Digitalisierung als Ergänzung der „klassischen“ maschinenbaulichen Konstruktion und die Prozesskette anstelle der einzelnen Fertigungsschritte. Die genauen Inhalte und die Rahmenpläne müssen noch erarbeitet werden, mehrere Hochschulgremien befassen sich derzeit damit.
Die Studiengänge sollen unter dem Schlagwort „Industriestudium“ laufen. Dies beinhaltet auch einen erhöhten Praxisanteil. Neben dem Hochschulcampus Tuttlingen ist ein Industriecampus angedacht, innerhalb dessen Vorlesungen in den beteiligten Industriefirmen mit Dozenten aus diesen Firmen stattfinden, die aktuellstes Wissen vermitteln. Der Arbeitsgruppe schweben innerhalb des Industriestudiums drei Varianten vor, unter denen die Studierenden wählen können. Das ist zum einen das klassische Studium an der Hochschule Furtwangen, Campus Tuttlingen (sieben Semester), zum zweiten ein Werkstudium (acht Semester) und zum dritten das StudiumPlus (neun Semester). Im Werkstudium und im StudiumPlus werden die Studierenden von Industriefirmen angestellt und erhalten damit eine Vergütung. Das StudiumPlus umfasst während der ersten zwei Jahre auch eine Berufsausbildung, wo an der Maschine mit den Abschlüssen Industriemechaniker und Mechatroniker gelernt wird. Ein ähnliches Modell bietet die HFU bereits an ihrem Standort in Villingen-Schwenningen für mehrere Studiengänge an.
Die Beteiligten hoffen, dass die klassischen Studiengänge bereits zum Wintersemester 2019 realisiert werden können und die beiden anderen Studienmodelle zum Wintersemester 2020. Darüberhinaus plant die Arbeitsgruppe eine Art Sicherheitsschlaufe für Studienabbrecher: diese brauchen den Firmen nicht verloren gehen, sondern ihnen kann ein dualer Ausbildungsgang angeboten werden.
Die IHK ist dieser Initiative vom Heuberg und aus dem Donautal gegenüber positiv eingestellt und unterstützt sie. Es sei sehr zu begrüßen, dass sich die Firmen vom Heuberg und aus dem Donautal zusammentun und mit Offenheit und Außenwirkung den Standort stärken möchten, so IHK-Präsidentin Birgit Hakenjos-Boyd. Dies könne man auch als Initialzündung für weitere Entwicklungen sehen, beispielsweise was die Infrastruktur der Region betrifft.
Eine Art Vorbild für den jetzigen Zusammenschluss gibt es im Übrigen mit der Clusterinitiative Zerspanungstechnik, die vor 40 Jahren entstand und auf deren Betreiben hin spezielle Klassen an der Erwin-Teufel-Berufsschule in Spaichingen eingerichtet wurden.
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